1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU-Staaten wollen Dienstleistungsrichtlinie ändern

23. März 2005

Ein Zwist um die Liberalisierung von Dienstleistungen in der Europäischen Union hat den ersten Tag des EU-Frühjahrsgipfels belastet. Die geplante Dienstleistungsrichtlinie soll nun geändert werden.

https://p.dw.com/p/6PFZ
Haben Meinungsverschiedenheiten: Polit-Chefs beim GipfelBild: AP

Die EU-Staats- und Regierungschef beraten an diesem Mittwoch (23.3.2005) zum Abschluss ihres Gipfels über die gemeinsame Wirtschaftspolitik bis zum Ende des Jahrzehnts. Auf dem Tisch liegt ein Konzept der EU-Kommission, das bis 2010 ein stetiges Wachstum von drei Prozent und sechs Millionen neue Jobs verspricht. Diese überarbeitete so genannte Lissabon-Strategie hat in der EU bisher Massenarbeitslosigkeit, Wachstumschwäche und hohe Staatsverschuldung nicht verhindern können.

Zu der Strategie gehört auch die umstrittene Dienstleistungsrichtlinie. Schon bei den ersten Beratungen der Staats- und Regierungschefs am Dienstagabend zeichnete sich ab, dass die Pläne für einen schrankenlosen Wettbewerb bei Dienstleistungen in Europa vom Tisch sind. Bundeskanzler Gerhard Schröder und mehrere seiner Kollegen machten klar, dass der Gesetzentwurf von Grund auf überarbeitet werden muss, um Sozial- und Lohndumping zu verhindern.

Chirac fürchtet "Nein" bei Referendum

EU-Gipfel Proteste Brüssel
Am 19. März demonstrierten in Brüssel etwa 50.000 Menschen gegen die geplante Dienstleistungs-RichtlinieBild: AP


Vor allem Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac hatten die Debatte über die Richtlinie ins Rollen gebracht. Chirac fürchtet, dass das Gesetzesvorhaben zur Ablehnung der EU-Verfassung führen könnte. Darüber werden die Franzosen Ende Mai 2005 abstimmen.

Weder EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso noch der luxemburgische Regierungschef und amtierende EU-Ratsvorsitzende Jean-Claude Juncker äußerten sich zu Einzelheiten der angestrebten Veränderungen. Nach der ersten Gipfelrunde sagte Barroso, um die europäische Wirtschaft in Schwung zu bringen, müssten die Dienstleistungsmärkte weiter geöffnet werden. Gleichzeitig sollten die Erwartungen und Sorgen der Menschen berücksichtigt werden. Juncker betonte, das europäische Sozialmodell müsse auch in einem liberalisierten Dienstleistungsmarkt erhalten bleiben. "Der aktuelle Vorschlag entspricht dem nicht," stellte Juncker fest.

Lockerung des Stabi-Pakts

Die europäischen Gewerkschaften hatten die komplette Rücknahme der Richtlinie gefordert. Dies lehnte Juncker ab. Ein Verzicht würde bedeuten, dass das Thema ganz von der Tagesordnung verschwindet, meinte der luxemburgische Ministerpräsident. Unklar blieb, ob der von den Gegnern des Vorhabens besonders kritisierte Grundsatz beibehalten werden soll, dass Dienstleister im EU-Ausland ihre Leistungen nach den Regeln ihres Heimatlandes anbieten können.

Bei der ersten Arbeitssitzung verabschiedete die Gipfelrunde die Reform des Euro-Stabilitätspakt. Der einstimmige Beschluss fiel gegen den scharfen Protest der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank. Bundesfinanzminister Hans Eichel sagte nach der Entscheidung, der Pakt sei "glaubwürdiger und vernünftiger als die bisherige Handhabung geworden". Die Zentralbanken befürchten hingegen eine Schwächung des Pakts und ungebremstes Schuldenmachen. (mas)