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EZB Staatsanleihen

Klaus Ulrich (mit Agenturen)14. Januar 2015

Rückendeckung für die Krisenpolitik von EZB-Chef Mario Draghi: Die Europäische Zentralbank darf nach Ansicht eines einflussreichen Gutachters am EU-Gerichtshof grundsätzlich Staatsanleihen von Krisenländern kaufen.

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Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Ein entsprechendes Programm der Notenbank sei rechtmäßig, hieß es vom Gutachter, dem Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) , Pedro Cruz Villalon, am Mittwoch (14.01.2015) in Luxemburg. Voraussetzung sei, dass die EZB solche Käufe gut begründe und diese verhältnismäßig seien. Das Gutachten gilt als Vorentscheidung, ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird im Herbst erwartet.

"Der Generalanwalt hat uns wenig Neues erzählt", sagt Bert van Roosebeke, Finanzmarktexperte vom Centrum für europäische Politik (CEP) im Gespräch mit der DW. "Die EZB darf grundsätzlich Staatsanleihen kaufen am Sekundärmarkt. Das wussten wir bereits." Leider werde nicht konkreter gesagt, wie die EZB das genau machen soll. "Aber um Klärung dieses Sachverhalts hatte eigentlich das Bundesverfassungsgericht gebeten" so van Roosebeke.

Ursprünglich Klage beim Bundesverfassungsgericht

Es geht formal um die Klage gegen die EZB-Ankündigung vom Sommer 2012, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenländern zu kaufen. Das Bundesverfassungsgericht, hatte im Februar 2014 entschieden, die EZB habe mit ihrem sogenannten OMT-Programm ("Outright Monetary Transactions") ihre Kompetenzen überschritten. Der Fall wurde von den deutschen Verfassungsrichtern an den EuGH abgegeben. Geklagt hatten der CSU-Politiker Peter Gauweiler, die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), die Bundestagsfraktion der Linken und der Verein "Mehr Demokratie". Fast 12.000 weitere Kläger schlossen sich an.

Die heutige Veröffentlichung kommt für die EZB zu einem wichtigen Zeitpunkt. In der kommenden Woche wird der EZB-Rat möglicherweise über neue Anti-Krisen-Maßnahmen entscheiden. Via Twitter sprach die EZB von einem Meilenstein.

"Das Gutachten ist faktisch ein Freibrief. Die Auflagen, die es gibt, sind sehr einfach zu erfüllen", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, im DW-Gespräch. Vermutlich werde der EuGH dem Generalanwalt folgen und dann werde das Ganze irgendwann wieder beim Bundesverfassungsgericht landen.

Druck auf Krisenstaaten lässt nach

Die Experten sind sich darüber einig, dass mit dem Gutachten der Reformdruck auf die europäischen Krisenländer nachlassen wird. "Das sind die negativen Auswirkungen dieser Art von Rettungspolitik, die ja das Bundesverfassungsgericht zurecht kritisiert hatte", kommentiert Jörg Krämer. "Wir müssen aufpassen, dass wir uns irgendwann nicht lächerlich machen", sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Euro-Länder mit Haushaltsproblemen, darunter Frankreich und Italien, hätten Zeit genug gehabt, ihre Etats in Ordnung zu bringen.

Dabei hätte es für den Gutachter viele Möglichkeiten gegeben, engere Grenzen zu ziehen. "Man hätte beispielsweise sagen können: Die EZB darf nicht mehr als 20 Prozent der italienischen Staatsverschuldung überhaupt in die eigene Bilanz aufnehmen", meint Bert van Roosebeke. Die restlichen 80 Prozent müssten weiterhin Marktkräften ausgesetzt sein. "All dies hat der Berichterstatter nicht gesagt, und jetzt obliegt es der EZB, ein Modell zu entwickeln, das den EuGH überzeugt."

OMT-Programm noch nie angewendet

In der Praxis hat die EZB ihr OMT-Programm noch gar nicht genutzt - allein die Ankündigung reichte, um die Eurokrise abzumildern. Doch über das OMT-Programm hinaus gibt der Luxemburger Gutachter die Linie vor, welche Möglichkeiten die EZB in ihrer Geldpolitik grundsätzlich hat.

Die Notenbank unter Führung des Italieners Mario Draghi argumentiert, sie handele stets im Rahmen ihres Mandats. Oberstes Ziel der EZB ist ein mittelfristig stabiles Preisniveau bei einer Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent.

Weil die Teuerung im Euroraum seit Monaten gefährlich niedrig und meilenweit vom Stabilitätsziel der EZB entfernt ist, bereiten die Währungshüter weitere Anti-Krisen-Maßnahmen vor. Viele Ökonomen halten es inzwischen für ausgemacht, dass der EZB-Rat bald den Kauf von Unternehmens- und Staatsanleihen in großem Stil beschließen wird ("Quantitative Easing", QE). Um diese - ebenfalls umstrittene Maßnahme - geht es vor dem EuGH nicht. Während es beim OMT-Programm um den Kauf von Staatsanleihen in Krisensituationen geht, wäre ein QE-Programm breiter angelegt und könnte auch andere Anlageklassen außer Anleihen umfassen.