1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

EU berät Erweiterung

Bernd Riegert, Brüssel18. Juli 2005

Premiere in schwerer Zeit: Zehn Tage nach den Terroranschlägen in London saß der britische Außenminister Jack Straw zum ersten Mal dem Rat der EU vor. Die Sitzung befasste sich vor allem mit Fragen der EU-Erweiterung.

https://p.dw.com/p/6vq5
Klare Zukunftsvorstellungen: Jack StrawBild: AP

Außenminister Jack Straw machte zu Beginn der Sitzung noch einmal die Sicht der britischen Regierung zu den Terroranschlägen von London deutlich: Er wies alle Thesen zurück, der Terror in London, bei dem 55 Menschen starben, habe sich gegen den Irak-Krieg und die britische Allianz mit den USA gerichtet. Für Terrorismus gebe es keine Rechtfertigung, sagte Straw. Die Terroristen hätten auf der ganzen Welt zugeschlagen - auch in Staaten, die nichts mit dem Irakkrieg zu tun haben. "Es ist die Verantwortung der Menschen in der zivilisierten Welt gegen Terroristen vorzugehen und nicht, ihnen irgendwelche Entschuldigungen zu liefern", forderte der britische Außenminister.

Uneinigkeit über die Türkei

Innerhalb der EU entwickelt sich ein Konflikt um die pünktliche Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Großbritannien will am vereinbarten Termin, dem 3. Oktober unbedingt festhalten. Aus Österreich und Frankreich kommen skeptische Stimmen. Der zyprische Außenminister George Iacovu weigert sich überhaupt, über die Grundsätze und Leitlinien für die Verhandlungen zu sprechen, solange die Türkei das EU-Mitglied Zypern nicht als Staat anerkennt: "Es ist wichtig, dass die Türkei das Ankara-Protokoll unterschreibt. Dann, und nur dann werden wir uns mit dem Verhandlungsrahmen überhaupt befassen", sagte Iacovu.

Panorama von Istanbul
Ist die Türkei europäisch genug für die EU?Bild: dpa

Die Türkei, die den Nordteil Zyperns besetzt hält, hatte mehrfach angekündigt, das so genannte Ankara-Protokoll zu unterschreiben, das die Zollunion auf alle zehn Mitgliedsstaaten, und damit auch auf Zypern ausdehnt. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn ist sich sicher, dass die mehrmals verschobene Unterzeichnung jetzt bald erfolgt. Ankara werde in diesen Tagen, maximal in ein oder zwei Wochen unterschreibe, sagte der Erweiterungskommissar.

Erst im September wollen sich die EU-Außenminister inhaltlich mit dem Verhandlungsmandat befassen, der formelle Beschluss soll dann am 3. Oktober fallen, dem Tag, an dem auch die Verhandlungen starten sollen. Die Zeit wird also knapp. Der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte in einem Zeitungsinterview gefordert, die Verhandlungen mit der Türkei zu verschieben. Die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik wollte in Brüssel nicht soweit gehen. Sie verweist aber darauf, dass der Verhandlungsrahmen die Vollmitgliedschaft nicht garantiert: Österreich wünscht sich im Text eine ausdrückliche Erwähnung der privilegierten Partnerschaft als Alternative für die Türkei. Das wird auch von der deutschen Kanzlerkandidatin Angela Merkel unterstützt. Sie könnte bei Neuwahlen im September Bundeskanzler Gerhard Schröder ablösen, der eine Aufnahme des muslimisch geprägten Landes befürwortet.

Bedingungen für Kroatien

Der britische Ratspräsident Jack Straw machte klar, dass er am versprochenen Datum 3. Oktober unbedingt festhalten will. Die Verhandlungen mit Kroatien sollen so schnell wie möglich beginnen, sobald Kroatien vollständig mit dem UN-Tribunal für Jugoslawien in Den Haag zusammenarbeitet. Das sei immer noch nicht der Fall. Die von Österreich, Slowenien, Ungarn und der Slowakei hergestellte Verbindung zwischen Kroatien und der Türkei sieht er nicht. Die Verhandlungen begönnen dann, wenn die Voraussetzungen vorlägen, die jedes Land unabhängig vom anderen erreichen müsse.

Einsätze in Aceh und im Sudan

Die Außenminister der EU stellten eine Beobachtermission für die Provinz Aceh in Indonesien in Aussicht. Dort soll das Friedensabkommen zwischen Rebellen und indonesischer Regierung abgesichert werden. Für die Unterstützung der Friedensmission der Afrikanischen Union im westlichen Sudan gaben die Außenminister die Mittel frei. Die EU und die NATO wollen den Transport der afrikanischen Soldaten nach Darfur organisieren.