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Stichwahl in Serbien Stichwahl in Serbien Stichwahl in Serbien

Sanja Blagojevic3. Februar 2008

Die Serben entscheiden am Sonntag bei einer Stichwahl, welchen Kurs ihr Land einschlagen wird: Richtung Brüssel mit dem bisherigen Präsidenten Boris Tadic oder Richtung Moskau mit dem Herausforderer Tomislav Nikolic?

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Wahlbüro in der Enklave Gracanica, Quelle: AP
Wahlbüro in der Enklave GracanicaBild: AP

Der amtierende Staatschef Boris Tadic steht für die Westorientierung. Sein Herausforderer, der Ultranationalist Tomislav Nikolic, für die Abkehr von der EU und ein enges Bündnis mit Russland. In der ersten Runde am 20. Januar, war Tadic auf 35,4 Prozent der Stimmen gekommen, während Nikolic knapp 40 Prozent der Stimmen ergattern konnte. Die Lager der beiden Kontrahenten für den Posten des Präsidenten sind annähernd gleich groß, der Ausgang dieser Richtungsentscheidung also noch offen.

Die beiden Kandidaten, Boris Tadic (links) und Tomislav Nikolic (rechts) bei einer Fernsehdebatte am 30.1.2008, (Quelle:dpa)
Die Kandidaten im TV-DuellBild: picture-alliance/ dpa

Scheitert Tadic am Kosovo?

Tadics Anhänger bejubeln ihn, sie verlangen seinen Sieg am Sonntag. Doch dieser Wunsch ist nicht so leicht zu erfüllen, denn der 50-jährige amtierende Präsident hat es nach dem ersten Wahlgang nicht einfach. Um seine Siegchancen zu wahren, muss er seine Kampagne verschärfen und die Stichwahl auf die wichtigsten Themen zuspitzen. "Ich werde nie unsere europäische Zukunft aufgeben, genauso wie ich nie aufgeben werde, die Integrität unseres Landes im Kosovo zu verteidigen", verkündete Tadic. Dies seien die zwei wichtigsten Säulen der Politik, die er in nächster Zeit ausüben wolle.

Amtsinhaber und erneuter Kandidat für das Präsidentenamt Boris Tadic, (Quelle: AP)
Für Tadic könnte es knapp werdenBild: AP

Da das Kosovo kurz vor der Unabhängigkeitserklärung steht und die EU den Kosovo-Albanern ihre Unterstützung zugesagt hat, ist schwer vorstellbar, dass Tadic beide Versprechen erfüllen kann. Die EU hat Tadic nämlich die kalte Schulter gezeigt, und statt wie erwartet, am 28. Januar das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit Serbien zu unterschreiben, nur Handels- und Visaerleichterungen angeboten. Brüssel sieht das als Geste guten Willens gegenüber Tadic, die seinem Gegner aber Punkte bringen könnte.

Nikolic setzt auf Gefühle

Der Radikale Tomislav Nikolic sieht sich in seiner Linie bestätigt. Ihm war vom Anfang an klar, dass serbischer Nationalismus und europäische Werte nicht zusammengehören. Er kritisiert seinen Gegner dafür, ein Stabilisierungsabkommen mit der EU unterzeichnen zu wollen und gleichzeitig das Kosovo in Serbien behalten zu wollen. "Er selber weiß, dass das nicht möglich ist, denn das Abkommen mit der EU sagt wiederum, das Kosovo unabhängig wird", meint Nikolic. "Das hat keinen Sinn und unsere Bürger sind nicht dumm, sie wissen das auch."

Der ultranationalistische Herausforderer Tomislav Nikolic, (Quelle: AP)
Tomislav Nikolic will mit Emotionen die Wähler begeisternBild: AP

Der 56-Jährige weiß, dass er noch nie so nah vor einem Wahlsieg stand. Grund genug, sich in einem anderen Licht zu zeigen. Seit dem Beginn der Wahlkampagne schlug der Radikale scheinbar versöhnliche Töne. Er sorgte sich um seine Bürger, zeigte Gefühle: "Ich habe mein ganzes Leben Serbien gewidmet und ich bin mit meinem ganzen Herzen in dieser Kampagne, die vielleicht meine letzte ist, aber mir mit größter Wahrscheinlichkeit Erfolg bringen wird", sagt er zu seinen Anhängern. "Ich habe den Bürgern angeboten, dass sie zum ersten Mal mit dem Herzen entscheiden, wer an der Macht sein soll. Der Verstand wird dann dem Herz folgen."

Entscheidung über die Zukunft

Der Verstand sollte den Serben aber auch in Erinnerung bringen, dass Nikolic nichts anderes als ein Ultranationalist ist, der in den 90-er Jahren eine wichtige Rolle gespielt hat. Mit seiner Politik eines Großserbien kann er das Land erneut in die Isolation führen. Ein Szenario, das auch Nikolic selbst nicht ausschließt. "Haben Sie den teuren persischen Teppich gesehen, der aus Goldfäden genäht wurde? Das ist die EU. Aber der Teppich hat ein Loch, und dieses Loch werden wir sein", sagt der nationalistische Herausforderer.

Eine Frau läuft an Wahlplakaten der beiden Kandidaten Boris Tadic (links) und Tomislav Nikolic (rechts) vorbei, (Quelle: AP)
Wie die Wahl ausgeht, ist noch völlig offenBild: AP

Präsident Tadic hat keine große politische Unterstützung bekommen. Viele haben ihn im Stich gelassen, doch er weiß, dass es bei dieser Wahl um die Zukunft Serbiens geht. Seit dem Jahr 200 befindet sich Serbien auf dem Weg der Veränderung. "Wir sind damals Richtung Europa losgegangen, weil wir unser Land verbessern wollten. Das ist aber ein langsamer Prozess und ich weiß, dass wir nicht so gut leben, wie wir wollen. Aber, ich bin mir sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass das bessere Leben vor uns steht", sagt Tadic.

Wohin die Reise am Sonntag geht, ist nicht zuletzt deshalb völlig offen, weil die EU mit ihren halbherzigen Initiativen beim serbischen Normalbürger eher für Verwirrung als für Klarheit sorgt.

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