1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Scharfe Töne

4. Juli 2009

Teherans Kurs verärgert die EU, denn Irans Hardliner wollen einen Mitarbeiter der britischen Botschaft vor Gericht stellen. Auch Prozesse gegen Oppositionsführer Mussawi und Ex-Präsident Chatami werden erwogen.

https://p.dw.com/p/IhAV
Mussawi (Foto: gl2/Zuma Press)
Irans Oppositionsführer Mirhossein MussawiBild: picture-alliance / gl2/ZUMA Press

Der Ton in der Auseinandersetzung nach den Wahlen im Iran wird schärfer - sowohl im Land selbst, als auch international. In der EU wird wegen des Vorgehens der iranischen Führung gegen Kritiker und die Opposition inzwischen laut über schrittweise Sanktionen nachgedacht. So könnten im Zuge eines Stufenplanes schon in der nächsten Woche Reisebeschränkungen für wichtige iranische Regimevertreter verhängt werden. Sie würden dann keine Visa mehr für Reisen in EU-Länder erhalten. Derartige Beschränkungen der EU gab es schon, beispielsweise Ende der 90er Jahre gegen Weißrussland.

Der erste Schritt

Bereits am Freitag (04.07.2009) waren die iranischen Botschafter in den EU-Ländern von den jeweiligen Außenministerien einbestellt worden. Den herbeizitierten Gesandten Teherans war deutlich gemacht worden, dass die EU die Entwicklungen im Iran intensiv beobachte und weitere Schritte prüfe, falls die verhafteten Mitarbeiter der britischen Botschaft in Teheran nicht unverzüglich freigelassen würden. Eine dritte Stufe der Sanktionen wäre dann möglicherweise die geschlossene Abberufung der EU-Botschafter aus Teheran nach entsprechenden Beratungen der EU-Außenminister.

Auch derartige Maßnahmen gab es bereits: 1989 wurden die Botschafter der damaligen EG aus Teheran abberufen, weil Revolutionsführer Ajatollah Khomeini zur Ermordung des britischen Schriftstellers Salman Rushdie aufgerufen hatte. Und 1997 waren die EU-Botschafter geschlossen abgereist, aus Protest gegen die Rolle des Iran bei der Ermordung von vier Kurden im Berliner Lokal "Mykonos". Diese Geschlossenheit hielt aber nicht lange, denn in beiden Fällen schickten einzelne EU-Staaten ihre Botschafter bald und ohne Absprachen zurück, um die Beziehungen zu Teheran nicht zu beschädigen.

Die Hardliner machen mobil

Ajatollah Ahmad Dschannati (Foto: AP)
Ajatollah Ahmad Dschannati warf Großbritannien am Freitag, vor die Proteste im Iran zu unterstützenBild: AP

Unterdessen bauen die Hardliner in Teheran schon mal vor: Bereits am Donnerstag hatten radikal-religiöse Parlamentsabgeordnete einen Prozess gegen Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi gefordert, nun stieß ein ranghoher Berater des geistlichen Führers Ayatollah Ali Chamenei ins gleiche Horn.

In einem Leitartikel der konservativen Zeitung "Kajhan", die der iranischen Staatsführung nahe steht, nannte Berater Hossein Schariatmadari den Oppositionsführer am Samstag einen Agenten der Vereinigten Staaten. Man müsse sich ernsthaft fragen, ob die Aktionen von Mussawi und seinen Anhängern auf Anweisungen der US-Behörden zurückgehen, schrieb der Berater. Er plädierte zudem dafür, Mussawi und den früheren reformorientierten Präsidenten Mohammed Chatami vor Gericht zu stellen und sie wegen "schrecklicher Verbrechen" und Hochverrats anzuklagen.

Die Kritik verstummt nicht

Hart ins Gericht mit der Regierung gehen dagegen Vertreter der Reformbewegung. Der ebenso wie Mussawi unterlegene Präsidentschaftskandidat Mehdi Karubi schrieb auf seiner Internetseite, die Proteste zu unterdrücken anstatt die Zweifel an dem Wahlausgang zu beseitigen, zerstöre das Vertrauen der Menschen. Und er mahnte: "Das ist sehr gefährlich."

Auch der mit den Reformern sympathisierende Großajatollah Jusof Saanei erklärte, viele Iraner seien immer noch nicht davon überzeugt, dass Amtsinhaber Ahmadinedschad die Präsidentenwahl am 12. Juni rechtmäßig gewonnen habe. Keine Anweisung und kein Befehl erlaube oder entschuldige eine Verletzung der Menschenrechte. Dies sei eine große Sünde, so Saanei auf seiner Webseite.

Wem dient die Justiz im Iran?

Demonstration (Foto: AP)
Regierungsfreundlicher Protest vor der britischen Botschaft in TeheranBild: AP

Während die Hardliner noch daran basteln, Reformern den Prozess machen zu wollen, könnte einer der inhaftierten iranischen Angestellten der britischen Botschaft schon bald vor Gericht gestellt werden. Nach Angaben seines Anwaltes sitzt der Botschaftsangestellte im berüchtigten Gefängnis Ewin, im Prozess sollen ihm die Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen werden. Eine derartige Anschuldigung kann im Iran eine drakonische Strafe nach sich ziehen.

Immer wieder gerät der Iran ins Zwielicht wegen seiner hohen Zahl an Todesurteilen und Hinrichtungen. Laut Amnesty International wurden im vergangenen Jahr im Iran 346 Todesurteile vollstreckt. Die Todesstrafe gilt im Iran unter anderem für Mord, Ehebruch und bestimmte Drogen-Delikte. Am Samstag wurden im Gefängnis Karadsch in der Nähe von Teheran 20 Menschen hingerichtet. Sie waren als Drogendealer zum Tode verurteilt und gehenkt worden. (lu/det/dpa/ap/rtr/afp)