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Vom Krisen- in den Wachstums-Modus

2. März 2012

Wie kurbelt man Europas Wirtschaft an, um aus der Krise zu kommen? Das ist die Frage des Frühjahrs-Gipfels in Brüssel.

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Jose Manuel Barroso (l.) und Herman Van Rompuy (r.) an Rednerpulten (Foto: dapd)
Bild: dapd

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso stellte nach dem ersten Gipfeltag am Donnerstag (01.03.2012) sichtbar zufrieden fest: "Zum ersten Mal - und das ist eine Neuerung - kein Treffen zur Krisenbewältigung, sondern ein Treffen, das sich auf Wachstum konzentrierte." Man habe über Strukturreformen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze diskutiert und darüber, was Europa tun muss, um diese Ziele zu erreichen, so Barroso. Man müsse aus dem Krisen-Modus in den Wachstums-Modus kommen, sagte der Kommissionspräsident weiter.

Reformen und wirtschaftliche Anreize

Dazu habe man auf dem Gipfel zwei notwendige Schritte ausgemacht, erklärte EU-Ratspräsident Herman van Rompuy: "Wie kann die Steuerkonsolidierung mit unseren Plänen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze in Einklang gebracht werden?" Dazu habe man geschaut, wie man zum Beispiel Rentensysteme und Arbeitslosen-Unterstützungen modernisiert und flexibler macht, sagte van Rompuy.

EU-Ratspräsident van Rompuy (Foto: Reuters)
EU-Ratspräsident van RompuyBild: Reuters

"Wie kann man die Wettbewerbsfähigkeit verbessern?" war der zweite wichtige Punkt, den die Staats- und Regierungschefs diskutierten, so van Rompuy. Da habe man viele Aufgaben gemeinsam zu bewältigen, unter anderem Fragen zur Öffnung des Binnenmarktes. Entsprechende Vorschläge hatten zwölf Kollegen in einem Brief verfasst, darunter David Cameron und Mario Monti, berichtete van Rompuy.

ESM auf Ende März verschoben

Die Frage der Aufstockung des künftigen Euro-Rettungsfonds ESM wird - wie erwartet - auf einen späteren Zeitpunkt im März verschoben. Das Thema Griechenland blieb dagegen auch auf diesem Gipfel präsent: Am Nachmittag hatten die Finanzminister der Eurozone festgestellt, dass Griechenland die Kriterien für das nächste Rettungspaket erfüllt.

Die griechische Regierung habe in den letzten Tagen entscheidende gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen, so van Rompuy: "Die Regierungschefs der Eurozone unterstützen die Maßnahmen, die Griechenland unternommen hat, und die Hilfe, die die EU-Kommission dazu geleistet hat", so Rompuy weiter. Damit seien die Institutionen gestärkt worden und damit auch die Möglichkeiten, Steuern einzutreiben, erklärte van Rompuy.

Gruppenbild der Teilnehmer des EU-Gipfels (Foto: Reuters)
Ausnahmsweise mal ohne Drama - EU-Gipfel in BrüsselBild: Reuters

Drängendes Problem Jugendarbeitslosigkeit

Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz hatte vor seiner Wahl angekündigt, auf EU-Gipfeln auf Augenhöhe mit den Staats- und Regierungschefs sprechen zu wollen. Und so berichtete er den Gipfelteilnehmern von den Erfahrungen seines Griechenland-Besuchs in dieser Woche.

Am meisten habe ihn die massive Jugendarbeitslosigkeit von über 40 Prozent beschäftigt. Die Menschen hätten nicht nur in Griechenland, sondern auch in anderen Staaten das Gefühl, keine Zukunft in der von Wettbewerb geprägten EU zu haben, sagte Schulz. Deshalb habe er den Regierungschefs nun gesagt: "Wenn wir auf diesem Rat  über Wachstum und Beschäftigung reden, muss das allererste Prinzip sein, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in den Mittelpunkt aller Maßnahmen zu stellen."

Serbien erlangt Kandidatenstatus

Spannend blieb es bis kurz vor Beginn des EU-Gipfels in Sachen Serbien: Würde das Land ohne Hindernisse den Kandidatenstatus erlangen? So war es für diesen EU-Gipfel geplant. Alle Zeichen standen auf grün, alle EU-Staaten sprachen sich für den Kandidatenstatus Serbiens aus - bis die rumänische Regierung die Reißleine zog und blockierte: Sie verlangte die Anerkennung der Walachen, einer ethnischen Minderheit, als Rumänen.

Ein taktisches Intermezzo, das am Donnerstagnachmittag schon wieder vorbei war: Rumänien zog seine Bedenken zurück. Darüber sehr zufrieden äußerte sich der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann: Serbiens Kandidatur sei eine friedenspolitische Entwicklung auf dem Westbalkan. Österreich habe sich immer sehr stark für die EU-Perspektive auf dem Westbalkan eingesetzt, so Faymann weiter: "Und ich bin froh, dass Rumänien auch überzeugt werden konnte."

Auch Martin Schulz plädierte zu Beginn des Treffens der Staats- und Regierungschefs für den Kandidatenstatus Serbiens. Die EU sei eine Rechtsgemeinschaft, die Kriterien festlege, nach denen europäische Staaten die Möglichkeit haben, Kandidaten zu werden, sagte Schulz: "Serbien erfüllt diese Kriterien, und deshalb sollte der Rat das auch entscheiden.“

Und tatsächlich - am späten Donnerstagabend konnte Herman van Rompuy verkünden, dass Serbien den Kandidatenstatus erlangt habe: "Das ist eine bemerkenswerte Errungenschaft, ein Ergebnis der großen Bemühungen beider Seiten im Dialog zwischen Belgrad und Pristina."

Die Personalie des EU-Gipfels war übrigens die erwartete Wiederwahl Herman van Rompuys zum EU-Ratspräsidenten. Er wird auch die Euro-Gipfel leiten, auf denen die Eurozonen-Staaten in Zukunft mindestens halbjährlich ihre gemeinsame Haushalts- und Wirtschaftspolitik abstimmen sollen. So sieht es der Fiskalpakt vor, der am Freitag unterzeichnet werden soll.

Autorin: Daphne Grathwohl
Redaktion: Julia Elvers-Guyot