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EU und Türkei nehmen Beitrittsverhandlungen auf

3. Oktober 2005

Es ist vollbracht: Die EU hat eine Lösung im Streit über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gefunden. Zuletzt stimmte auch die türkische Seite dem Kompromiss zu.

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Österreichs Außenministerin Plassnik lenkt einBild: AP

Nach mehr als zwanzigstündigem zähem Ringen haben sich die EU-Staaten auf ein Mandat zur Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geeinigt. Möglich wurde dies, nachdem Österreich seine wochenlange Blockade aufgab, wie Diplomaten beim Krisentreffen der Außenminister am Montag (3.10.2005) in Luxemburg berichteten.

Recep Tayyip Erdogan und Abdullah Gül in Brüssel
Ministerpräsident Erdogan (rechts) und Außenminister Gül (links) prüfen KompromissvorschlagBild: AP

Nachdem der britische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Jack Straw die ursprünglich für Montagnachmittag geplante förmliche Eröffnung der Verhandlungen mit der Türkei zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben hatte, wurde in einem diplomatischen Kraftakt nun doch eine Einigung gefunden. Noch in der Nacht wird der türkische Außenminister Abdullah Gül in Luxemburg erwartet, um doch noch termingerecht den formalen Beginn der Beitrittsverhandlungen mit den EU-Ressortleitern zu begehen.

Gül hat die Einigung als ein "historisches Ereignis" auf dem langen Weg der Türkei in die EU bezeichnet. Mit der Aufnahme der Beitrittsgespräche erlange sein Land einen neuen Status, sagte Gül am Montagabend vor dem Abflug nach Luxemburg. Die Türkei könne einen "großen Beitrag" zur Europäischen Union leisten. Den "Freunden" in der EU dankte der türkische Außenminister für ihre Unterstützung.

Gül gab sich zuversichtlich, dass die Türkei eines Tages EU- Vollmitglied werden könne. Die Perspektive sei im vorliegenden Verhandlungsrahmen klar benannt.

Aufgabe der österreichischen Blockade

Österreich hatte eine Einigung lange Zeit blockiert. Die Regierung in Wien forderte eine Formulierung, wonach neben dem Beitritt als Verhandlungsziel auch eine Alternative enthalten sein sollte. Zudem wollte Österreich, dass die Aufnahmefähigkeit der EU vor einem möglichen Beitritt der Türkei stärker ins Gewicht fällt. Die britische Ratspräsidentschaft legte daraufhin einen Kompromissvorschlag vor.

EU-Außenminister-Treffen Newport - Jack Straw
Zauberkünstler und britischer Außenminister Jack StrawBild: dpa - Bildfunk

Nach ersten Angaben ist auch im neuen Text als Ziel der Verhandlungen ein Beitritt der Türkei vorgegeben. Ob explizit auch eine Alternative dazu beschrieben wird, blieb unklar. Bestätigt wurde aber eine stärkere Betonung der Aufnahmefähigkeit der EU. Das heißt, dass ein möglicher Beitritt der Türkei nicht nur von der Einhaltung aller Kriterien des Landes abhängen wird, sondern auch davon, ob die EU in der Lage ist, die Türkei aufzunehmen.

Entscheidung durch Kroatien?

Die Aufgabe der Blockade erklären sich Beobachter mit einem ganz anderen EU-Kandidaten - Kroatien. Am Rande des Treffens erklärte UN-Chefanklägerin Carla Del Ponte, dass Kroatien mit dem Haager Tribunal für Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien jetzt uneingeschränkt zusammenarbeite. Dies hatte die EU zur Bedingung für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gemacht. Österreich hatte sich lange Zeit für Zagreb stark gemacht. Eine direkte Verbindung mit dem Thema Türkei wurde aber stets dementiert.(sams)