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Bombast-EXPO in China

14. Mai 2009

Nächstes Jahr findet in Shanghai die EXPO 2010 statt. Die Weltausstellung soll größer und bombastischer werden als alle EXPOS zuvor. Aber die weltweite Krise geht auch an der EXPO Shanghai nicht spurlos vorbei.

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So soll das Gelände der EXPO 2010 im nächsten Jahr aussehenBild: Ruth Kirchner

Auf dem EXPO-Gelände auf beiden Seiten des Huangpu-Flusses im Zentrum von Shanghai wird gebaggert, gebohrt und Beton gegossen. 10.000 Arbeiter sind auf der riesigen Baustelle unterwegs, die zwanzigmal so groß ist wie das Expo-Gelände im vergangenen Jahr im spanischen Saragossa. Die EXPO Shanghai, die am 1. Mai 2010 ihre Pforten öffnen wird, soll alle Vorgängerveranstaltungen in den Schatten stellen. Denn für China ist die Weltausstellung - wie schon die Olympischen Spiele in Peking - eine Gelegenheit, sich als modernes, offenes Land zu präsentieren. Krise hin oder her, Hong Hao, Generaldirektor des EXPO-Büros, verbreitet Optimismus.

Gedämpfter Optimismus

Expo China Arbeiter Pavillion
Bauarbeiter auf dem EXPO-Gelände in ShanghaiBild: Ruth Kirchner

"Die Krise hat Shanghai in einer kritischen Phase der EXPO-Vorbereitungen getroffen", räumt er ein. "Weltweit sind viele Länder betroffen. Dennoch hat bislang noch kein einziges Land die Teilnahme offiziell abgesagt." Aber auch die EXPO muss abspecken. Wer beispielsweise den amerikanischen Pavillion finanzieren soll, ist immer noch unklar. Staatliche Gelder dürfen dafür in den USA nicht ausgegeben werden, doch Sponsoren machen sich derzeit rar. Über 180 Länder wollen an der EXPO teilnehmen, aber einige wie Brasilien und Argentinien bauen nicht länger eigene Pavillions, sondern stellen sich in angemieteten Hallen vor. Besonders spektakulär sind diese nicht. Sie sehen aus wie einfache Messehallen.

Alles eine Nummer kleiner

Expo China Arbeiter Pavillion
Der chinesische Pavillon soll einmal besonders prächtig werdenBild: Ruth Kirchner

Der Siemens-Konzern wiederum, einer von 13 offiziellen "globalen Partnern" der EXPO, hat seine Pläne für einen eigenen Pavillion ganz gestoppt. Doch Hong Hao sagt, die EXPO sei für die krisengeschüttelte Welt auch eine Chance: "In meinen Gesprächen mit den Teilnehmerländern habe ich festgestellt, dass alle hoffen, bei der Shanghaier EXPO die Kreativität und die Stärken ihres Landes darstellen zu können", sagt Hong. "Sie sehen die EXPO als Plattform, um das Vertrauen der Menschen in aller Welt wiederherzustellen, so dass die Weltwirtschaft sich erholen kann." Und so setzt man in Shanghai weiterhin auf die große Geste. Im EXPO-Center präsentiert sich die Hafenstadt in Werbevideos als supermoderne Metropole. In der Stadt wird gebaut, als gäbe es die Krise nicht. Im Zentrum der EXPO-Großbaustelle ragt der chinesische Pavillion, die "Krone des Ostens", bereits 63 Meter in die Höhe. Das Gebäude wird alle anderen Pavillions der Ausstellung überragen.

