1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Europas Raumfahrt will bald hinterm Mond sein

19. September 2005

Europa kümmert sich zu wenig um den Mond, finden deutsche Raumfahrtunternehmen – dabei sei der Erdtrabant viel näher als der Mars. Nun wollen die Firmen eine Station auf der Mondrückseite bauen. Falls es Geld gibt.

https://p.dw.com/p/7BQ3
Firmen wollen eine Mond-Station - die ESA soll bezahlen

Auf der unbemannten Forschungsstation solle unter anderem ein gewaltiges Teleskop bislang nicht messbare Radiowellen auffangen, erklärten Firmensprecher in Bremen. Etwa 2015 solle das große Langwellen-Radioteleskop auf der Mondrückseite in Betrieb gehen und unbekannte Seiten des Universums erforschen.

Mond Vorderseite
Die Vorderseite des Mondes - das Langwellen-Teleskop soll allerdings auf der Rückseite stehenBild: AP

Das Teleskop könnte der erste Schritt hin zu einer bemannten europäischen Station auf dem Mond sein, hieß es. Allerdings fehlt es am Geld – das Projekt würde etwa eine Milliarde Euro verschlingen. Die Unternehmen hoffen, dass die Europäische Raumfahrtagentur ESA das Projekt und die Kosten übernimmt. Die ESA werde darüber auf ihrer nächsten Tagung Anfang Dezember beraten. Dann treffen sich auch die zuständigen Minister in Berlin.

Der Mond liegt näher

Grundsätzlich verlangten Vertreter von Industrie und Wissenschaft, den erdnahen Himmelskörper zu einem Schwerpunkt der Europäischen Weltraumforschung zu machen. "Der Mond ist das nächste lohnende Ziel", sagte der Astronaut Manfred Messerschmid während eines Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt. Anders als der Mars sei der Erdtrabant nur 1000 Stunden und nicht 1000 Tage entfernt.

Smart-1 gestartet
Nach Smart-1 (2003) sähen manche Raumfahrtunternehmen gern mehr MondprojekteBild: ESA

Andere Staaten beschäftigten sich längst mit Mond-Missionen, erklärte der Chef des Bremer Raumfahrtunt ernehmens OHB, Manfred Fuchs. In Europa habe das Thema aber leider bislang "nicht die erste Priorität", kritisierte er. Deutschland als größtes Land der EU dürfe nicht tatenlos zusehen, wie die USA, Russland, Japan, China und Indien eigene Programme planten und umsetzten.

Deutschland gibt zu wenig

Ein zentrales Problem sei der geringe Etat für Raumforschung in Deutschland, sagte der Präsident der EADS Space Transportation, Evert Dudok. Das nationale Budget sowie Deutschlands ESA-Mittel betrügen zusammen nur noch knapp 700 Millionen Euro. Das Geld sei

komplett verplant. "Um endlich wieder Spielräume zu bekommen, verlangen wir eine Erhöhung um 15 Prozent oder 100 Millionen Euro." Messerschmidt pflichtet ihm bei. Im Etat des Bundesforschungsministeriums sei der Anteil der Ausgaben für Raumfahrt von 20 auf 11 Prozent zurückgegangen: "Wir müssen diesen Prozess stoppen."

BdT: Moskau: So groß und so nah zeigt sich der Vollmond erst wieder 2007
Viele Raumfahrtfirmen blasen zum Run auf den Mond - aber nicht nur deutsche. Auch Russland, Japan, die USA , China und Indien haben MondprogrammeBild: AP

Während OHB-Pläne für Mond-Missionen auf biologische Experimente zielen, arbeitet der Konzern EADS Space Transportation zusammen mit niederländischen Forschern an dem Mond-Teleskop. Die Anlage, die mit einer Ariane-5-Rakete transportiert werden soll, wird laut Plänen aus 100 kleinen Antennen bestehen und so einen Durchmesser von zunächst 300 Metern abdecken.

"Neues Fenster"

Das Projekt werde "einen Quantensprung in der Radioastronomie" bedeuten, sagte Dudok. Zunächst müsse es nun in einer deutsch-niederländischen Kooperation vorangetrieben werden, bevor dann die ESA das Vorhaben übernehme. Mit Hilfe des Mond-Teleskops ließe sich "ein neues Fenster in der Astronomie aufmachen", sagte Prof. Heino Falcke vom niederländischen Institut Astron.

Möglicherweise sind die Mond-Pläne aber auch nur ein Schuss vor den Bug von Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn. Sie hatte in der "Frankfurter Rundschau" die bemannte Raumfahrt als Abenteuer und "Prestige-Projekt" bezeichnet – Europa solle sich lieber stärker auf unbemannte Sonden konzentrieren. Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) hatte diese Ansicht kritisiert: Kürzungen in der Raumfahrt bedeuteten Kürzungen in der Sicherheit. (reh)