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EU einig über Zuckermarktreform

24. November 2005

Nach zähem Ringen haben sich die EU-Staaten auf eine Reform der 40 Jahre alten Zuckermarktordnung verständigt. Die Garantiepreise in der Zuckerindustrie werden bis 2010 drastisch gesenkt.

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Keine Garantiepreise mehr für ZuckerrübenBild: dpa - Bildarchiv

Nach dreitägigen Verhandlungen haben sich die EU-Agrarminister am Donnerstag in Brüssel auf die Reform der EU-Marktordnung für Zucker geeinigt. Demnach müssen sich die Rübenbauern und die Zuckerindustrie von den hohen Garantiepreisen verabschieden, die fast um ein dreifaches über Weltmarkt liegen. Die britische Agrarministerin Margaret Beckett sagte in Brüssel, die von der EU garantierten Preise werden bis 2010 um 36 Prozent gekürzt. "Das ist ein historischer Tag", sagte sie.

Zuckerrübenernte
Verladung geernteter ZuckerrübenBild: südzucker

Die Landwirte sollen künftig zu 64,2 Prozent durch eine so genannte entkoppelte Prämie entschädigt werden. Das heißt, sie bekommen das Geld garantiert, unabhängig von der Menge der Produktion. Allerdings müssen sie umweltschonend anbauen. Zudem wird es einen Topf für die Branche geben, um unrentablen Produzenten den Ausstieg schmackhaft zu machen. Unternehmen, die ihren Betrieb wegen der Reform aufgeben, sollen die Maximalsumme von 730 Euro pro Tonne Entschädigung in den ersten beiden Jahren nach In-Kraft-Treten der Reform erhalten. Für den EU-Haushalt, in dem der Bereich Zucker mit rund 1,7 Milliarden Euro zu Buche schlägt, bedeutet die Reform keine Mehr- oder Minderausgaben.

Welthandelsgespräche stehen bevor

Die EU stand auch unter dem Druck der Welthandelsorganisation (WTO), die Zuckermarktordnung zu ändern. Sie verstößt in Teilen gegen den fairen Welthandel. "Es ist entscheidend, dass wir nun mit einer Reform zu den Welthandelsgesprächen im Dezember in Hongkong fahren können", sagte Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel nach den Verhandlungen. Die EU-Neuregelung muss spätestens am 22. Mai 2006 in Kraft treten.

Glückszucker
Zucker in seiner ReinformBild: südzucker

Der Beschluss wurde allerdings nicht einstimmig gefasst. Vor allem Polen galt bis zum Schluss als scharfer Kritiker einer Reform. Vor allem betroffen von den Preissenkungen sind aber die EU-Südländer. Als Zugeständnis wurden die Preise letztlich nicht so stark gesenkt wie von der amtierenden britischen Ratspräsidentschaft und der EU-Kommission geplant. Vorgesehen waren

danach zunächst 39 Prozent.

Deutschland bleibt wettbewerbsfähig

An ungünstigen Standorten wie in Nord- und Südeuropa, wo der Ertrag je Hektar deutlich niedriger als im EU-Schnitt liegt, werden durch die Senkung der Zuckererlöse in den kommenden Jahre viele Höfe zur Aufgabe des Rübenanbaus gezwungen sein. Deutschland wie auch Frankreich und Polen werden davon weniger betroffen sein, weil dort die Erträge überdurchschnittlich sind.

Zuckerfabrik in Sachsen-Anhalt
Zuckerfabrik in Sachsen-AnhaltBild: AP

Von der bisherigen EU-Zuckermarktordnung profitierten auch viele Entwicklungsländer, weil ihr Produkt von der EU ebenfalls mit höheren Preisen bedacht wurde. Zum Ausgleich für mögliche Verluste soll den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP) ein Hilfsprogramm unter die Arme greifen, für das im nächsten Jahr 40 Millionen Euro vorgesehen sind.

Zuckerrübenanbau im EU-Vergleich

In der EU werden derzeit jährlich rund 20 Millionen Tonnen Zucker produziert. Angebaut werden Zuckerrüben in allen Mitgliedstaaten, außer Zypern, Malta, Estland und Luxemburg. Frankreich, Deutschland und Polen sind die größten Produzenten.

Zusammen kommen die drei Länder etwa für die Hälfte der Produktion auf. Die Zahl der Beschäftigten in der Branche ging in der EU von rund 59.000 im Jahr 1992 auf 32.000 im Jahr 2004 zurück, in Deutschland nahm die Zahl von 9500 auf 6.800 ab. (stl)