1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Europäisch-amerikanischer Streit auf der WTO-Konferenz

Karl Zawadzky, zurzeit Hongkong14. Dezember 2005

Während die Regierungen der 149 WTO-Mitgliedsländer ihre Positionen zur Entwicklungsrunde darstellten, eskalierte der Streit zwischen den USA und der EU über den Abbau von Agrarsubventionen in einem Punkt.

https://p.dw.com/p/7cfe
Nicht-Regierungsorganisationen begleiten den Gipfel mit DemonstrationenBild: AP

Eigentlich sind sowohl die EU als auch die USA bereit, ihre Agrarsubventionen über einen längeren Zeitraum zu reduzieren oder auch ganz abzubauen. Doch soll das auch für die Nahrungsmittelhilfe an Länder der so genannten Dritten Welt gelten?

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (UN) warnte per Zeitungsanzeige davor, mit den Agrarsubventionen auch die Nahrungsmittelhilfe an hungernde Kinder in Afrika abzuschaffen. Hauptlieferanten der Nahrungsspenden sind die USA und die Länder der Europäischen Union (EU).

Subventionierte Nahrungsmittelhilfe?

Während die EU einen großen Teil der Nahrungsmittel, die sie an bedürftige Länder liefert, in den Entwicklungskontinenten aufkauft, ist die Nahrungsmittelhilfe für die amerikanische Landwirtschaft ein wichtiger Absatzmarkt.

WTO Konferenz in Hongkong Rob Portman USA
Der amerikanische Handelsbeauftragte Rob Portman bei einer Pressekonferenz in HongkongBild: AP

Rob Portman, der amerikanische Handelsbeauftragte, sieht darin keine versteckte Subvention der heimischen Bauern. Er stellte am Mittwoch (14.12.2005) die Gegenfrage: "Sollen wir etwa die Hungernden weiter hungern lassen?" Gleichzeitig forderte er von Europa die Abschaffung von Agrarsubventionen.

Die EU dagegen sieht in den amerikanischen Nahrungsmittellieferungen vor allem eine indirekte Subvention amerikanischer Farmer - zumal die Nahrungsmittelhilfe die Hungernden häufig nicht erreicht, sondern auf Märkten in Entwicklungsländern verkauft wird und damit die dortige Landwirtschaft schädigt.

Hauptstreitpunkt Agrarhandel

Agrarerzeugnisse machen zwar nur einen kleinen Teil des Welthandels aus, dennoch ist der Agrarhandel einer der Hauptstreitpunkte auf der WTO-Konferenz in Hongkong (13.-18.12.2005). Große Entwicklungsländer fordern von den Industriestaaten die Öffnung der Agrarmärkte. Nur dann sind sie zu einem Entgegenkommen beim Abbau von Zöllen auf Industriegüter und zur Marktöffnung für Dienstleistungen bereit.

Der amerikanische Handelsbeauftragte Portman kündigte die Bereitschaft der US-Regierung an, alle Agrarsubventionen bis zum Jahr 2010 abzuschaffen. Die Nahrungsmittelhilfe im Umfang von 2,6 Milliarden Dollar pro Jahr wird dabei allerdings nicht als Subvention verstanden, sondern soll ein wichtiger Kanal für den Vertrieb der amerikanischen Überschussproduktion bleiben.

Gleichzeitig kündigte Portman an, die USA wollten ihre Hilfe zum Auf- und Ausbau von Exporten der Entwicklungsländer bis 2010 auf 2,7 Milliarden Dollar verdoppeln. "Entweder wir gehen voran oder wir riskieren eine Rückkehr zum Protektionismus, der das Wirtschaftswachstum stoppt und die armen Länder am meisten schwächt", warnte Portman.

Im Visier von EU und USA: Industriegüter und Dienstleistungen

WTO Konferenz in Hongkong Peter Mandelson EU
Vertritt die EU: Handelskommissar Peter MandelsonBild: AP

Das Verhandlungsmandat für alle Mitgliedsländer der Europäischen Union wird von Handelskommissar Peter Mandelson wahrgenommen. Bei allem Streit: ein Ziel eint die EU und die USA: sie wollen, dass die anderen WTO-Länder ihre Zölle für Industriegüter abbauen und ihre Märkte für Dienstleistungen öffnen. Dafür bieten sie Zugeständnisse im Agrarbereich an.

"Alle Industriestaaten sollten sich verpflichten, alle Produkte der am wenigsten entwickelten Länder zollfrei und ohne mengenmäßige Beschränkungen auf ihre Märkte zu lassen", sagte Mandelson. "Dieser Marktöffnung sollten sich die Schwellenländer der Dritten Welt anschließen. Europa hat sich davon leiten lassen. Ich begrüße alle, die sich dem anschließen."

Mandelson kündigte eine Steigerung der europäischen Hilfe für die Exporte von Entwicklungsländern an. Derzeit stellt die EU dafür 800 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, bis 2010 soll der Betrag auf jährlich zwei Milliarden Euro ansteigen.

Vor allem den ärmeren Entwicklungsländern soll damit ermöglicht werden, ihre Exporte und damit ihre Einkommen zu steigern. Doch Mandelson warnte: so wichtig die Handelshilfe auch sei, viel wichtiger sei, dass die Industriestaaten ihre Märkte für Produkte der Entwicklungsländer öffnen würden.