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EU-Chefdiplomaten bauen Ankara eine Brücke

3. September 2016

Der Gesprächsfaden soll nicht abreißen - doch die rote Linie bleibt. Europa kommt der Türkei entgegen, verlangt aber von Ankara ein Gleiches. Immerhin gehen beide Seiten auf Ministerebene aufeinander zu.

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Symbolbild Beziehungen Türkei und EU
Bild: picture-alliance/dpa/M. Schrader

Die EU-Außenminister sind erstmals seit dem gescheiterten Putsch in der Türkei mit einem Regierungsvertreter aus Ankara zusammengetroffen. Die Chefdiplomaten der 28 EU-Länder trafen in der slowakischen Hauptstadt Bratislava den türkischen Europaminister Ömer Celik zu einem Arbeitsfrühstück. Ziel ist es, die Beziehungen nach den Verstimmungen der vergangenen Wochen wieder zu normalisieren.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Nach dem gescheiterten Militärputsch Mitte Juli hatte die türkische Führung mangelnde Solidarität seitens der EU beklagt. Die Europäer kritisierten ihrerseits Massenverhaftungen und Entlassungen tausender vermeintlicher Regierungsgegner.

Für Europa bleibe die Türkei trotz vieler Reibungsflächen "in jeder Hinsicht ein Schlüsselland" etwa in der Flüchtlingskrise oder im Syrien-Konflikt, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach dem Treffen in Bratislava. Celik sprach sich für eine engere Kooperation seines Landes mit der EU aus. Zugleich drückte er die Unzufriedenheit Ankaras mit der Reaktion der Europäischen Union auf die Militärrevolte im Juli aus. Die Gespräche sollen in den nächsten Tagen intensiviert werden.

Im Vorfeld hatte der belgische Außenminister Didier Reynders erklärt, es gehe bei den Gesprächen mit Celik einerseits darum, der türkischen Regierung klar Unterstützung der EU nach dem blutigen Putschversuch zu signalisieren. Andererseits werde die EU auch "Verhältnismäßigkeit" beim Vorgehen gegen Regierungsgegner und die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien fordern.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (links) mit dem türkischen Ministerpräsidenten Yildirim am Donnerstag in Ankara (Foto: dpa)
EU-Parlamentspräsident Schulz (links) mit dem türkischen Ministerpräsidenten Yildirim am Donnerstag in AnkaraBild: picture-alliance/Anadolu Agency/U. Ucrak

Todesstrafe wäre das Aus

Reynders machte klar, das eine Wiedereinführung der Todesstrafe das Aus für die Verhandlungen mit Ankara über einen EU-Beitritt bedeuten würde. "Wenn die Türkei den Weg der Todesstrafe einschlägt, ist das das Ende des europäischen Weges", sagte der Belgier.

Der Minister verwies gleichzeitig auf Überlegungen, bei der juristischen Aufarbeitung des Putsches in der Türkei den nicht zur EU gehörenden Europarat einzubinden. Der Organisation gehört seit 1950 auch die Türkei an. Ihre Mitglieder haben sich in der Europäischen Menschenrechtskonvention unter anderem auch zu fairen Gerichtsverfahren verpflichtet. In Bratislava wurde bekannt, dass der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Mittwoch beim Europarat in Straßburg eintreffen wird.

Schulz will direkten Draht

Zuvor hatte sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz dafür ausgesprochen, die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara trotz aller Rückschläge weiterzuführen - "allein schon, weil wir so mit der Türkei direkt über Themen wie Pressefreiheit oder Rechtsstaatlichkeit verhandeln können". Allerdings sehe er angesichts der türkischen Innen- und Außenpolitik auch keine Möglichkeit für einen zeitnahen Beitritt, sagte Schulz der "Rheinischen Post".

Zuletzt hatte Österreich offen einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen verlangt. Bisher lehnt die Mehrheit der anderen EU-Staaten einen solchen Schritt jedoch ab.

cgn/jj/kle (afp, dpa)