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EU sendet die richtigen Signale

18. Mai 2006

Die EU-Kommission hat nicht eine spätere Aufnahme von Bulgarien und Rumänien empfohlen. Stattdessen will sie die beiden Länder nach dem Beitritt unter dreijährige besondere Beobachtung stellen. Klaus Dahmann kommentiert.

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Rückgängig machen kann und will niemand die historische Zusage, die die Staats- und Regierungschefs der EU den Bulgaren und Rumänen in Kopenhagen gegeben haben: Beide Länder sind fester Teil der großen Ost-Erweiterung - und zwar unumkehrbar. Jedes "Was wäre, wenn...?" verbietet sich also. Da mag der Frust über die verschleppten Reformen in Bulgarien und Rumänien noch so groß sein. Was aber nun?

Problembereiche bleiben

Weiter Druck auf die Regierungen in Sofia und Bukarest auszuüben, die versprochenen Reformen umzusetzen, versteht sich von selbst. In Bulgarien zum Beispiel reichen die Kraken-Arme der organisierten Kriminalität bis in Politik und Justiz. Seit 2001 hat es dort rund 150 Auftragsmorde gegeben - allein diese Zahl lässt in Brüssel die Alarm-Glocken schrillen. Kein europäischer Politiker hat Lust dazu, seinen Wählern zu erklären, warum die EU ein Land aufnehmen soll, dessen Verbrechensbilanz an das Chicago des frühen 20. Jahrhunderts erinnert.

Rumänien macht derweil vor, dass man gegen Korruption und Kriminalität auch in kurzer Zeit sichtbare Fortschritte erzielen kann: Justizministerin Monica Macovei hat zum Beispiel gegen alle Widerstände durchgedrückt, dass Politiker und Beamte ihre Einkünfte offen legen müssen - ein, wie sich gezeigt hat, wirksames Rezept gegen die Korruption. Mittlerweile ist das Land auf der Überholspur: Vor einigen Jahren lag Rumänien bei der Umsetzung der EU-Auflagen noch deutlich hinter Bulgarien - nun hat Rumänien die Nase vorn. Dafür krankt es aber in anderen Bereichen.

Strenge Aufsicht bleibt notwendig

Das Grundproblem lautet: Wie will die EU den Reformdruck auf die Behörden beider Beitrittsländer aufrechterhalten, ohne die Bevölkerung zu bestrafen? Die EU-Kommission hat eine komplizierte Antwort gegeben: Die erhoffte klare Beitrittsempfehlung wird um sechs Monate verschoben, aber am ursprünglich geplanten Datum 2007 hält man fest. Gleichzeitig soll die EU auch danach noch ein strenges Auge auf die beiden Länder haben und sogar finanzielle Sanktionen beschließen können. Kurzum: Nach dem Beitritt ist vor dem Beitritt.

Diese Position beinhaltet die richtigen Signale: Die baldige Mitgliedschaft ist ein Beweis des Vertrauens, das die EU in die Bürger Rumäniens und Bulgariens setzt. Gleichzeitig will Brüssel den Ball der Verantwortung, wie es nun weiter geht, an die Regierungen in Sofia und Bukarest zurückspielen: Im Falle finanzieller Sanktionen sollen sie ihren Bürgern Rede und Antwort stehen müssen. Und es ist auch eine Botschaft an die Bevölkerung in den jetzigen EU-Staaten enthalten, die da lautet: "Wir bleiben konsequent bei unseren Prinzipien!" Es ist zu hoffen, dass diese Botschaften in den jetzigen und künftigen EU-Mitgliedsländern auch tatsächlich ankommen.

Klaus Dahmann

DW-RADIO, 16.5.2006, Fokus Ost-Südost