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Fälscherwerkstatt ganz legal

Bettina Kolb / Insa Wrede13. Januar 2004

Einen echten Picasso über der Couch: Wer hätte das nicht gerne? Eine Galerie in Leipzig erfüllt solche Träume. Dort werden alte und neue Meister kopiert - für einen Bruchteil der Kosten des Originals.

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Wer kann sich schon "Mark Rothko" im Original leisten?

Die Farbe ist gerade getrocknet und schon ist das Bild unterwegs zu seinem neuen Besitzer: Frank Eilmann, Architekt in Leipzig, ist begeistert: "Die Farben sind großartig. Mit dem Bild sieht der Raum fantastisch aus – genauso wie ich es wollte."

Natürlich hat Frank Eilmann keinen echten "Mark Rothko" gekauft; seiner ist gefälscht. Das Bild ist im Stil des amerikanischen Künstlers gemalt. Ein echter "Rothko" hätte mehrere Millionen Euro gekostet, für diesen musste Eilmann nur 1.400 Euro bezahlen.

Fälschen im Auftrag

Gemalt wurde der "Rothko" in der Galerie "Die Fälscher Galerie" in Leipzig. Hier fälscht man im Auftrag von Kunden. Normalerweise ist sowohl das Nachmachen und Fälschen berühmter Bilder als auch der Handel mit gefälschten und nachgemachten Bildern verboten und wird mit Gefängnis bestraft - so stehts im Gesetz. Nicht aber, wenn man für die Fälscher-Galerie in Leipzig arbeitet. Hier kopieren Künstler Alte und Neue Meister völlig legal. Und die Werke werden zu einem Bruchteil der Originalpreise verkauft.

Gradwanderung zwischen legal und illegal

Warum das Ganze nicht illegal ist? Ganz einfach: Wenn ein Künstler seit 70 Jahren tot ist, dürfen seine Werke kopiert werden, ohne dass man gegen das Copyright verstößt. Was man jedoch nicht darf - und hier liegt der Schlüssel – ist: die Unterschrift des Künstlers fälschen. Wer die Unterschrift fälscht, gibt vor, dass es sich bei dem Bild um ein Original handelt. Und das ist strafbar.

Komplizierter ist die Arbeit der Leipziger Fälscher bei noch lebenden Künstlern. "Wir bekommen viele Anfragen für große, bunte Bilder. Da bietet sich die Pop Art geradezu an" erzählt Ralf Munir, der Inhaber der Fälscher-Galerie. In solchen Fällen wird beispielsweise die Popikone Madonna gemalt. Allerdings nicht genau so wie Andy Warhol sie gemalt hat, sondern eben nur in seinem Stil. Denn sind die Künstler noch nicht seit 70 Jahren tot oder - was auch vorkommen soll - sie leben gar noch, dann liegt auf ihren Werken ein Copyright. In diesen Fällen darf man höchstens den Stil kopieren, nicht aber das Werk selber.

Kunde König

Rund 30 Künstler arbeiten in der Fälschergalerie. Sie alle haben eine Kunst-Schule besucht. Und sie alle müssen auf die Wünsche der Kunden eingehen, denn auch im Fälschergeschäft gilt: Der Kunde ist König. Einer der Künstler, die sich mit den Launen der "Könige" arrangieren (müssen), ist Robby Neugebauer. Im Handumdrehen könne er seine Arbeit nicht erledigen, vor allem wenn der Kunde besonders anspruchsvoll sei, meint er. "Ich zähle nicht die Stunden, aber das Bild, an dem ich gerade arbeite, braucht länger als gewöhnlich. Der Kunde hat tatsächlich angefangen, die Wellen im Wasser zu zählen und hat überprüft, ob wirklich alles genau stimmt. Eigentlich male ich gerne etwas freier."

Fälschungen in der ganzen Welt

Ob es sich nun um 1:1-Kopien oder um Bilder handelt, bei denen nur der Stil kopiert wurde - die Leipziger Galerie bekommt Aufträge aus der ganzen Welt. Bevor die Bilder verschifft werden, werden sie überprüft und gestempelt. Der Kunde muss noch nicht einmal das Porto bezahlen. Das Konzept ist so erfolgreich, dass jetzt Dependancen in anderen deutschen Städten entstehen sollen.

Ob es sich nun um gutes Handwerk oder wirklich um Kunst handelt, das interessiert die Kunden nicht wirklich. Wer übrigens trotz der relativ niedrigen Preise nicht das nötige Kleingeld hat, ein Bild kopieren zu lassen, der kann es sich auch leihen. Ein echtes Gemälde in Öl bekommt man schon ab 15 Euro Leasinggebühr pro Monat.