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EU lässt Sonne links liegen

Bernd Riegert15. Februar 2006

Die EU regelt alles, na ja fast allen. Der Sonnenschein bleibt erst einmal unreguliert. Wie konnte das passieren? Bernd Riegert hat sich auf die Suche nach den Ursachen gemacht.

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Bernd Riegert

Sonnenschein bleibt in der Europäischen Union weiterhin unreguliert. Diese Meldung aus dem Europäischen Parlament in Straßburg macht stutzig. Soll das etwa bedeuten, dass die Abgeordneten den zweifelsohne größten Himmelskörper in unserem Sonnensystem einfach links liegen lassen? Die Sonnenstrahlen dürfen das Hoheitsgebiet der Union weiterhin - wie in den letzten vier Milliarden Jahren auch - penetrieren, ohne dass die EU-Kommission dagegen eine Handhabe hätte! Ein Sieg der Vernunft, der hart erkämpft wurde.

Ausnahmsweise dem gesunden Menschenverstand folgend hat das Parlament entschieden, dass die EU die "natürliche Bestrahlung" (EU-Jargon für Sonne) von Bauarbeitern und Biergarten-Kellnerinnen eben doch nicht in Gesetze fassen muss, so wie das die EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte.

Sonnenschein-Richtlinie umfrisiert

Die Kommission wollte in ihrer unendlichen Fürsorglichkeit Arbeitnehmer vor Sonnenbrand schützen und eine T-Shirt-Pflicht für Bauarbeiter einführen. Gegen diesen offensichtlichen Unsinn liefen Verbände und Medien Sturm. Europa lachte. Der Kosename "Sonnenkrem-Richtlinie" für das bürokratische Monstrum war geboren.

Kleinlaut einigten sich Ministerrat und Parlament im November darauf, den Sonnenschein aus der Arbeitsschutzrichtlinie zu streichen. So bleibt nur noch künstliche Strahlung aus Lasern und Neonröhren übrig. Die so umfrisierte Sonnenschein-Richtlinie nahm das Parlament jetzt in dritter Lesung an - allerdings ohne Sonnenschein.

"Hau die EU!"

Die Befürworter der Sonnenregulierung sagen heute, das alles sei nie so gemeint gewesen. Politische Gegner hätten ihr Süppchen auf diesem Sonnenofen geköchelt. Die Medien seien dankbar eingestiegen, denn schließlich ist "euro-bashing", also das Bedienen von negativen Klischees, angesagt.

Diese Mischung aus Stimmungsmache und verzerrender Berichterstattung macht nun auch einer weitaus wichtigeren Richtlinie das Leben schwer, die die Dienstleistungsfreiheit in der EU garantieren sollen. Die Dienstleistungsrichtlinie wurde erst zum Popanz aufgebaut und anschließend stark verwässert. Herausgekommen ist ein seltsamer Kompromiss, der zwischen Liberalisierung und Protektionismus schwankt und die Bürokratie vermehren wird. Aber das ist wieder eine neue Geschichte.