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Griechenland

10. Januar 2012

Der Internationale Währungsfonds glaubt nicht mehr an Griechenlands Reformfähigkeit. Die Euro-Länder verlieren die Geduld mit Athen. Den Griechen droht wieder mal der Staatsbankrott.

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Münzen liegen auf der Griechenland-Fahne (Foto: Arno Burgi/lsn)
Bild: picture alliance/ZB

Seit 20 Monaten wird der griechische Patient auf der Intensivstation behandelt. Alle drei Monaten wird ein Grundcheck über den gesundheitlichen Zustand des Patienten durchgeführt. Nächste Woche ist es wieder so weit.

Wenn die Experten der sogenannten Troika (die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds) am 16. Januar ihre Kontrollmission in Athen aufnehmen, werden sie den Patienten in einem miserablen Zustand vorfinden. Das Haushaltsdefizit fiel 2011 höher aus als vereinbart. Das Defizitziel von 5,4 Prozent für dieses Jahr wird nicht erreicht werden können, da die Wirtschaft fünfmal in Folge schrumpft und die Steuereinnahmen hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Griechenland ist pleite

Prof. Rolf Langhammer, Vizepräsident des Instituts für Weltwirtschaft der Universität Kiel (Foto: dpa)
Griechenland ist insolvent, sagt Rolf LanghammerBild: picture-alliance/ dpa

Griechenland sei insolvent, bescheinigt Rolf Langhammer, Vizepräsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft: "Das Land ist nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen auf Dauer ohne fremde Hilfe nachzukommen." Es sei kein vorübergehendes Problem der Illiquidität, sondern ein Problem der Insolvenz, sagt Langhammer gegenüber DW-WORLD.DE.

Ohne den geplanten Schuldenschnitt droht Griechenland im Schuldensumpf zu versinken. Doch die Verhandlungen darüber kommen nicht voran. Während Athen auf mehr als 50 Prozent pocht, verlangen die Banken und Versicherungen mehr Absicherungen für neue Anleihen.

Die Regierung in Athen hofft zudem auf das zweite Hilfspaket im Umfang von 130 Milliarden Euro, das auf dem letzten EU-Gipfel beschlossen wurde. Dafür müssen die Helenen noch härtere Sparmaßnahmen akzeptieren, beispielsweise die Abschaffung des Mindestlohns, weitere Rentenkürzungen und Massenentlassungen. Doch für viele ist die Schmerzgrenze bereits erreicht. Schon jetzt verlieren jeden Monat knapp 20.000 Menschen ihre Arbeit. Fast jeder zweite unter 24 Jahren ist arbeitslos.

Falsche Medizin

Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank
Das Rezept war nicht richtig, meint Holger Schmieding

Dass es dem Patienten nach so vielen Rettungsaktionen immer noch nicht besser geht, ist für Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, ein Beweis dafür, dass das Rezept das falsche war: "Die Sparmaßnahmen sind zu drakonisch gewesen. Das Land hat sich nahezu tot gespart." Was das Land brauche, sei mehr Zeit, um mit Wachstum fördernden Reformen, vor allem Öffnungen am Arbeitsmarkt und einer effizienteren Verwaltung langfristig wieder auf die Beine zu kommen, so Schmieding zu DW-TV.

In der überbordenden Bürokratie und den restriktiven Reglungen am Arbeitsmarkt sieht auch Wirtschaftswissenschaftler Langhammer den Hauptgrund dafür, dass die Investitionen ausbleiben, die Griechenland wie Luft zum Leben braucht. Auf dem Doing Business Index der Weltbank lag Griechenland 2010 auf Platz 109. Das sei noch viel schlechter als einige afrikanische Länder, sagt Langhammer: "Das darf an sich für ein Eurozonenmitglied gar nicht gelten."

Die Geduld ist am Ende

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: dapd)
Erhöht den Reformdruck: Bundesfinanzminister Wolfgang SchäubleBild: dapd

An Athens Reformfähigkeit zweifelt sogar der Internationale Währungsfonds, einer der Hauptgeldgeber, zusehends. Besonders enttäuscht ist der IWF von den schleppenden Reformen des Steuersystems und der Privatisierung. Auch andere Euroländer verlieren langsam die Geduld. So verlangt der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble von Athen, die Sanierung des Staatshaushalts schneller umzusetzen. Der tschechische Notenbankchef legt den Griechen gar den Austritt aus der Eurozone nahe.

So weit will die Bundeskanzlerin nicht gehen. Sie plädiert dafür, Griechenland noch eine Chance zu geben, was bedeutet, den Helenen noch mal eine ordentliche Geldspritze zu verpassen.

Bis Mitte März braucht das Mittelmeerland 89 Milliarden Euro. Allein am 20. März müssen alte Anleihen im Umfang von 14,5 Milliarden Euro durch neue ersetzt werden. Fließt das Geld nicht, ist Griechenland endgültig pleite.

Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Rolf Wenkel