Die Gastgeber trumpfen auf

Saragossa Gebäude Expo 2008
Das Hauptgebäude der EXPO 2008 im spanischen SaragossaBild: picture-alliance/ dpa

Aber auch ausserhalb des EXPO-Geländes wird überall gebaggert und gebuddelt. Die Veranstalter erwarten ab Mai 2010 rund 70 Millionen Besucher – hauptsächlich aus dem Inland. Für diesen Ansturm muss sich die Stadt rüsten. Unter dem Bund, der historischen Uferpromenade mit ihrer Kolonialarchitektur, wird ein neuer sechsspuriger Autotunnel gebaut, um Shanghais verstopfte Innenstadt zu entlasten. Das U-Bahnnetz soll auf insgesamt 400 Kilometer verdoppelt werden. Wirtschaftlich hofft die Stadt auf große Gewinne, sagt Dao Shu Ming von der Shanghaier Tourismusbehörde: "Die Hotels, Sehenswürdigkeiten, Geschäfte und Restaurants werden von der EXPO enorm profitieren", rechnet er vor. "Für 2010 rechnen wir mit Einnahmen in der Tourismusbranche von über 34 Milliarden Euro, das wären fast 50 Prozent mehr als im vergangenen Jahr."

Auch die Besucher schauen aufs Geld

Expo Maskottchen
Das Maskottchen der EXPO 2010 hat seinen Platz bereits gefundenBild: Ruth Kirchner

Aber auch Dao Shu Ming muss eingestehen, dass die gegenwärtige Krise dem Hotelgewerbe schwer zusetzt, die Belegungsraten sind so schlecht wie lange nicht mehr. Dass im nächsten Jahr den Besuchern das Geld lockerer in den Taschen sitzt, ist keineswegs garantiert. Zumal die EXPO-Organisatoren sich bislang noch schwer tun, das Motto der Weltausstellung, "Better City, better Life" mit Leben zu füllen. Von urbanen Visionen ist wenig zu spüren. Chinas erste Ökocity etwa, die vor den Toren Shanghais rechtzeitig zur EXPO entstehen sollte, gibt es bislang nur auf dem Papier. Das Projekt gehört zwar nicht zum EXPO-Programm, sollte aber das Motto der Weltausstellung anschaulich – und besucherwirksam – illustrieren. Offiziell ist die Ökocity noch nicht tot, sie liegt auf Eis, heißt es offiziell. Aber ob und wann das Projekt realisiert wird, weiß keiner. Auch EXPO-Chef-Planner Wu Zhiqiang kommt bei der Frage nach dem eigentlich Besonderen der Weltausstellung Shanghai ins Schwimmen. "Das wichtigste an der EXPO ist, dass wir Erfahrungen und Expertise aus der ganzen Welt zusammenbringen, dass wir gemeinsam diskutieren, wie wir die Städte der Zukunft gestalten können", sagt der renommierte Stadtplaner. "Diese Fragen können nicht allein vom Gastgeberland oder von den Organisatoren beantwortet werden. Wir müssen die Erfahrungen von Menschen in aller Welt zusammentragen. Zusammen können wir hoffentlich Antworten finden."

Imagewerbung in eigener Sache

Im EXPO-Ausstellungszentrum führt unterdessen ein junger amerikanischer Student mit Rastalocken die Besucher durch ein extra eingerichtetes EXPO-Museum. Im Gegensatz zu den Anfängen der Weltausstellung vor über hundert Jahren, als technische Neuerungen wie Tonbänder oder elektrische Nähmaschinen vorgeführt wurden, dienen die EXPOS heute vor allem dem "Branding", der Imagewerbung. Genau das ist für China ein entscheidender, aber auch heikler Punkt. So ist zum Beispiel noch völlig unklar, wie man mit Kritikern während der sechsmonatigen Ausstellung umgehen wird. Man wolle von den Erfahrungen Pekings lernen, heißt es lediglich. Dort gab es zu Olympia zwar spezielle Protestzonen, aber keine einzige Demo wurde genehmigt. Aus Imagegründen ist für China auch die Teilnahme der USA enorm wichtig. Auf den Modellen des EXPO-Geländes ist daher der amerikanische Pavillion immer schon dabei. Zumindest in Miniaturformat.

Schanghai Skyline Bund
Die Skyline von Shanghai am Ufer des HuangpuBild: picture-alliance/ dpa

Autorin: Ruth Kirchner
Redaktion: Daniel Scheschkewitz