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Ewiger Streit um Barro Blanco

Andreas Knobloch8. September 2016

Obwohl fast fertiggestellt, erhitzt ein Wasserkraftwerk in Panama weiter die Gemüter. Am Streit um den Staudamm Barro Blanco ist auch die Regierung nicht ganz unschuldig. Geld für das Projekt floss auch aus Deutschland.

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Panama Projekt Barro Blanco
Bild: Osvaldo Jordan

Kein anderes Infrastrukturprojekt im Land ist derart umstritten. Doch nach zehn Jahren andauernden Auseinandersetzungen zwischen Panamas Regierung und Betroffenen um das Staudammprojekt Barro Blanco am Tabasará-Fluss in der Provinz Chiriquí schien nun ein Kompromiss in Sicht. Am 22. August verkündete Panamas Präsident Juan Carlos Varela eine Einigung mit Vertretern der indigenen Gemeinschaft der Ngäbe-Buglé. "Nach 19 Monaten des Dialogs haben wir eine Übereinkunft erzielt, die den Konflikt über das Staudammprojekt Barro Blanco beendet", schrieb Varela auf seiner Facebook-Seite."Mit der Unterzeichnung dieses Abkommens haben wir klare Ziele erreicht, die den Ngäbe zugutekommen."

Der Bau des Staudamms ist zu 95 Prozent abgeschlossen. Einmal fertiggestellt soll Barro Blanco bis zu 70.000 Menschen mit grünem Strom versorgen. Aber soweit ist es noch nicht. Denn ein Teil der Betroffenen erkennt die 18 Punkte umfassende Vereinbarung nicht an. Diese sieht u.a. vor, dass 15 Prozent der Einnahmen aus dem Betrieb des Wasserkraftwerkes über landwirtschaftliche und touristische Projekte den Ngäbe-Buglé zugutekommen sollen. Zudem soll die Betreiberfirma Genisa (Generadora del Istmo SA) von einer Treuhandgesellschaft verwaltet werden, bis die bei den Banken aufgelaufenen Kredite für das Projekt zurückgezahlt sind. Den Staudamm soll künftig ein "unabhängiger Dritter" betreiben, so die Regierung.

Fehlende Legitimation

Doch bereits die Unterzeichnung war von Protesten begleitet. In dem Ort Gualaquita kam es einige Tage darauf zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei mit mehreren Verletzten; in Panama-Stadt blockierten Studenten eine Hauptstraße.

Panama Ngobe-Bugle Indianer Protest gegen Staudamm (Foto: MONICA RUEDA/AFP/Getty Images)
Proteste im Mai 2016Bild: picture-alliance/dpa/A. Bolivar

Das Abkommen war von einer Repräsentantin der Ngäbe-Buglé, der Kazikin Silvia Carrera, unterzeichnet worden, die jedoch nicht alle Ngäbe-Gemeinden als ihre Vertretung anerkennen. Sie fühlen sich in ihren demokratischen Rechten verletzt. Auch hätten sie der Regierung Panamas nie die Zustimmung für die Nutzung ihres Landes erteilt. Zudem müssen erst noch der am 15. September tagende Kongress der Ngäbe-Buglé sowie Panamas Parlament dem Abkommen zustimmen, bevor es rechtskräftig wird, erklärt Regine Richter von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald gegenüber DW.

Regierung schafft Tatsachen

Für Unmut sorgen aber vor allem Testflutungen, die bereits drei Tage vor Unterzeichnung der Vereinbarung begannen. "Die Regierung hat damit die Vereinbarung mit den Betroffenen vom August 2015 gebrochen", sagt Guadalupe Rodríguez von der Umweltorganisation Rettet den Regenwald. Dieses Abkommen besagt, dass die Bauarbeiten fortgesetzt werden können, aber nicht geflutet werden darf, bevor eine endgültige Vereinbarung getroffen ist." Regine Richter fordert deshalb "die Flutung auszusetzen, bis diese Entscheidungen gefallen sind, statt jetzt mit der Testflutung Tatsachen zu schaffen."

