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Wirtschaftssanktionen gegen Russland

29. Juli 2014

Die EU macht mit weitreichenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland Ernst, um Moskau für die Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine abzustrafen. Nun verschärfen die USA die Sanktionen gegen russische Banken.

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EU-Flaggen in Brüssel (Foto: DW)
Bild: DW/W. Izotov

Zwölf Tage nach dem mutmaßlichen Abschuss von Malaysia Airlines Flug MH17 über dem Osten der Ukraine verständigten sich die EU-Botschafter auf Exportverbote und Beschränkungen für vier Branchen. Der Maßnahmenkatalog muss noch von den Regierungen der 28 Mitgliedsländer abgesegnet werden. Künftig dürfen nach Diplomatenangaben keine Rüstungsgüter zwischen Russland und der EU gehandelt oder Produkte zur zivilen wie auch militärischen Verwendung nach Russland exportiert werden. Russische Banken mit einer staatlichen Beteiligung von mehr als 50 Prozent können zudem keine neuen Wertpapiere in der EU verkaufen. Darüber hinaus gilt ein Exportstopp für Hochtechnologie-Geräte, vor allem im Bereich der Ölförderung. Die Maßnahmen sollen auf ein Jahr begrenzt werden, eine erste Überprüfung soll den Angaben zufolge nach drei Monaten erfolgen.

Die Europäer machen Russland für die Eskalation in der Ukraine mit verantwortlich. Mit den Wirtschaftssanktionen will die EU Moskau dazu zwingen, die Unterstützung für die prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine zu beenden. Die EU beschuldigt Russland zudem, zu wenig zur Aufklärung des Absturzes von MH17 beizutragen. Schon seit Monaten hat die EU Russland mit Wirtschaftssanktionen gedroht, beschränkte sich aber bisher auf gezielte Maßnahmen gegen einzelne Russen und Ukrainer. Russland ist für viele EU-Staaten ein wichtiger Handelspartner und Energielieferant, bei Wirtschaftssanktionen werden ernste Folgen für die eigenen Volkswirtschaften befürchtet.

"Unumgängliche Sanktionen"

Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die neuen Sanktionen "unumgänglich". "Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Sanktionen kein Selbstzweck sind, sondern nur beschlossen werden, wenn es unvermeidlich ist", sagte die Kanzlerin nach Angaben einer Regierungssprecherin. "Allerdings haben wir auch immer wieder betont, dass die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die fortdauernde Destabilisierung der Ostukraine nicht hinnehmbar sind. Deshalb war die heutige Entscheidung unumgänglich." Die russische Führung müsse nun entscheiden, ob sie den Weg der Deeskalation und der Zusammenarbeit einschlagen wolle.

Am Abend gab die US-Regierung zusätzliche Sanktionen gegen drei russische Banken bekannt. Betroffen sind die Großbank VTB, die Bank of Moscow und die Russische Landwirtschaftsbank, wie das Finanzministerium mitteilte. Aus den USA heraus und von US-Bürgern dürfen fortan keine Finanzierungsgeschäfte mehr mit diesen Geldhäusern getätigt werden. Damit erstreckt sich die Liste der amerikanischen Sanktionen gegen russische Kreditinstitute inzwischen auf fast alle großen Banken im mehrheitlichen Staatsbesitz - mit Ausnahme der Sberbank.

Kurz zuvor hatte US-Außenminister John Kerry weitere Sanktionen gegen Russland als unausweichlich bezeichnete, sollte sich der Kremlchef noch länger hinter die Separatisten stellen. Russland liefere noch immer Waffen in die Ukraine und habe mit Artillerie über die Grenze gefeuert, sagte Kerry nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Kollegen Pawel Klimkin in Washington. Die USA bereiteten weitere Strafmaßnahmen gegen Moskau vor. Die Russen hätten "kein Fünkchen eines Beweises geliefert, dass sie wirklich die Gewalt und das Blutvergießen beenden wollen".

Osten der Ukraine weiter umkämpft

Bei neuen Kämpfen sind im Osten der Ukraine wieder viele Zivilisten ums Leben gekommen. Die Gefechte verhinderten den dritten Tag in Folge, dass niederländische Ermittler zur Absturzstelle von MH17 gelangen konnten. Allein in der Stadt Horliwka kamen bei den Kämpfen zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Separatisten nach Angaben aus Kiew bis zu 17 Menschen ums Leben, darunter mehrere Kinder. In der Stadt nördlich der Rebellenhochburg Donezk war es schon in den vergangenen Tagen zu erbitterten Gefechten gekommen. Aus Luhansk wurden mindestens fünf Tote gemeldet. Die ukrainische Armee erklärte, es sei ihr gelungen, Teile der Region um die Absturzstelle von Flug MH17 unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Separatisten bestätigen das, erklärten aber gleichzeitig, sie hätten einige ukrainische Panzer zerstören können.

Kein Durchkommen zum Wrack

Wegen der anhaltenden Gefechte zwischen Armee und Separatisten gaben niederländische und australische Experten am Dienstag einen weiteren Versuch auf, zur Absturzstelle des abgestürzten Passagierflugzeugs der Malaysia Airlines zu gelangen. Gemeinsam mit Vertretern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sollen sie die Absturzursache aufklären. Am Absturzort werden zudem noch immer viele Leichen vermutet. Die meisten der fast 300 Insassen der Maschine stammten aus den Niederlanden, viele weitere aus Australien.

Niederlande machen Druck

Die Ermittler seien in der Stadt Donezk geblieben, weil am Absturzort von MH17 und auf dem Weg dorthin "zu viel" gekämpft werde, teilte das niederländische Justizministerium mit. Ministerpräsident Mark Rutte habe den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in einem Telefonat aufgefordert, die Kämpfe einzustellen. Poroschenko habe zugesichert, alles dafür zu tun, dass die Ermittler bald Zugang bekämen, sagte ein Regierungssprecher in Den Haag.

Fotos und Videos vom Absturzort

Nach einem Internetaufruf der niederländischen Polizei an Augenzeugen sind 150 Fotos und Videos aus dem Absturzgebiet der malaysischen Passagiermaschine eingegangen. Über Portale in vier verschiedenen Sprachen - Niederländisch, Englisch, Deutsch und Ukrainisch - seien die Aufnahmen bei der Polizei eingegangen, sagte eine Sprecherin. Was genau auf den Fotos und Videos zu sehen war, dazu äußerten sich die Sicherheitskräfte zunächst nicht. Aufgerufen hatte die Polizei dazu, Aufnahmen von der Absturzstelle vor, während und nach dem Unglück bereitzustellen. Mit Hilfe der Aufnahmen hoffen die Ermittler Licht ins Dunkel der Tragödie bringen zu können.

qu/kle (rtr, afp, dpa)