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"Es lohnt sich, hier zu investieren"

23. März 2009

Der Deutsche Akademische Austauschdienst hat eine strategische Partnerschaft mit dem Irak unterzeichnet. Generalsekretär Christian Bode spricht im Interview mit DW-WORLD.DE über Chancen und Risiken dieser Kooperation.

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Dr. Christian Bode, Generalsekretär Deutscher Akademischer Austausch Dienst (Foto: Eric Lichtenscheidt/DAAD)
DAAD-Generalsekretär Christian BodeBild: Lichtenscheidt/daad

Deutsch-arabische Hochschulkooperationen werden auf beiden Seiten immer beliebter. Beispiele dafür sind die Deutsch-Jordanische Fachhochschule in Amman, die Deutsche Universität in Kairo und die Omanisch-Deutsche Technische Universität, die in den vergangenen Jahren gegründet und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst unterstützt wurden. Jetzt hat der DAAD auch eine strategische akademische Partnerschaft mit dem Irak geschlossen. Im Interview mit DW-WORLD.DE erläutert DAAD-Generalsekretär Christian Bode die Chancen und Risiken dieser Kooperation.

DW-WORLD.DE: Warum hat sich der DAAD für eine strategische akademische Partnerschaft ausgerechnet mit dem Irak entschieden?

Christian Bode: Wir sind mit allen seinen Nachbarländern gut vernetzt, der Irak fehlte uns noch. Wir wollen wieder an die guten Beziehungen der 80er Jahre anknüpfen, die auch wissenschaftlich sehr ertragreich waren. Der Irak und irakische Hochschulen hatten einen sehr guten Ruf. Ich muss nicht kommentieren, warum das so danieder lag und noch liegt, aber wir haben die Hoffnung, dass jetzt wieder Chancen bestehen, daran anzuknüpfen und die alten Beziehungen fortzuentwickeln. Der Irak braucht das dringlich. Die Initiative ging nicht zuletzt von den Irakern und von der irakischen Regierung selbst aus. Der irakische Hochschulminister war hier und hat um ein Abkommen gebeten. Wir haben das verhandelt, und ich bin froh, dass wir das Abkommen in Bagdad abschließen konnten.

Woraus genau besteht denn die Partnerschaft?

Zunächst geht es um das, was wir immer tun, nämlich junge Akademiker austauschen - und zwar auf allen Ebenen: angefangen mit Studienanfängern, dann aber vor allem in Richtung Hochschullehrer-Nachwuchs. Der Irak hat leider sehr viele seiner besten Leute durch die Wirren und durch ihre Flucht verloren. Vielleicht gelingt es, sie wieder zurückzuführen, aber auch neue Nachwuchskräfte zu qualifizieren. Das ist der Kern des Abkommens. Außerdem wollen wir, soweit die Sicherheitslage es zulässt – diesen Vorbehalt muss ich natürlich immer machen, es sah in Bagdad noch nicht so schrecklich ermutigend aus – zunehmend das Instrument der Hochschulpartnerschaft entwickeln. Wir wollen deutsche Hochschulen, die auch früher schon Kontakte mit irakischen Hochschulen hatten, wieder mit diesen in Verbindung bringen. Auf dieser Plattform kann dann vieles in Forschung und Lehre geschehen – vom Studentenaustausch bis zur wissenschaftlichen Kooperation.

Sie sprachen die Nachwuchsförderung für die Iraker an. Aber was erhofft sich denn der DAAD von dieser Kooperation?

Der DAAD handelt hier für seine Hochschulen. Was erhoffen sich die Hochschulen von der Kooperation? Das, was sie sich überall erhoffen: interessante wissenschaftliche Kontakte, Austausch sowohl für unsere Deutschen – es gibt durchaus Interesse auch von hier aus – wie aber auch für Iraker, die bei uns sind. Wir erhoffen uns das, wofür wir insgesamt stehen, nämlich eine weltumspannende wissenschaftliche Kooperation, die die jungen Eliten zusammenbringt und ihren Beitrag dazu leistet, dass die Welt insgesamt friedlicher wird – und dass das, was wir im Irak erlebt haben, vielleicht so nicht wieder passiert.

Nun ist eine deutsch-syrische Hochschulkooperation, an der der DAAD auch beteiligt war, im vergangenen Jahr gescheitert. Der DAAD hat sich aus der Förderung zurückgezogen. Welche Risiken sehen Sie denn bei der akademischen Partnerschaft mit dem Irak?

Das wäre jetzt ein eigenes Thema, warum das in Syrien mit dieser einen Initiative gescheitert ist und welche Lehre man daraus zu ziehen hat. Es handelte sich dabei übrigens um eine Privat-Hochschulinitiative, die eben leider nicht die Unterstützung der syrischen Regierung hatte.Mit der syrischen Regierung haben wir übrigens wieder sehr gute Beziehungen. Ein Risiko gibt es natürlich bei jeder Kooperation, aber ich würde es hier für begrenzt halten. Die Hauptrisiken, die es im Irak gibt, sind zweifellos Sicherheitsrisiken. Ich sage es mal im Klartext: Ich kann zurzeit niemanden unbefangen nach Bagdad schicken, um dort frisch, fromm, fröhlich, frei Wissenschaft zu betreiben. So ist die Situation leider nicht. Wir können nur hoffen, dass insgesamt eine Stabilisierung gelingt. Wir haben gerade wieder gehört, welche Rückschläge es auf diesem Weg gibt – wohingegen übrigens die Situation im Norden des Irak sehr viel entspannter aussieht. Da kann man gleich anfangen, und da geschieht auch schon Einiges. Aber diese Risiken bleiben. Ansonsten gibt es die normalen Risiken jeder akademischen Zusammenarbeit. Nicht jeder Traum geht in Erfüllung, mancher platzt auch, aber im Großen und Ganzen zeigt die Erfolgsgeschichte des DAAD, dass es sich lohnt, hier zu investieren.

Und woran wird der Erfolg dieser akademischen Partnerschaft gemessen?

Wir werden sehen, ob zunächst einmal das, was wir konkret vereinbart hatten, auch gelingt: dass wir etwa bis zu 100 junge Iraki jährlich auf verschiedensten Stufen, auch als Doktoranden, nach Deutschland holen, dass wir sie erfolgreich ausbilden. Der Erfolg ihrer Studien- und Forschungsarbeiten wird unser Erfolg sein. Natürlich möchten wir auch, dass sie zurückgehen und am Wiederaufbau ihres Landes arbeiten. Daran wird der wichtigste Erfolg unserer Arbeit zu messen sein. Das nächste wird dann sein, ob es uns gelingt, stabile Netzwerke zwischen deutschen und irakischen Hochschulen zu entwickeln, die dann auch selbst tragen und auf deren Plattform weiterer Austausch geschehen kann. Das sind zwei ziemlich ehrgeizige, aber erreichbare Ziele.

Dr. Christian Bode ist Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Bonn.

Das Interview führte Anne Allmeling