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Europa macht die Grenzen dicht

Bernd Riegert23. August 2004

Jedes Jahr kommen schätzungsweise rund 500.000 Menschen illegal in die Europäische Union. Sie reisen per Schiff aus Nordafrika oder Albanien ein. Doch diese Schlupflöcher will Brüssel schließen.

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Kooperation beim EU-GrenzschutzBild: AP

Die kleine italienische Insel Lampedusa ist oft der Anlaufpunkt für überbesetzte Flüchtlingsschiffe aus Afrika. Hier stranden diejenigen, die mit ihren alten Kähnen die Überfahrt nach Sizilien oder nach Spanien nicht schaffen. Manchmal werden aber auch nur Leichen an den Strand gespült. Wie viele Menschen bei dem Versuch, Europa zu erreichen, ertrinken, ist nur schwer zu schätzen.

Carmelo Santonoeito arbeitet bei der italienischen Küstenwache. Für ihn ist der Ansturm der illegalen Einwanderer nur schwer einzudämmen: "Das Meer ist keine Straße. Die Situation ändert sich jeden Tag. Es ist ein wirklich riesiger Bereich, sehr groß. Deshalb ist im Notfall Hilfe auch nie sofort verfügbar." Italien, Frankreich, Spanien und Albanien wollen darum in einem ersten Schritt zunächst ihre Patrouillen auf dem Mittelmeer verstärken, um Schleuserbanden abzuschrecken.

Grenzagentur soll Einreisen koordinieren

Die Europäische Union will nun eine Grenzschutzagentur gründen, die von 2005 an den Schutz der Außengrenzen zu Wasser, zu Lande und an Flughäfen koordinieren soll. Auch wenn die Behörde noch keine europäische Grenzpolizei darstelle, sei sie ein Schritt in die richtige Richtung, meint Matthias Schaeff vom Bundesgrenzschutz-Zentrum in Berlin.

"Wir haben eine ganze Reihe von praktischen Vorteilen: Wenn sich Experten aus verschiedenen Ländern an einer Stelle versammeln und gemeinsam eine Operation durchführen", so Schaeff, "können wir sofort auf die Erfahrungen der Grenzpolizisten aus verschiedenen Ländern zurück greifen."

Streifen an der deutsch-polnischen Grenze

An der deutsch-polnischen Grenze sind bereits heute gemischte Patrouillen im Einsatz. Sie könnten als Beispiel dienen. Deutschland wird nach der Erweiterung der EU um Polen, Tschechien und weitere acht Staaten im Mai 2004 keine Landgrenzen mehr zu Nicht-EU-Staaten haben. Die Grenzkontrollen werden nach Osten verschoben. Auch dort könnten die Bundesgrenzschutzbeamten mitarbeiten, damit Polen nicht alleine die Last der neuen EU-Außen-Grenze zu Weißrußland oder zur Ukraine zu tragen hat.

Diese Aufgabe soll die neue Grenzagentur organisieren. "Nach der Erweiterung werden zwei Drittel unserer Land-Grenzen im Verantwortungsbereich der neuen Mitglieder liegen", sagt der zuständige EU-Kommissar Antonio Vitorino. Darum habe man in den letzten fünf Jahren der Verbesserung der Grenzkontrollen Vorrang eingeräumt. "Die neuen Staaten haben hier viel geleistet, und ich glaube, dass wir bis 2006 mit hoher Priorität weiterarbeiten werden", so Vitorino.

Schengen-Zentum ab 2006

Im Jahr 2006 soll ein so genanntes Schengen-Zentrum fertiggestellt sein, in dem alle Ein- und Ausreisen in die EU erfasst und Ausweis-Dokumente geprüft werden können. Die Binnenkontrollen zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten der Union wird es noch einige Jahre geben, bis die neuen Außengrenzen tatsächlich sicher sind. Die EU hilft aus eigenem Interesse aber auch Nicht-Mitgliedern wie Albanien, über das viele Flüchtlinge geschleust werden.

"Die Hilfe der Europäischen Union für die albanischen Grenztruppen erstreckt sich auf drei Bereiche: Vorbereitung der Gesetze und Verfahrensregeln für die Grenzpolizei, die Entwicklung der Ausbildung und Infrastruktur-Projekte", erklärt Krenar Muco, Chef der albanischen Grenzpolizei. Albanien hat kürzlich zugestimmt, mit der EU ein Abkommen zu unterzeichnen, das den Balkan-Staat verpflichtet, illegale Flüchtlinge wieder zurückzunehmen. Versuche, solche Abkommen auch mit anderen Transitländern wie Marokko oder der Ukraine zustande zu bringen, sind bislang gescheitert.

Kampf gegen Menschenschlepper

Opfer von Menschenschlepper-Banden sollen in der EU ein Aufenthaltsrecht bekommen, wenn sie den Behörden ihre Reisewege, Namen der Schlepper und Ähnliches nennen.

Uneinig sind die EU-Staaten aber untereinander weiterhin, nach welchen Kriterien Asyl gewährt werden soll und in welche so genannte "sichere Drittstaaten" illegal Eingereiste ohne Asyl-Anhörung abgeschoben werden sollen. Der deutsche Innenminister Otto Schily tritt für eine strikte Regelung ein, mit der fast jeder Staat zum "sicheren Drittstaat" erklärt werden könnte. Auch bei der legalen Zuwanderung können sich die EU-Mitglieder nicht auf einheitliche Regeln einigen. Deutschland und Frankreich lehnen die von anderen Staaten vorgeschlagene Einwanderung nach Quoten ab.