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EU als Friedensbote im Nahen Osten

Tina Gerhäusser, Brüssel17. Januar 2005

Die Europäische Union behandelt den neuen Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas wie einen gleichberechtigten Partner. Doch den Schlüssel zum Frieden halten Israel und die USA in den Händen.

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Unterstützung für den PräsidentenBild: AP

Javier Solana war einer der ersten ausländischen Gratulanten in der palästinensischen Stadt Ramallah: Kaum stand am Montag (10.1.2005) fest, dass Mahmud Abbas die Wahl zum Palästinenserpräsidenten gewonnen hatte, war der EU-Chefdiplomat schon angereist und schüttelte dem neuen Amtsinhaber die Hand. Ein "historischer Tag" sei das, sagte er, strahlte und versprach, die Europäische Union (EU) werde nach allen Kräften helfen, den Friedensprozess im Nahen Osten voranzubringen. Andere EU-Politiker, wie Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner mahnen Israel und die USA, enger mit dem neuen Palästinenserführer zusammenzuarbeiten. Die EU will Friedensbote sein.

Das Versprechen

Javier Solana in Gaza
Javier Solana (links) bei seinem Besuch im Gaza-StreifenBild: AP

"Ich denke, dass die EU jetzt eine stärkere und aktivere Rolle in dem Nahost-Friedensprozess einnehmen wird", sagt Mirjam Dittrich, die am European Policy Center in Brüssel politische Analysen über den Nahen Osten erstellt. Sie geht davon aus, dass die EU versuchen wird, die im November 2004 von Solana vorgestellten Sofortmaßnahmen (Vier-Punkte-Plan) jetzt schnellstmöglich umzusetzen. Das bedeutet zu allererst Hilfe bei der Reform der palästinensischen Polizei. Außerdem eine Vermögensreform sowie Lokalwahlen und die Förderung wirtschaftlicher Entwicklung in den besetzten Gebieten. Die EU verfolgt nach wie vor das Ziel - wie Solana in Ramallah betonte - dass ein unabhängiger Palästinenserstaat gegründet wird.

Geldgeber EU

Seit mehr als zehn Jahren versucht die EU, dem Friedensprozess mit Geld auf die Sprünge zu helfen. Allein in den Jahren 2002 und 2003 gab sie eine halbe Milliarde Euro für Flüchtlingshilfe, Bildung von Institutionen und Rechtsreformen aus. Zusätzlich flossen zwischen 1995 und 2003 88 Millionen Euro über die Initiative "Nahost-Friedensprozess-Projekte" in die Krisenregion. Wirtschaftliche und soziale Strukturen der Zivilgesellschaft sollten damit gefördert werden. Die EU ist der größte ausländische Geldgeber der Palästinenserregierung - Tendenz steigend. Die Wahlbeobachtungsmission vor der Präsidentenwahl am 9. Januar war die bisher größte der EU überhaupt.

Wer hat mehr Einfluss in Nahost?

Europas neuer, unbändiger Elan für den Frieden im Nahen Osten macht andere misstrauisch. Israels Premierminister Ariel Scharon warnte Europa in den letzten Dezembertagen 2004 davor, direkt in den politischen Prozess einzugreifen. Andere unterstellen, die EU strebe aus machtpolitischen Gründen danach, die USA aus der Hauptvermittlerrolle zu drängen. "Ich denke nicht, dass dies ein Wettbewerb zwischen Amerika und Europa ist", sagt Dittrich vom European Policy Center. "Europa hat ganz klar einen größeren Einfluss auf die Palästinenser. Und die Amerikaner haben ebenso deutlich einen größeren Einfluss auf die Israelis." Um Erfolg - also Frieden - zu haben, müssten die beiden Friedenspaten "sehr eng zusammenarbeiten."

"Man muss jetzt wieder im Quartett arbeiten", sagt Simon Petermann, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Lüttich. Der Nahost-Experte meint die vier Partner EU, USA, UN und Russland. Die Vier hatten im April 2003 die so genannte Road Map, einen Dreistufenplan für den Frieden, vorgelegt. Durch die Unruhen der zweiten Intifada - dem palästinensischen Widerstand gegen Israel - bewegen sich die Konfliktparteien seit 2000 immer noch in der ersten Phase des Plans.

Erst wenn eine stabile Sicherheitslage erreicht ist, kann in der zweiten Phase ein provisorischer Palästinenserstaat gebildet werden. Die EU setzt auf den guten Willen von Abbas, der immer wieder betont, sich der Road Map verpflichtet zu fühlen und den Terror zu beenden. Der neue Palästinenserpräsident wird von den Europäern schon jetzt wie ein gleichberechtigter politischer Partner behandelt. Trotz besserer Voraussetzungen und neuem Tatandrang wird die EU in Petermanns Augen im künftigen Friedensprozess aber nur eine untergeordnete Rolle spielen: "Den Schlüssel für diese Situation halten die Israelis und die Amerikaner in den Händen."