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Führende Brauerei legt auch in der Krise zu

25. Mai 2009

Die deutschen Verbraucher sparen in der Krise - auch beim Bier. Dennoch kann die Firma Oettinger ihren Umsatz immer weiter steigern. Worin liegt das Erfolgsrezept der größten deutschen Biermarke?

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Dirk Kollmar, Chef der Oettinger Brauerei, mit dem ersten in Moskau gebrauten Oettinger Bier (Foto: Oettinger)
Firmen-Leiter Dirk Kollmar mit dem ersten in Moskau gebrauten Oettinger BierBild: Jan Ludwig

Lag in den 1970er Jahren der Pro-Kopf-Verbrauch von Bier in Deutschland noch bei satten 150 Litern pro Jahr, so spricht die Statistik heute nur noch von knapp 108 Litern. Die Brauereien geraten mehr und mehr unter Druck. Nicht so die Firma Oettinger. Die wächst und wächst.

Klares Profil

Verwaltungsgebäude der Oettinger Brauerei im thüringischem Gotha Ansicht von Süden (Foto: Oettinger)
Verwaltungsgebäude im thüringischem GothaBild: Jan Ludwig

Dirk Kollmar, der Mitinhaber und Geschäftsführer des Familienunternehmens, bringt es auf eine einfache Formel: Oettinger mache nichts anderes, als ein einfaches System in einem genau definierten Markt mit einem klaren Vertriebsschema zu verknüpfen und dieses Geschäftsmodell auch konsequent umzusetzen. "Das heißt, wir bedienen den europäischen Lebensmittel-Einzelhandel auf direktem Weg, mit eigenem Fuhrpark, ohne einen Zwischenhandel auf der einen Seite. Auf der anderen Seite lassen wir alles konsequent weg, was das Produkt verteuert."

So verzichten die Franken beispielsweise auf ein aufwendiges Produkt-Design oder teure Werbekampagnen. Dafür setzt Oettinger seit mehr als 40 Jahren auf das Discounter-Prinzip: Große Mengen, kleine Preise. Und das bei gleichbleibend hoher Qualität, die steht im Mittelpunkt. Denn wenn die Qualität leide – da ist sich Dirk Kollmar sicher – sei eine Ware nicht mehr 'preiswert', dann sei sie 'billig' und damit tot.

Laufen gelernt

Malzsilos in der Oettinger Brauerei Gotha. Hier wird das angelieferte Malz gereinigt und gelagert (Foto: Oettinger)
Malzsilos: Hier wird das angelieferte Malz gereinigt und gelagertBild: Jan Ludwig

Seinem Unternehmen sei es gelungen, mit Produkten von ausgezeichneter Güte zum richtigen Zeitpunkt ein wichtiges Marktsegment zu erschließen, sagt Kollmar über die Firma, die sein Großvater 1956 erworben hat und ursprünglich acht Mitarbeiter zählte. "Oettinger war und ist eine vollwertige Marke, die das Laufen gelernt hat über die Expansion der Supermärkte. Wir waren praktisch die Ersten, die sich getraut haben, Handelsketten wie Kaufland, Rewe und Edeka zu bedienen."

Bei den anderen Brauereien galt es damals als 'unschicklich', Flaschenbier über den Einzelhandel zu vertreiben. "So etwas machte man einfach nicht", erinnert sich Kollmar. Die Oettinger Brauerei sei dagegen mit dem Handel gewachsen, als die Supermärkte quasi aus dem Boden schossen.

Größte deutsche Biermarke

Neben dem heimischen Oettingen betreibt das Unternehmen mittlerweile auch noch drei andere Braustätten in Gotha, Schwerin und Mönchengladbach. Dazu einen eigenen Fuhrpark mit rund 200 Sattelschleppern. Kein Wunder, dass ein wenig Stolz mitschwingt, wenn Dirk Kollmar feststellt: "Seit fünf Jahren ist Oettinger das meistverkaufte Bier in Deutschland. Mit ungefähr 6,5 Millionen verkauften Hektolitern hierzulande. Dieser Wert repräsentiert einen Marktanteil von über acht Prozent."

Im Ausland werden noch einmal rund 1,9 Millionen Hektoliter abgesetzt. Der Export spielt eine immer größere Rolle. Derzeit exportiert die Oettinger Brauerei in mehr als 80 Länder, hauptsächlich in Europa, aber auch nach Afrika und in die arabische Welt. Im Herbst vergangenen Jahres wurde in Moskau die erste Oettinger-Lizenzbrauerei mit einem Oktoberfest eröffnet.

Die Oettinger Brauerei beliefert ihre Kunden mittels einer eigenen Lkw-Flotte von 200 Lastzügen. (Foto: Oettinger)
Die Brauerei beliefert ihre Kunden mit einer eigenen Lkw-Flotte von 200 LastzügenBild: Jan Ludwig

Auch Wirtschaftskrise und Rezession sind keine Hindernisse auf dem Weg zu immer größerem Wachstum. Ganz im Gegenteil, meint Dirk Kollmar: In der ersten Phase der Rezession habe sich der Verbraucher noch eingeschränkt und einfach weniger imageträchtige und entsprechend teure Premiumprodukte gekauft. "Die zweite Phase ist, dass der Endverbraucher sagt: 'Mensch, ich habe keine Lust mehr, zurückhaltend zu sein. Es muss doch – verdammt noch mal – ein Produkt geben, das weniger kostet, aber den gleichen Qualitätsanspruch hat.' Und dann schwenken die Leute automatisch auf Oettinger."

Mischgetränke immer beliebter

Mittlerweile zählen rund drei Dutzend Biere, Mischgetränke und Limonaden zum Sortiment des Familienunternehmens. Und damit die Expansion weiter geht, setzen die Brauer verstärkt auch auf eine jüngere Kundschaft. "Wir haben gute Chancen, auf das im letzten Jahr Erreichte noch eine Steigerung von fünf Prozent aufzusetzen," ist sich Kollmar sicher, "das klingt ohne Kontext wenig. Auf der anderen Seite: Wenn man sich vorstellt, dass wir ungefähr sechseinhalb Millionen Hektoliter Bier produzieren in Deutschland, dann sind ja fünf Prozent über 300.000 Hektoliter, die in einem Jahr dazu zu gewinnen sind. Und getrieben werden die Expansion, aber auch die Akzeptanz von Oettinger Produkten bei der Jugend durch neue Artikel."

Ganz neu auf dem Markt ist das Mischgetränk "Weizen und Erdbeere", nach Aussagen der Firma bislang einzigartig in Deutschland - und sicherlich nicht nur für gestandene Biertrinker eine echte Herausforderung.

Autor: Klaus Ulrich

Redaktion: Monika Lohmüller