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Förderprogramm für Nachwuchswissenschaftler

Svenja Üing18. Juli 2013

Viele deutsche Wissenschaftler arbeiten eine Zeit lang im Ausland. Damit sie dort nicht dauerhaft bleiben, hat das Land NRW ein Förderprogramm initiiert. Sandra Blaess gehörte vor fünf Jahren zu den ersten Teilnehmern.

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Das Foto zeigt die Biologin Sandra Blaess im weißen Kittel im Labor vor einem Mikroskop. (Foto: UKB Medienzentrum)
Bild: UKB Medienzentrum

Sandra Blaess steht die Freude noch immer ins Gesicht geschrieben. Im April hat die Biologin ihre Antrittsvorlesung als Privatdozentin gehalten. Jetzt ist auch der letzte wichtige Schritt getan, die 39-Jährige ist habilitiert. Damit hat sie die größte Hürde auf dem Weg zur eigenen Professur genommen.

Fünf Jahre lang hat Sandra Blaess ihre Habilitation am "Life and Brain"-Institut der Universität Bonn vorbereitet. Sie hat die Veränderungen von Nervenzellen im embryonalen Mäusehirn untersucht. Das ist pure Grundlagenforschung, auf deren Basis später vielleicht einmal neuartige Therapien für Parkinson-Patienten zu entwickelt werden können.

Für ihre Arbeit benötigte Sandra Blaess ausreichend Zeit und viel Geld für technische Geräte und wissenschaftliche Mitarbeiter. "Ohne das NRW-Rückkehrerprogramm hätte ich diesen Karriereschritt nicht machen können", urteilt Sandra Blaess rückblickend.

Mit 1,25 Millionen Euro an die Wunsch-Hochschule

2008 war Sandra Blaess als eine der ersten mit dem NRW-Rückkehrerprogramm nach Deutschland gekommen. Zuvor hatte sie in Basel promoviert und anschließend sechs Jahre in New York geforscht. Dort hatte sie auch von dem neu aufgelegten Programm erfahren. Sie hat sich beworben, mit Erfolg. 1,25 Millionen Euro hat die Rückkehrerin vom Bundesland Nordrhein-Westfalen erhalten. Damit konnte sie an eine nordrhein-westfälische Hochschule ihrer Wahl gehen.

NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze im Juli beim "Meet & Greet" der Rückkehrer (Foto: Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung NRW
NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (Mitte) im Juli beim "Meet & Greet" der RückkehrerBild: Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung NRW

Sandra Blaess entschied sich damals für die Universität Bonn, weil die Neurobiologie dort einen guten Ruf hat. Seither arbeitet sie am "Life and Brain"-Institut auf dem Gelände der Universitätsklinik, inzwischen übrigens mit einer neuen Herausforderung: "Im Oktober ist mein Sohn zur Welt gekommen. Und jetzt versuche ich beides zu vereinbaren, mein Kind und meine Forschungstätigkeit, was nicht immer ganz so einfach ist.“

Auch die Hochschulen profitieren von dem Programm

Vom NRW-Rückkehrerprogramm haben aber nicht nur Nachwuchswissenschaftler wie Sandra Blaess etwas, sondern auch die Hochschulen, an denen die Rückkehrer fünf Jahre lang ihre Zelte aufschlagen. Denn die Teilnehmer des Förderprogramms waren vorher meist an namhaften Einrichtungen wie der Stanford University in Kalifornien oder dem Massachusetts Institute of Technology in Boston tätig. Und sie bringen ihr Fördergeld aus dem NRW-Programm direkt mit an die Fakultät ihrer Wahl. "Die Hochschulen profitieren davon, indem sie durch die Rückkehrer und deren Geld ihre Forschungsschwerpunkte stärken können", sagt Hermann Lamberty, Sprecher des NRW-Wissenschaftsministeriums, das das Förderprogramm initiiert hat.

Das Bild zeigt das moderne, rote Gebäude des Instituts "Life and Brain" der Universität Bonn auf dem Gelände der Uni-Klinik.
Seit 2008 forscht Sandra Blaess am "Life & Brain"-Institut in BonnBild: Universität Bonn

In diesem Sommer endet für Sandra Blaess die fünfjährige finanzielle Förderung. Doch auch danach wird sie noch eine Weile in ihrem Büro im 4. Stock des "Life and Brain"-Instituts weiterarbeiten. "Im Moment ist absehbar, dass ich bis Ende 2014 weiter gefördert werde, diesmal von der Uniklinik und meinem Institut", sagt Sandra Blaess. Eigentlich hatte sie auf eine Tenure Track-Stelle gehofft, die ihr bessere Aussichten auf eine dauerhafte Anstellung versprochen hätte. Doch als sie sich damals beworben habe, sei das noch nicht möglich gewesen, erzählt.

Verlässliche Karriereperspektiven gewünscht

Auch wenn Sandra Blaess Glück hat und erst einmal an ihrem Institut bleiben kann - garantiert ist dieser Weg nicht. Im NRW-Wissenschaftsministerium hoffe man jedoch, so Hermann Lamberty, dass die Rückkehrer seitens der Hochschulen in Zukunft auch langfristige Karriereperspektiven erhalten. "Wir würden es begrüßen, wenn es automatisch nach entsprechender Evaluation auch eine lebenslange Perspektive für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gäbe", so Lamberty. Aber letztlich sei jede Hochschule autonom und müsse für sich selbst festlegen, welchen Bedarf sie hat und welche Angebote sie machen könne.

Seit Beginn des NRW-Förderprogramms sind insgesamt 17 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Ausland nach Deutschland zurückgekommen. Und es sollen noch viel mehr werden, sagt Hermann Lamberty. Man plane derzeit, das Programm auch in den kommenden Jahren noch weiterzuführen, abhängig vom Haushalt des Landes, aber im Prinzip "mit offenem Ende".

Blick vom Drachenfels über den Rhein auf die Bundesstadt Bonn mit dem Posttower der Architekten Murphy und Jahn aus Chicago ( Hauptsitz und die Konzernzentrale der Post ) und dem ehemaligen Abgeordneten Hochhaus ( "Langen Eugen" )-.
Sandra Blaess hat Bonn schätzen gelernt - doch New York vermisst sie nach wie vorBild: picture-alliance/Rolf Kosecki

Auch offen für Geisteswissenschaftler

Derzeit sind 60 Bewerber im Rennen um drei Förderplätze. Viele von ihnen kommen aus den USA. Das hat den einfachen Grund, dass viele deutsche Nachwuchswissenschaftler wie Sandra Blaess für eine Weile beruflich in die USA gehen. Dabei lagen die Forschungsschwerpunkte der Rückkehrer übrigens vor allem in den Naturwissenschaften.

Doch das soll sich mit der neuen Bewerbungsrunde ändern, sagt Hermann Lamberty. "Die jetzige Ausschreibung ist fachgebietsoffen. Sie bezieht sich auf Klima und Energie, aber auch Gesundheit und Ernährung. Da ist der Physiker genauso angesprochen wie der Geisteswissenschaftler."

Während andere Nachwuchswissenschaftler also noch mitten in der Bewerbungsphase stecken, heißt es für Sandra Blaess jetzt erst einmal: weiter publizieren und zusätzliche Fördergelder anwerben. Denn nur dann hat sie die Chance, irgendwann wirklich Professorin zu werden.