Regine Richter Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald (Foto: Privat)
Regine Richter von UrgewaldBild: privat

Nach den Testflutungen stehen Häuser unter Wasser; Trinkwasserquellen sind verschwunden und damit die Lebensgrundlagen für die Menschen vor Ort, berichten Menschenrechtsorganisationen. 5000 Menschen könnten betroffen sein."Diese Überschwemmungen bedeuten die gewaltsame Vertreibung der betroffenen Familien", sagt Rodríguez. "Die Betroffenen wollen den Damm gar nicht und sehen, dass mit der Testflutung Tatsachen geschaffen werden. Sie waren bis Mai in Verhandlungen und sind ausgestiegen, nachdem die panamaische Regierung erklärt hat, Barro Blanco sei ein Projekt von nationaler Bedeutung und werde auf jeden Fall gebaut. Bis dahin hatten die Verhandlungen den Anspruch ergebnisoffen geführt zu werden", so Richter von Urgewald.

Seit Mai würden die Verhandlungen allerdings ohne die direkt Betroffenen geführt, bemängelt Richter: "Ein Kompromiss könnte sein, dass die Flutung gestoppt wird, bis das Abkommen ratifiziert wird und eine (internationale) Fact Finding Mission die Gegend besucht, um Schäden zu erfassen und zu sehen, wie die Betroffenen wieder in einen Dialog einbezogen werden können."

Gelder aus Deutschland

Finanziert wird Barro Blanco u. a. von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), einer Tochter der deutschen Staatsbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Im Jahr 2011 vergab die DEG ein Darlehen in Höhe von 25 Millionen US-Dollar an den Betreiber Genisa."Die DEG hat versucht, mäßigend in den Dialogprozess einzugreifen", erkennt Richter an. "Allerdings hat die panamaische Regierung den Prozess sehr bei sich behalten. Die DEG hält das Abkommen, wenn korrekt umgesetzt, für positiv."

Panama Barro Blanco Staudamm Bau (Foto: Imago/Xinhua)
Ein Bild des Staudammbaus aus dem Jahr 2014Bild: Imago/Xinhua

Die DEG selbst war auf Nachfrage für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. In einer offiziellen Erklärung vom 20. Juni hieß es: "Die DEG begrüßt die laufenden Gespräche zwischen der Regierung und der indigenen Bevölkerung in Panama zu dem Wasserkraftwerk Barro Blanco. (…) An dem von der Regierung koordinierten, seit August 2015 laufenden Dialogprozess nimmt die DEG nicht teil, ebenso nicht das Unternehmen Genisa und die weiteren Entwicklungsfinanzierer. Die laufende Testflutung wurde nach unserem Kenntnisstand von Regierungsseite entschieden, um vor der nächsten Regenzeit eine technische Überprüfung vorzunehmen." Man setze sich aktiv für eine friedvolle Einigung auf dem Verhandlungsweg und eine tragfähige Lösung für alle Seiten ein.

Nicht aktiv genug findet Rodríguez:"Klar ist, dass ein von der DEG mitfinanziertes Projekt erhebliche Unruhen in Panama auslöst. DEG sollte sich ernsthaft zwingen, sich damit auseinanderzusetzen, und an einer echten Lösung des Konflikts aktiver mitzuarbeiten." Die DEG wisse um die Unregelmäßigkeiten des Projektes von Anfang an, habe sich aber auf die Regierung von Panama verlassen, ohne sich weiter mit der indigenen Problematik ernsthaft zu beschäftigen."Gemeinsam mit den Betroffenen vor Ort fordern wir die DEG auf, eine unabhängige Delegation in das betroffene Gebiet zu schicken und für einen Neuanfang des Dialogs zu sorgen", fordert Rodríguez.