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Europarat ruft zu Dialog auf

1. Oktober 2009

Auf ihrer Herbsttagung fordern Politiker des Europarates Russland auf, die Anerkennung Südossetiens und Abchasiens als unabhängige Staaten zurückzunehmen. Der russische Vertreter weist dies zurück.

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In gleich doppelter Weise hat der Konflikt zwischen Georgien und Russland die europäische Politik der Woche bestimmt. Neben dem von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht zum Waffengang zwischen Georgien und Russland im August 2008 erörterte auch die Parlamentarische Versammlung des Europarats (PACE) auf ihrer Herbstversammlung die Lage nach dem Krieg zwischen Georgien und Russland.

Präsident Dmitri Medwedew erkennt die Unabhängigkeit der abtrünnigen georgischen Gebiete Süd-Ossetien und Abchasien an
Präsident Medwedjew erkennt die abtrünnigen georgischen Gebiete Südossetien und Abchasien als unabhängige Staaten anBild: AP

Die Parlamentarier aus den 47 Europaratsländern forderten Moskau auf, die Anerkennung Südossetiens und Abchasiens als unabhängige Staaten zurückzunehmen. Außerdem sollte die russische Regierung bis Ende dieses Jahres EU-Beobachter ohne Einschränkungen nach Südossetien und Abchasien einreisen lassen, heißt es in der Entschließung. Einen Antrag, den 18 russischen Parlamentariern vorübergehend das Stimmrecht zu entziehen, wies die Versammlung allerdings mit großer Mehrheit zurück.

Dem Beschluss vorausgegangen war eine Debatte über die Spannungen zwischen Georgien und Russland ein Jahr nach dem Krieg. Ihr lag ein Bericht des belgischen Abgeordneten Luc van den Brande und seinem ungarischen Kollegen Matyas Eörsi zugrunde. Der Bericht hat untersucht, in welchem Maße die Konfliktseiten die Vereinbarungen zu Südossetien erfüllen, die im Laufe verschiedener Verhandlungen und Konferenzen im vergangenen Jahr erzielt wurden. Dazu gehören die Gespräche zwischen den Präsidenten von Frankreich und Russland, Nicolas Sarkozy und Dmitrij Medwedjew, die Debatten in der UNO sowie Beschlüsse der EU und der PACE.

Nochmals Appell an Russland

Der britische Parlamentarier Lord Tomlinson erinnerte daran, im August 2008 habe sich der georgische Präsident Micheil Saakaschwili auf Provokationen eingelassen, zu denen er ohne Zweifel durch Signale von der Bush-Regierung in den USA ermutigt worden sei. Aber, so Tomlinson, man müsse auch feststellen, dass das Vorgehen Russlands nicht adäquat gewesen sei. Tomlinson ist der Auffassung, dass Moskau nicht in vollem Umfang das von Sarkozy und Medwedjew unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen eingehalten habe.

Georgien Südossetien Russland Niemandsland bei Zschinwali OSZE Beobachter
OSZE-Beobachter im Niemandsland bei ZchinwaliBild: RIA Novosti

Eörsi erinnerte daran, dass die PACE mehrere Resolutionen mit Empfehlungen an beide Parteien angenommen habe. Georgien habe, wenn auch nicht alle, so doch viele von ihnen eingehalten, im Gegensatz zu Russland, das die meisten Forderungen ignoriert habe. Van den Brande und Eörsi wiesen darauf hin, dass Russland keine Beobachter nach Südossetien einreisen lasse. Daher müsse man, so die PACE-Berichterstatter, nochmals an "unsere Freunde und Kollegen in Russland appellieren, den Zugang zu diesen Gebieten zu öffnen, wenigstens aus humanitären Erwägungen heraus".

Dennoch, so Luc van den Brande, der beste Weg, Fortschritte zu erzielen, könne nur ein Dialog sein. Daher wird vorgeschlagen, eine spezielle Kommission zu bilden, der sowohl russische als auch georgische Parlamentarier angehören, mit dem Ziel, die Differenzen zu diskutieren und konkrete Vorschläge zur Lösung der Kriegsfolgen zu erarbeiten. Der Bericht schlägt vor, auch südossetische und abchasische Vertreter anzuhören: Vertreter der Behörden der selbsternannten Republiken, aber auch Bürger, die für eine Integration mit Georgien eintreten.

Keine Anerkennung für Status quo

Scharfe Kritik übten während der Debatte alle westlichen Teilnehmer an der russischen Anerkennung der Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens, weil dies den Grundsatz der territorialen Integrität Georgiens verletze.

Georgien Südossetien Russland russische Truppen in Abchasien
Russische Truppen in AbchasienBild: AP

Russlands Vertreter in der PACE, Konstantin Kosatschow, vertrat hingegen die Ansicht, dass das Thema überhaupt nicht zur Debatte stehen könne, weil einst Stalin die Gebiete seiner historischen Heimat gewaltsam zugeschlagen habe, ohne die Bewohner zu fragen. Kosatschow warnte, wenn Russland der Forderung der PACE nachkommen würde, die Anerkennung der Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens zu annullieren und seine Truppen zurückzuziehen, dann würde in der Region ein neuer Krieg ausbrechen.

Die meisten Abgeordneten, die bei der PACE-Herbsttagung sprachen, stimmten Kosatschow nicht zu. Sie sehen keinen Grund, die Forderungen gegenüber Russland abzuschwächen oder den Status quo zu akzeptieren und damit von den Grundsätzen der PACE und internationaler Organisationen abzuweichen.

Autor: Victor Agaev / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz