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Eugenio Fuentes: Die Hände des Pianisten

Wim Abbink26. Januar 2006

Er wird schon mal der "spanische Mankell" genannt: Eugenio Fuentes. Melancholisch ist dieser Krimi aus der beschaulichen spanischen Provinz auf jeden Fall, aber auch psychologisch raffiniert konstruiert.

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Ort des Geschehens ist die (fiktive?) spanische Kleinstadt Breda. Auf der Landkarte ist sie nicht zu finden, darf aber wohl irgendwo in der Extremadura vermutet werden - dort, wo der Autor herkommt: aus der Nähe von Cáceres also. Allzu viel los scheint in dieser ländlichen Gegend, unweit der portugiesischen Grenze, nicht zu sein. Aber immerhin: Zumindest mordsmäßig ist auch dort einiges angesagt - vor allem auf Baustellen.

Buchcover: Eugenio Fuentes - Die Hände des Pianisten

Dabei ist die Handlung des Romans nicht sonderlich spektakulär, die Unfälle, die sich als Morde herausstellen, sind fast nur Nebensache. Seine wirklichen Stärken hat das Buch durch die Ausführlichkeit, mit der das Leben in der spanischen Provinz und vor allem die Charaktere der Figuren geschildert werden. Dabei kommt Fuentes mit erstaunlich wenig Personal aus.

Anonyme Hauptfigur

Im Mittelpunkt stehen die drei Gesellschafter des Bauunternehmens Construcciones Paraíso. Kompagnons wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Da ist einmal Miranda Paraíso - ehrgeizig und eher clever als intelligent. Dann Santiago Muriel: unscheinbar und ohne jeglichen Charme, aber unverzichtbar und zuverlässig. Schließlich Martín Ordiales, die ruhige, treibende Kraft des Unternehmens. Und alle drei haben ein kleines Geheimnis.

Außerdem gibt es Teniente Gallardo von der Guardia Civil, der nebenbei, eher an der Peripherie des Geschehens, ermittelt. Und da ist noch der Privatdetektiv mit dem neckischen Namen Cupido. Zwar verheißt der Untertitel des Krimis "Ein Fall für Ricardo Cupido". Der Detektiv aber, auch wenn er den Fall am Ende löst, agiert eher wie eine liebenswerte, leicht melancholische Randfigur, dem der Umzug seiner betagten Mutter in ein Altersheim sehr viel mehr zu bewegen scheint:.

Nein, die eigentliche Hauptfigur des Romans ist ganz klar ein anderer. Es ist der "Pianist" aus dem Titel. Ein Ich-Erzähler, der über die gut 300 Seiten des Buchs ohne Namen auskommt. Ein ehemaliger Möchtegern-Konzertpianist, der sich als Keyboarder in einer mittelmäßigen Tanzkapelle auf Hochzeiten und Volksfesten unter Umschiffung spieltechnischer Schwierigkeiten triste Nächte um die Ohren schlägt.

"Unermessliche Fauna"

Lukrativer ist da schon der Zweitberuf des "Pianisten": Er "kümmert" sich um Tiere. Diskret. Was weniger euphemistisch bedeutet, dass er im Auftrag ihrer Besitzer kranke, böse, oder einfach auch nur lästige Tiere umbringt. Egal ob Hunde, Katzen, Vögel, Hamster oder Affen: Er bringt es zu anerkannter Kompetenz, denn an Aufträgen mangelt es dem eigenartigen Musiker nicht, denn schließlich wird Breda "von einer unermesslichen Fauna" bevölkert. Den Seelenfrieden des "Pianisten" scheint es nicht zu stören: Nach getaner Arbeit setzt sich er sich zu Hause philosophierend an seinen Petrof und spielt das Adagio aus der Sonate Nr. 5 von Beethoven.

Was das alles mit dem Fall zu tun hat? Um genau diese Frage geht es in diesem eigenwilligen, etwas anderen Roman, mit dem Eugenio Fuentes die spanische Kriminalliteratur bereichert, vielleicht sogar erneuert hat und der auf jeden Fall Neugierde auf weitere Werke des 48-jährigen Autors weckt.