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Visa gegen Kosovo-Frust

5. März 2008

Die EU will Serbien im Streit um die Unabhängigkeit des Kosovo wieder auf Europa-Kurs bringen - mit Visaerleichterungen und Wirtschaftshilfen. Das Balkanland hat damit gedroht, die Zusammenarbeit mit der EU zu stoppen.

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Proteste gegen die Kosovo-Unabhängigkeit in Belgrad (11.2. 2008, Quelle: AP)
Erst protestierten Serbiens Bürger, jetzt die Politiker - mit einer Anti-EU-ResolutionBild: AP

Erst am Dienstag (4.2.2008) hatte das serbische Parlament noch angekündigt, jede Kooperation mit der Europäischen Union aufzukündigen, da sich die Mehrheit der EU-Länder für eine Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovos ausspricht. Die EU steuert nun dagegen, indem sie Serbien und anderen benachbarten Balkanstaaten eine schnelle Annäherung in Aussicht stellt: Erweiterungskommissar Olli Rehn und Verkehrskommissar Jacques Barrot präsentierten am Mittwoch (5.3.2008) in Brüssel ein Strategiepapier, das Visa-Erleichterungen und Wirtschaftshilfen für die Region vorsieht. Davon könnten neben Serbien und Bosnien-Herzegowina auch Kroatien, Mazedonien, Montenegro und Albanien profitieren. Zudem will die Kommission bis 2009 mit diesen Ländern eine "Verkehrsgemeinschaft" gründen.

Konkret will die Kommission nach Rehns Worten die Verhandlungen über eine Aufhebung der Visumpflicht vorantreiben. Nur Kroaten können bisher ohne Visum in die EU reisen. Zudem will die Kommission die Zahl der Stipendien für Studenten vom Balkan verdoppeln. Zahlreiche Forschungsprogramme der EU sollen auch für die Balkanländer geöffnet werden. Für politische Reformen solle es mehr Finanzhilfen der EU geben. Verkehrskommissar Jacques Barrot schlug die Gründung einer "Verkehrsgemeinschaft des Balkans" mit Hilfe der EU vor. Angestrebt sind bessere rechtliche Rahmenbedingungen, um besonders private Investitionen in die Infrastruktur auf dem Balkan zu erleichtern.

Mehr Geld für Straßen und Katastrophenschutz

Auch für den Katastrophenschutz etwa bei Waldbränden und den Ausbau der Schienenwege und Straßen stellt die Kommission mehr Gelder in Aussicht. Die EU fördert die Entwicklung der Region derzeit mit rund 800 Millionen Euro pro Jahr. Die EU-Außenminister sollen die Pläne am 28. und 29. März in Slowenien beraten.

Rehn rief Serbien auf, seine Vorbehalte gegen eine Annäherung aufzugeben und auf den Weg der europäischen Integration zurückzukehren. "Wir fordern die serbische Regierung auf, ihr Bekenntnis zur Vertiefung der Beziehung zur Europäischen Union zu erneuern", sagte der finnische Kommissar. "Wir sind bereit. Sobald auch Serbien bereit ist, können wir vorwärtsgehen". Die Unterzeichnung eines Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen (SAA) mit Belgrad als erster Schritt dahin liegt unter anderem im Streit um die Unabhängigkeit des Kosovo auf Eis.

Die Mehrheit will in die EU

Am Dienstag hatte der serbische Ministerpräsident Vojislav Kostunica erklärt, Serbien sollte nur dann engere Beziehungen zur EU suchen, wenn Brüssel den Anspruch Belgrads auf das Kosovo anerkenne. Rehn bedauerte "die jüngsten Äußerungen aus Belgrad". Die serbische Regierung solle auf "die schweigende Mehrheit" der Bevölkerung hören, "die die europäische Integration überwiegend unterstützt". Aus der serbischen Präsidentschaftswahl Anfang Februar war der proeuropäische Kandidat Boris Tadic als Sieger hervorgegangen, der anders als Kostunica weiterhin einen Beitritt Serbiens zur EU anstrebt.

Antieuropäische Töne kamen auch aus dem serbischen Parlament: Nach einem am Dienstag veröffentlichten Resolutionsentwurf soll Serbien jede Zusammenarbeit mit der EU stoppen, weil viele EU-Mitglieder die Unabhängigkeit des Kosovos anerkannt haben. Der Entwurf stammt von den oppositionellen Ultranationalisten, wird aber auch von Teilen der Regierung unterstützt. Regierungschef Vojislav Kostunica forderte alle Parteien auf, für diese Beschlussvorlage zu stimmen.

Harsche Töne aus dem serbischen Parlament

In dem Entwurf, für den nach Aussagen der Parteien eine klare Mehrheit gesichert ist, werden der EU zwei Bedingungen für die weitere Annäherung Serbiens an Brüssel gestellt: Alle EU-Mitglieder, die das Kosovo bisher anerkannt haben, müssen diese Entscheidung zurücknehmen, heißt es im Text. Daneben müsse Brüssel die Entsendung von 1900 Experten als Aufbauhelfer widerrufen. "Wir müssen deutlich erklären, dass Serbien nur mit seinem Kosovo in die EU geht", sagte Kostunica. (mg)