Europäische Ratlosigkeit
30. Januar 2002Fischer bestätigte am Rande der Ratssitzung zwar die Verärgerung in der EU über die Zerstörung von zivilen Einrichtungen in den Autonomiegebieten, die mit EU-Mitteln finanziert wurden. Deutschland habe dies bereits bilateral kritisiert. Doch der Frage, ob die EU nicht jetzt den Druck auf Israel erhöhen müsse, wich der Außenminister aus.
Kein Ausweg aus der Krise in Sicht
Es ist offensichtlich - die Außenminister sind angesichts täglicher Terroranschläge und militärischer Gegenschläge ratlos, vom Verhandlungsweg will jedoch niemand abrücken - auch wenn keiner zu diesem Zeitpunkt mehr so richtig weiß, welche Strategie, welcher Ansatz noch einen Ausweg aus dem Dauerkonflikt weisen könnte.
Der belgische Außenminister Louis Michel zeigte sich irritiert und "beunruhigt" über die Haltung Washingtons im Nahost-Konflikt. Zuvor hatte sich seine schwedische Kollegin Anna Lindh noch klarer geäußert: Wenn Palästinenserpräsident Jassir Arafat jetzt mit Terroristen gleichgestellt werden sollte und US-Präsident George W. Bush ihn womöglich isolieren wolle, sei das "dumm" und "gefährlich", schimpfte die Schwedin vor heimischen Radio-Mikrofonen.
Verhältnis zu Arafat überdenken?
Ganz anders gab sich Bundesaußenminister Joschka Fischer, der die kritischen Einschätzungen der US-Position "nicht nachvollziehen" konnte. Fischer hält die Mitwirkung der USA an einer politischen Lösung des Nahostkonflikt für unverzichtbar. Er vertraut seinem US-Kollegen Colin Powell. Dass von diesem manchmal andere Signale ausgehen als von Bush, erklärt Fischer mit Meinungsunterschieden, die zu einer Demokratie gehören.
Die EU könnte in ein schwieriges Fahrwasser geraten, sollten die USA tatsächlich auf einen Bruch mit Arafat zusteuern. "Wir können uns doch niemanden weg wünschen", sagte der für Außenbeziehungen zuständige EU-Kommissar Christ Patten. Zwar deutete der spanische Ministerpräsident José María Aznar überraschend an, auch die Europäer könnten ihr Verhältnis zu Arafat überdenken. Derzeit allerdings werde dieser noch als legitimer Verhandlungspartner anerkannt, betonte auch Aznar. (wga)