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Hermans Haikus

16. April 2010

Hermans Haikus - Herman Van Rompuy veröffentlicht einen Gedichtband - auf Flämisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Latein. Alle sind nach japanischer Haiku-Tradition verfasst.

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Ein Transparent wirbt für Die Haikus von Herman Van Rompuy (Foto: Marina Maksimovic)
Haiku - Herman Van Rompuy stellt sein Buch vorBild: Marina Maksimovic

Er ist kein Freund des Rampenlichts. Fotografen und rote Teppiche meidet EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy wann immer es geht. Doch eine Buchpräsentation diese Woche in Brüssel war ein Pflichttermin für den medienscheuen Belgier: Schließlich ging es um sein eigenes Buch.

Herman Van Rompuy vor einer EU-Flagge (Foto: AP)
Der EU-Ratspräsident sehnt sich nach EinfachheitBild: AP

Im Vorfeld hatte er sich noch ein wenig bitten lassen, jetzt erschien sein Gedichtband mit 45 Werken. Alle sind nach japanischer Haiku-Tradition verfasst. Oft gehe es um Natur in Haikus, erklärt Herman Van Rompuy, "und die letzte Zeile sollte immer eine Art Pointe haben."

Kurz darauf setzt er an, sein jüngstes Werk vorzutragen. Einen Dreizeiler, der ihm kurz nach der Rückkehr vom Anti-Atomwaffengipfel in den USA in den Sinn kam. "Zwei Tage weg, die Welt ist verändert, der Obstbaum blüht."

Vor allem private Themen

Also doch erstmal nichts mit der Rettung des Weltfriedens. Thematisch setzt sich der 62-jährige Hobbydichter zwar häufig mit dem politischen Tagesgeschen auseinander, aber genauso oft mit der Natur oder mit Privatem. Seinem kleinen Enkel Landers hat er auch ein Haiku gewidmet. "Landers kleine Schritte. Nach zehn Monaten schon auf dem Weg zur Freiheit."

In van Rompuy Gedichtband sind die Haikus, die immer aus 17 Silben bestehen nicht nur in seiner Muttersprache Flämisch, sondern auch auf Englisch, Französisch und Deutsch abgedruckt. Für Liebhaber zudem auf Lateinisch. Immer zunächst fünf Silben, dann sieben, dann wieder fünf.

Kurz vor Beginn der Präsentation hatte es noch die Warnung seines Pressesprechers gegeben: "Ich will Sie darauf hinweisen, dass es im Anschluss keine Interviews geben wird." Also reden die anderen Anwesenden über Hermans Haikus.

Mit US-Präsident Obama beim Anti-Atomwaffengipfel in Washington
Wer verändert die Welt - Politische Führer oder der Frühling?Bild: AP

Ein Reporter vom flämischen Regionalradio freut sich, dass sein Landsmann soviel internationales Interesse auf sich zieht. "Eigentlich muss man so etwas doch ohne Presse machen und die Ruhe der Natur genießen. Aber es ist unglaublich viel Presse hier!"

Darunter auch eine japanische Journalistin, die für eine Tageszeitug in der Heimat berichtet. Sie selbst schreibe keine Haikus, sagt sie, deshalb sei Herman Van Rompuys Arbeit umso interessanter: "Ich bin überrascht, dass er die Zeit findet, regelmäßig Haikus zu schreiben. Gerade unter den erschwerten Bedingungen eines Berufspolitikers."

Interesse auch in Japan

2.500 Van Rompuy-Bücher wurden in der ersten Auflage gedruckt. Der Verleger Willy Tibergien erzählt, dass es Übersetzungen auch über die fünf jetzt veröffentlichten Sprachen hinaus geben soll. Konkrete Anfragen habe es bereits aus Spanien und Japan gegeben, "das ist quasi das Mutterland der Haikus."

Van Rompuys alter Freund Jooris de Hulle ist froh, dass die poetischen Worte des leisen Politikers so viel Anklang zu finden scheinen. Bei der Endauswahl hat er mitgeholfen. Um Geld gehe bei der Buchveröffentlichung auf keinen Fall, so van Hulle."Als Dichter kann man weder in Flandern noch in den Niederlanden seinen Lebensunterhalt verdienen. Er schreibt nicht, um damit reich zu werden, sondern aus Liebe zur Sprache und zur Natur."

Bis mindestens 2012 muss Herman Van Rompuy sich allerdings noch seinem Amt als EU-Ratspräsident widmen - und der oft harten Realität der EU-Politik. Zum Ausgleich seinen Haikus genau das richtige, meint der Dichter selbst."Haiku ist eine Ode an die Einfachheit, an die Authentizität", schwärmt Van Rompuy. "Weg vom Glitzer, zurück zu den Sachen selbst." Für ihn komme es keineswegs als Überraschung, dass Haikus beliebter werden. "Unsere Zeit braucht Einfachheit."

Autorin: Susanne Henn
Redaktion: Fabian Schmidt