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EU-Rechtsstaatsmission im Kosovo vor großen Aufgaben

29. April 2010

Der Leiter EU-Rechtsstaatsmission in Kosovo will entschieden gegen Korruption in der Justiz vorgehen. Teilerfolge seien bereits zu verzeichnen. Im Kampf gegen organisierte Kriminalität setzt er auf regionale Kooperation.

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EULEX-Chef Yves de Kermabon im Porträt mit EU-Flagge im Hintergrund (Foto: dpa)
EULEX-Chef Yves de Kermabon vor großen AufgabenBild: picture-alliance/ dpa

An der mazedonisch-kosovarischen Grenze sollen sich 16 rumänische Angehörige der EU-Rechtsstaatsmission EULEX an Schmuggel beteiligt haben. Zöllner fanden bei ihnen Zigaretten und Alkohol. In der in- und ausländischen Öffentlichkeit stieß dieses Vergehen der EULEX-Angehörigen auf scharfe Kritik. Schließlich seien sie vor Ort, um Recht und Ordnung in Kosovo zu schaffen und nicht um dagegen selbst zu verstoßen. EULEX-Chef Yves de Kermabon pflichtete der Kritik bei und sagte, das Verhalten der EULEX-Angehörigen sei unentschuldbar. Er ist indes davon überzeugt, dass dieser Zwischenfall sich nicht negativ auf das Ansehen dieser Mission auswirken oder das Ergebnis ihrer Arbeit schmälern werde. Es sei immer schwer zu akzeptieren, dass auch solche Zwischenfälle vorkommen. Insbesondere weil diese Mission Recht und Ordnung umsetzen solle. "Allerdings ist keine humanitäre Organisation perfekt. Fehltritte einzelner Angehöriger der EULEX-Mission werden sich nicht auf unsere Arbeit auswirken, weil die Bürger des Kosovo sehr gut wissen, warum wir hier sind, wie wir arbeiten und welches Ziel unsere Mission verfolgt", meint de Kermabon.

Unfähiges Personal

Statue der Göttin Justitia im Gegenlicht (Foto: dpa)
Justitia ist nicht immer blindBild: dpa

Kritik erhoben wird am häufigsten gegen das Rechtssystem in Kosovo. Der Chef der EULEX-Mission räumt zwar ein, dass es in diesem System Korruption gebe. Die EULEX gehe jedoch entschieden dagegen vor. "Das größte Problem im Rechtssystem ist aber der Mangel an Kompetenz, die Unfähigkeit des Personals und das Fehlen von Fachkräften wie Richtern und Staatsanwälten." Um dem nachzukommen, werde das Wahlverfahren für Richter und Staatsanwälte fortgesetzt. Das zweite Problem sei die Korruption im Rechtssystem. "Wir haben bereits einige Richter und Staatsanwälte entlassen. Damit das System funktioniert, müssen die Bürger Vertrauen in das Rechtssystem des Kosovo haben. Richter müssen wichtige und professionelle Entscheidungen fällen, die dem organisierten Verbrechen und der Korruption ein Ende setzen", betont de Kermabon.

Problem Nord-Mitrovica

Brücke in Mitrovica, Kosovo (Foto: DW)
Gelingt de Kermabon ein Brückenschlag?Bild: DW/Sand

Ein weiteres Problem stellt für die EULEX der Norden des Kosovo dar. Der mehrheitlich von Serben bewohnte Norden entzieht sich der Jurisdiktion aus Pristina, weil die Serben die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennen. Für sie gelten weiterhin die Gesetze aus Serbien. Kosovarischen Behörden zufolge funktioniert die Gerichtsbarkeit in diesem Teil des Kosovos eben darum nicht, weil sich Nord-Kosovo der Einflussnahme des offiziellen Pristina entzieht. EULEX-Chef de Kermabon sagte dazu, die Mission sei kurz vor dem Abschluss eines Projektentwurfs für die Rückkehr der Richter und Staatsanwälte ans Bezirksgericht in der geteilten Stadt Kosovska Mitrovica. "Wir haben bereits einige Vorschläge ausgearbeitet. Ich glaube daher, dass wir in naher Zukunft zwei serbische und zwei albanische Richter haben werden, die ihre Arbeit im Norden von Mitrovica aufnehmen werden. Das ist wichtig, weil die Missachtung von Recht und Gesetz in Nord-Mitrovica besorgniserregend ist", so Kermabon.

Regionale Zusammenarbeit unabdingbar

Karte ehemaliges Jugoslawien Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzigowina, Serbien, Montenegro, Kosovo ist hervorgehoben (Grafik: DW)
Kooperationsabkommen sollen Informationsaustausch verbessernBild: DW

Ein Hindernis im Kampf gegen organisierte Kriminalität ist der internationalen Verwaltung des Kosovo zufolge, dass keine Gespräche zwischen Serbien und Kosovo stattfinden. Belgrad weigert sich, weil Serbien die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt und die Statusfrage noch als ungelöst betrachtet. Pristina wiederum sieht keinen Grund, mit Serbien Gespräche über verfassungsrechtliche Fragen zu führen und will nur technische Fragen mit Belgrad erörtern. Der Leiter der EULEX sagt indes, die Mission als legitimer Vertreter des offiziellen Kosovo führe sehr wohl Gespräche mit Belgrad über Rechtsfragen. Ziel sei, dass Belgrad der Arbeit der Gerichte in Nord-Kosovo zustimme. Des Weiteren würde über den Abschluss eines Protokolls über technische Fragen verhandelt, erläutert de Kermabon. "Wenn sie im Kampf gegen organisierte Kriminalität effizient sein möchten, dann können sie dagegen nicht nur innerhalb des Kosovo kämpfen." Dafür sei eine regionale Zusammenarbeit erforderlich, eine Abstimmung zwischen den Zoll-, Justiz- und Polizeibehörden. Auf einen guten Informationsaustausch und eine gute Koordination komme es an, meint der EULEX-Chef und fügt hinzu: "Dies ist auch der Grund, warum wir uns gleich zu Beginn unserer Mission im vergangenen Jahr bereits dafür entschieden haben, Abkommen mit allen Länder in der Region abzuschließen, also auch mit Serbien." Die Idee dahinter sei, ein technisches Abkommen für die Zusammenarbeit im Bereich Zoll und Justiz zu erzielen, um effizient gegen organisierte Kriminalität vorgehen zu können. "Diese Verhandlungen werden vollkommen transparent in Abstimmung mit den Behörden in Pristina und Belgrad stattfinden. Denn der Informationsaustausch über den Kampf gegen diese negativen Erscheinungen ist im Interesse aller", so de Kermabon.

Autoren: Bekim Shehu / Mirjana Dikic

Redaktion: Gero Rueter