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EZB feuert Warnschuss auf Athen

Zhang Danhong27. Mai 2015

In den Verhandlungen um die Zukunft Griechenlands in der Eurozone hat die EZB den Druck auf Athen erhöht: Zum ersten Mal seit drei Monaten hat sie den Kreditrahmen für griechische Banken nicht erweitert.

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Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Die Europäische Zentralbank beließ den Rahmen für die sogenannten ELA-Notkredite am Mittwoch bei 80,2 Milliarden Euro, wie aus griechischen Bankenkreisen verlautete.

Mitte Februar hatte die EZB den griechischen Banken praktisch den Geldhahn zugedreht, als sie verkündete, keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit für Kredite zu akzeptieren. Um die Banken nicht sofort in die Pleite zu treiben, hatte die Notenbank seitdem den Rahmen für die ELA-Kredite von Woche zu Woche erweitert.

ELA steht für Emergency Liquidity Assistance, also Liquiditätshilfe im Notfall. Diese Kredite werden direkt von der nationalen Notenbank vergeben, aber zu deutlich schlechteren Konditionen als die üblichen EZB-Darlehen. Sie müssen vom EZB-Rat genehmigt werden. Innerhalb des Rats sind die Notkredite umstritten. So sieht Bundesbank-Chef Jens Weidmann darin eine versteckte Staatsfinanzierung durch die Notenbank, da die griechischen Banken mit solchen Krediten wiederum Staatsanleihen kaufen.

Nachlassender Geldabfluss lindert die Not der Banken

Die Entscheidung der EZB, die Nothilfe für griechische Geldhäuser diese Woche auszusetzen, könnte als Zugeständnis an die Kritiker dieser Maßnahme gedeutet werden. Nach Angaben aus griechischen Bankenkreisen liegt der Grund darin, dass derzeit Unternehmen und Haushalte nicht mehr so stark Ersparnisse von den Kreditinstituten abziehen wie bisher. Zwischen Anfang Dezember und Ende März hatten sie laut griechischer Zentralbank 26,8 Milliarden Euro abgezogen.

Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) hat eine andere Vermutung: "Man könnte das als Warnschuss der EZB gegenüber Griechenland interpretieren, um den politischen Druck zu erhöhen, sich mit der Eurogruppe auf ein substantielles Reformpaket zu einigen."

Jürgen Matthes Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft KölnBild: Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Die Verhandlungen zwischen Griechenland und den anderen Euroländern drehen sich seit Monaten im Kreis. Während die Währungsunion darauf pocht, Hilfsgeld nur gegen Reformen freizugeben, will die Syriza-Regierung in Athen am liebsten Geld ohne Auflagen. Das zeige auch die Illusion, mit der Syriza gewählt wurde, sagt Matthes: "Und zwar die Illusion, man könne Reformen verweigern und gleichzeitig im Euro bleiben." Allerdings habe er in der letzten Zeit den Eindruck gewonnen, dass der Wunsch der Bevölkerung, im Euro zu bleiben, stärker sei als der Wunsch, Reformen zu verweigern, so Matthes gegenüber der Deutschen Welle. Insofern könnte die Rechnung der EZB, durch die Beibehaltung des Kreditrahmens eine baldige Lösung zu erzwingen, aufgehen.

Ein fauler Kompromiss wie bisher

Andreas Freytag, Wirtschaftswissenschaftler von der Universität Jena, geht allerdings davon aus, dass sich beide Seiten im letzten Moment auf einen faulen Kompromiss einigen: "Es wird von Reform geredet, aber ganz ernst meint es keiner." Auch bisher habe Athen nie hundertprozentig geliefert, zitiert das Handelsblatt deutsche Regierungskreise. Die Frage sei, mit wie viel man sich zufriedengebe.

Prof. Andreas Freytag neu
Prof. Andreas Freytag von der Universität JenaBild: Andreas Freytag

Einiges spricht dafür, dass man sich dieses Mal mit wenig zufriedengeben wird, denn die Zeit drängt. 1,6 Milliarden Euro Kredittranchen muss Athen im Juni an den Internationalen Währungsfonds (IWF) überweisen. Um das zu stemmen, kratzt die griechische Regierung die letzten Barreserven im Land zusammen. "Es geht sogar um Beträge unter 100 Euro, die staatliche Unternehmen irgendwo vergessen haben", zitiert die Deutsche Presse-Agentur einen Mitarbeiter einer griechischen Bank.

Der Tag der Entscheidung rückt also näher. Der politische Wille, Griechenland im Euro zu halten, ist groß. Es wird erwartet, dass die 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungspaket spätestens Ende Juni ausgezahlt werden und dass dann ein drittes Hilfspaket geschnürt wird. Echte Veränderungen in Griechenland würden durch solche Hilfsmaßnahmen nicht gefördert, moniert Andreas Freytag im Gespräch mit der DW: "Man hat den Eindruck gewonnen, dass die neue Regierung genauso den Nepotismus befördert wie die alte Regierung. Es werden genauso die Reichen verschont wie bisher."

Er plädiert dafür, dass Griechenland aus dem Euroraum austritt. Die neue Währung werde gegenüber dem Euro deutlich abwerten, was die Wettbewerbsfähigkeit griechischer Unternehmen verbessere. Das Fluchtkapital könnte zurückfließen und Investitionen anschieben, so seine Vorstellung.

Ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht, die Entscheidung darüber soll die Politik bald treffen. Dann muss sich die EZB auch nicht mehr jede Woche den Kopf zerbrechen, wie viel Geld notwendig ist, um Griechenland nicht pleite gehen zu lassen.