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EU und Russland streiten um Gasmarkt

24. Februar 2011

Enteignung oder Entflechtung? Beim Spitzentreffen der EU-Kommission mit der russischen Regierung sorgte die europäische Pipeline-Politik für Ärger.

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Russlands Regierungschef Putin l. mit EU-Kommissionspräsident Barroso in Brüssel (Foto: AP)
Ganz so harmonisch verlief das Treffen zwischen Putin und Barroso nichtBild: dapd

Der Ton zwischen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dem russischen Regierungschef Wladimir Putin war freundlich, doch beim Inhalt ging es auf dem Treffen in Brüssel zur Sache.

Der russische Premier war mit 13 Ministern angereist – vor allem, um über engere Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und der Europäischen Union zu verhandeln. In vielen Punkten entstand dabei allerdings mehr Distanz als Nähe. Streit gab es besonders um die europäische Energiepolitik.

Ab März will die EU mit einem neuen Energie-Binnenmarkt-Paket die Macht von Gaslieferanten begrenzen. Diese sollen dann nicht mehr gleichzeitig Gas anbieten und die Kontrolle über Pipelines haben dürfen. Die neue Regelung betrifft besonders Russland, das ein Viertel des europäischen Öl- und Gasbedarfs deckt und damit der wichtigste Lieferant der EU ist.

EU will mehr Unabhängigkeit von russischem Gas


"Dieses Energiepaket widerspricht unserem Partnerschaftsabkommen. Es handelt sich dabei um die Enteignung unseres Eigentums", warf Putin der EU-Kommission am Donnerstag (24.02.2011) vor. Die EU wolle einen fairen Zugang zu den Gasnetzen und den Markt transparenter machen, hielt Kommissionspräsident Barroso im Schlagabtausch dagegen. "Wir sind überzeugt, dass unser drittes Energiepaket nicht diskriminiert. Wir verlangen von ausländischen Firmen, dass sie sich an dieselben Regeln halten wie unsere eigenen Unternehmen."

Die EU-Außenbeauftragte Ashton, Putin, Barroso und Russlands Außenminister Lawrow v.l. (Foto: AP)
Bis zu einer Einigung zwischen der EU und Russland ist es noch ein weiter WegBild: dapd

In den letzten Jahren gab es wegen Streitigkeiten mit Transitländern wie der Ukraine mehrfach Engpässe bei Gaslieferungen aus Russland. Gerade deshalb will sich die EU langfristig unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen. Doch dass die EU gerade in unsicheren Zeiten in alternativen Lieferländern Nordafrikas auf das russische Gas nicht verzichten kann, das weiß auch Barroso. "Eins ist sicher: Wir wollen Russland weiter als wichtigsten Partner in Sachen Gas. Wir verdanken es dem russischen Gas, dass unsere Industrie läuft und dass unsere Häuser warm sind. Aber wir zahlen dafür, und wir zahlen gut! Wir in der EU sind gute Kunden", sagte Barroso.

Und bald zahlen die Europäer vielleicht noch mehr. Damit jedenfalls drohte Putin, wenn man den Betrieb der europäischen Pipelines und die Energieerzeugung entkoppeln würde: "Wir nehmen an, dass die Umsetzung des Energiepakets zu höheren Preisen auf dem europäischen Gasmarkt führt."

Auch Menschenrechte kamen zur Sprache

Der russische Regierungschef ist zuversichtlich (Foto: AP)
Ganz mit leeren Händen kehrt Putin nicht nach Moskau zurückBild: dapd

Auch das Thema Menschenrechtsverletzungen kam laut Barroso in den Gesprächen auf den Tisch: "Wir erwarten von Russland, dass es seine internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte respektiert." Es sei wichtig, einen offenen und konstruktiven Dialog zu führen, um eine Entwicklung hin zu mehr Rechtstaatlichkeit zu erreichen.

Trotz viel Uneinigkeit – es gab auch kleine Fortschritte beim EU-Russland-Gipfel. Beide Seiten wollen den Beitritt Russlands zur Welthandelsorganisation WTO vorantreiben. Außerdem will man über erste Schritte zu einer Visafreiheit zwischen Russland und der EU verhandeln.

Autorin: Gönna Ketels, z. Zt. Brüssel
Redaktion: Susanne Eickenfonder