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"Es muss jetzt schnell gehen"

6. Januar 2005

Für die Zeitungen in der Krisenregion wirft das Flutdrama besondere Fragen auf: Sollte man angesichts der Krise den "Tag der Republik" feiern oder warum gibt es nicht längst ein Frühwarnsystem?

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THE HINDU-HINDUSTAN DAINIK, Indien

Indien erhebt Anspruch darauf, die dritt-, wenn nicht sogar zweitinnovativste und -entdeckerfreudigste Nation in den Bereichen Wissenschaft und Technik zu sein. Von der Weltraumforschung bis zur Erkundung des Ozeans – wir mischen überall mit. Und wir sind stolz darauf. Warum also hat die Inder angesichts der derzeitigen Krise eine Art "Massenträgheit" erfasst? Der meteorologische Dienst Indiens wurde zu Kolonialzeiten gegründet – sprich: vor 150 bis 200 Jahren. Haben wir nicht alle von diesem jahrhundertealten Wissen profitiert?!

TIMES OF INDIA, Indien

Im Schlepptau der Tsunami-Tragödie hat sich für die Regierung in Delhi ein heikles protokollarisches Problem ergeben: Soll man am 26. Januar den "Tag der Republik" feiern, mit allem Prunk und Protz? So, wie jedes Jahr? Oder soll man es bleiben lassen? [Wir sagen:] Lasst uns den Gründungstag unserer Republik unter allen Umständen feiern – wir werden doch wohl zu einer Ehrbezeugung auch ohne Militärparade imstande sein. Die Republik, die wir hochleben lassen, verkörpert von jeher die Idee – oder das Ideal, wenn man so will, – von Gleichheit, Brüderlichkeit und Einigkeit in der Vielfalt […] Was gibt es Schöneres, als dies mit Straßenfesten zu feiern, jeder an seinem Ort? Und dabei allen zu zeigen, wie quicklebendig unsere alten Handwerkstraditionen sind, unsere Straßentheater, unsere mannigfaltige Küche? […] Wir erfinden uns immer wieder neu – den Krisen und Katastrophen zum Trotz.

THE DAILY STAR, Bangladesh

Die Entscheidung der Regierung, das Land an das weltweite Katastrophen-Frühwarnsystem anzuschließen, kann nur begrüßt werden. […] Dennoch: Dass es erst eine Naturkatastrophe vom Ausmaß des Seebebens und der nachfolgenden Tsunami gebraucht hat, um die Regierung wachzurütteln, ist nur schwer nachvollziehbar. Wir leben in einem gefährdeten Gebiet, das jedes Jahr von Naturkatastrophen aller Art heimgesucht wird. Man hätte eigentlich gedacht, dass im Zeitalter der Globalisierung Frühwarnsysteme und Datenaustausch kein Problem mehr sein sollten. Die Behörden behaupten, sie würden sich ernsthaft bemühen, der Naturkatastrophen Herr zu werden. Die altersschwache Ausstattung einiger unserer Vorhersagezentren strafen sie allerdings Lügen. Die Entscheidung der Regierung [das Land an das Frühwarnsystem anzubinden], kam gerade noch zur rechten Zeit. Und es muss jetzt schnell gehen.

JAKARTA POST, Indonesien

Die Einwohner von Aceh sind bekannt für ihren Stolz und ihren immer wiederkehrenden Kampf um Unabhängigkeit. So, wie es jedoch derzeit aussieht, hat die Flutkatastrophe nicht nur ihre Siedlungen, sondern auch ihren Stolz ausgelöscht. Es betrübt uns, dass die einst so stolzen Einwohner von Aceh von Kummer, Verzweiflung und Hilflosigkeit niedergedrückt werden. Es liegt jetzt in unserer Verantwortung, ihnen zu helfen – nicht nur, die Katastrophe und die nachfolgende Krise zu überstehen, sondern auch, ihre Selbstachtung wiederzufinden. […] Zu allererst gibt es da den Vorschlag Deutschlands, die Auslandsschulden zu erlassen oder zumindest zu stunden, um Indonesien ein wenig Luft und finanziellen Spielraum für den Wiederaufbau zu verschaffen. Andere Geberländer haben diesen Vorschlag bereits begrüßt. Allerdings ist die Regierung nur zögernd bereit, diesen Vorschlag aufzugreifen. […] Wir müssen auf das Schlimmste gefasst sein - nämlich darauf, dass die Regierung, warum auch immer, dieses Angebot ablehnen könnte.

THE NATION, Thailand

Kein Mensch hat je an den Fähigkeiten und dem Sachverstand der UNO gezweifelt, wenn es darum geht, Hilfsaktionen im großen Stil zu organisieren. Aber es ist ebenso klar, dass Transparenz, Rechenschaftspflicht und Kosten-Nutzen-Denken noch stark verbessert werden könnten. […] Im Nachhinein ist es immer leicht, den Regierungen in den betroffenen Ländern Fehler vorzuwerfen – sei es, was die vorbeugenden Maßnahmen anbelangt, oder die technische Ausstattung, die hätte angeschafft werden können, oder die Überwachungs- und Warnsysteme, die man hätte installieren können.. […] Leider ist es wohl so, dass die meisten Entwicklungsländer nicht ausreichend Know-How und Gerätschaften zur Verfügung haben, um effektiv [Katastrophen solchen Ausmaßes] vorbeugen zu können.

Zusammengestellt von Sunanda Rao-Erdem

(Übersetzung: Ingun Arnold)