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Breite Parlamentsmehrheit für neue EU-Kommission.

9. Februar 2010

Das Europaparlament hat die neue Kommission mit breiter Mehrheit abgesegnet. Doch von Barroso und seinen Kommissaren wird mehr erwartet als bisher. Die EU-Abgeordneten zeigen Selbstbewusstsein.

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Einige der neuen EU-Kommissare, oben v.l.n.r.: Olli Rehn (Finnland, Wirtschaft und Finanzen), Neelie Kroes (Niederlande, Digitalwirtschaft), Catherine Ashton (Großbritannien, hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik), Viviane Reding (Luxemburg, Justiz und Grundrechte), Joaquin Almunia (Spanien, Wettbewerb); unten v.l.n.r.: Maros Sefcovic (Slowakei, Beziehungen zwischen EU-Institutionen und Verwaltung), Janusz Lewandowski (Polen, Haushalt), Laszlo Andor (Ungarn, Arbeit und Soziales), Antonio Tajani (Italien, Industrie), Siim Kallas (Estland, Transport) (Foto: dpa)
Nicht jede(r) hat das Parlament überzeugt: einige der neuen KommissareBild: picture alliance/dpa

488 Abgeordnete stimmten für die neue Kommission, 137 dagegen, 72 enthielten sich. Damit erhielt die Mannschaft von Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine Zweidrittelmehrheit: Deutlich mehr als beim letzten Mal 2004 und auch mehr als zunächst erwartet.

Insgesamt stand die Zustimmung bereits vorher fest, nachdem die Kommissarskandidatin aus Bulgarien wegen Kritik des Parlaments ausgetauscht worden war. Der Segen des Parlaments hatte allerdings seinen Preis. Die Abgeordneten hatten sich in zähen Verhandlungen im Vorfeld zusichern lassen, dass künftig ihr Einfluss noch stärker wird, als es der Lissabon-Vertrag ohnehin vorsieht.

Europas Rolle in der Welt

Kommissionspräsident José Manuel Barroso (Foto: AP)
Kommissionspräsident Barroso: Europa könnte mehr Gewicht habenBild: AP

Bei der Vorstellung seines Kollegs hatte Kommissionspräsident José Manuel Barroso vor allem europapolitische Grundsatzprobleme angesprochen. "Zählt die Europäische Union in der Welt? Die Antwort ist: ja. Aber zählt die Europäische Union in dem Maße, wie sie sollte? Die Antwort ist: noch nicht." Dass Europa unter seinen Möglichkeiten bleibt, darüber herrscht Konsens bei den Abgeordneten. Aber warum das so ist, das deuten Europaabgeordnete unterschiedlich.

Guy Verhofstadt, Vorsitzender der liberalen Fraktion, sieht die Schuld nicht zuletzt bei der Kommission. In den vergangenen fünf Jahren sei die Kommission nicht der Motor der EU gewesen, der er hätte sein sollen, so Verhofstadt. Die Folge sei fehlende Einheit. "Ob man von der Klimakonferenz in Kopenhagen spricht oder von der mangelnden Koordination in Haiti, jedes Mal der gleiche Fehler."

Grünenchef kritisiert neue Kommission

In gewohnter Schärfe zog Daniel Cohn-Bendit, Chef der Grünenfraktion, über die Kommission her. Er belustigte sich auch darüber, dass die meisten Redner im Parlament zwar die Kommission kritisierten, sie aber dann in der Abstimmung doch unterstützen wollten.

In den Anhörungen vor dem Parlament hätten die meisten Kommissarsanwärter einen schwachen Eindruck hinterlassen, sagte Cohn-Bendit: "Man hatte weder Entschlossenheit, noch Vision, noch Ehrgeiz. Aber die ganze Kommission, diese Summe von Nullen, ergibt zusammen mehr, das ist die neue Mathematik der Kommission Barroso."

Die Sache mit der Telefonnummer

Symbolbild Telefon (Foto: Bilderbox)
Wer ist Mr. Europa, wer ist Mr. Amerika?Bild: Bilderbox

Der Sozialdemokrat Hannes Swoboda verurteilte dagegen einen Hang zu europäischer Selbstverleugnung. Er griff dabei die Kritik auf, die dem früheren US-Außenminister Henry Kissinger zugeschrieben wird. Der soll gesagt haben, er wisse nicht, wen genau er anrufen solle, wenn er mit "Europa" sprechen wolle. Beim Thema Klimaschutz, so Swoboda, sei für die Europäer genauso unklar: "Wen sollen wir anrufen, Obama oder den Senat, der bisher sich geweigert hat, eine Lösung zu finden?" Die Europäer sollten sich "nicht immer schlechter machen als wir sind."

Es gab mitunter heftige, auch persönliche Auseinandersetzungen zwischen Rednern der verschiedenen politischen Lager. Von ganz links bis ganz rechts einschließlich erbitterter Europaskeptiker ist nach der jüngsten Europawahl alles vertreten. Doch dem Parlament insgesamt kam es bei dieser Abstimmung vor allem darauf an, sein neues Selbstbewusstsein zu zeigen und einzusetzen. Und das ist ihm bereits gelungen.

Autor: Christoph Hasselbach

Redaktion: Susanne Henn