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Politik

Entsetzen nach Trumps Pressekonferenz

17. Februar 2017

Selbst einem "Fox News"-Moderator ist nun angesichts der Anti-Medien-Tiraden des US-Präsidenten der Kragen geplatzt. Nach Trumps außergewöhnlicher Pressekonferenz geht ein Aufschrei durch die internationale Presse.

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U.S. President Trump departs news conference at the White House in Washington
Bild: Reuters/K. Lamarque

Shepard Smith hat genug. Der Moderator des konservativen, Trump-freundlichen US-Senders "Fox News" fand nach der denkwürdigen Pressekonferenz von Donald Trump am Donnerstag deutliche Worte für die ununterbrochene Medienschelte des Präsidenten. "Es ist verrückt, was wir da jeden Tag sehen. Es ist komplett verrückt", schimpfte Smith. Trump wiederhole "alberne Behauptungen, die einfach nicht wahr sind, und weicht der Frage nach Russland aus. Als wären wir Trottel, wenn wir diese Fragen stellen." In dem Video des Live-Auftritts, das in den sozialen Netzwerken vielfach geteilt wird, spricht Smith dann direkt in die Kamera: "Nein, Sir, wir sind keine Deppen, wenn wir diese Fragen stellen. Wir fordern Sie auf, diese Frage zu beantworten. Das sind Sie dem amerikanischen Volk schuldig."

Smith ist bei weitem nicht der einzige Journalist, der nach den jüngsten Äußerungen des US-Präsidenten mit der Fassung ringt. CNN nannte die Pressekonferenz einen "unglaublichen Moment in der Geschichte". "Die Welt" kommentierte, Trumps Selbstenthüllungen seien "schockierend". Die italienische Tageszeitung "La Repubblica" schrieb, vor Trump habe noch kein Präsident die Medien "zum Feind Nummer eins ernannt". Der Auftritt könnte lustig sein, wenn er nicht so gruselig wäre, hieß es beim britischen "Guardian". Und "Spiegel Online" zweifelte gar die psychische Gesundheit des US-Präsidenten an. Auch Australiens Premierminister Malcolm Turnbull meldete sich zu Wort - und bemühte ein historisches Zitat. "Winston Churchill hat einmal gesagt: Politiker, die sich über Zeitungen beschweren, sind wie Seefahrer, die sich über das Meer beschweren," so Turnbull bei einem Besuch in Neuseeland.

Russland-Berichte nichts als "kriminelle Leaks"?

Eigentlich hatte Trump die Pressekonferenz einberufen lassen, weil er seinen neuen Kandidaten für das Arbeitsministerium bekannt geben wollte. Doch aus dem Auftritt wurde unter anderem eine erneute Kriegserklärung an die Medien. Diese verschwiegen den Erfolg der Regierung in Trumps ersten vier Amtswochen und seien "völlig außer Kontrolle". Trump sagte, er wende sich nun direkt an das amerikanische Volk, weil die Medien nicht die Wahrheit berichten wollten und würden.

Mit Blick auf die Russland-Affäre nannte der Präsident Enthüllungen in den US-Medien "Fake News". Er habe "nichts mit Russland zu tun", beteuerte Trump. Im Zuge der angeblich falschen Berichte werde seiner Ansicht nach das wahre Thema nicht in den Blick genommen. Dieses sei die illegale Weitergabe vertraulicher Informationen aus dem Weißen Haus."Das sind kriminelle Leaks", sagte Trump. Diese würden sehr streng verfolgt.

Die Zeitung "New York Times" hatte unter Berufung auf "vier derzeitige und frühere US-Behördenvertreter" berichtet, durch abgefangene Telefonate und Mitschnitte werde belegt, dass Mitglieder des Trump-Teams während des Wahlkampfs wiederholt mit russischen Geheimdienstmitarbeitern in Kontakt gestanden hätten. Wegen der Russland-Affäre musste bereits Trumps Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn seinen Posten räumen.

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Alternative Realitäten

Zwischendurch fragte ein CNN-Journalist, ob Trump nicht besorgt sei, dass er das Vertrauen der Menschen in die Presse und die Pressefreiheit untergrabe, wenn er jeden Bericht, der ihm nicht gefällt, als "Fake News" bezeichne.

Trump antwortete: "Sie gehören zu CNN. Ich meine, Geschichte um Geschichte um Geschichte über mich ist negativ. Ich habe gewonnen. Ich habe gewonnen."

Auch die allgemeine Berichterstattung über die vielen Probleme während seiner ersten vier Wochen im Amt strafte Trump ab. Von Chaos könne keine Rede sein, seine Regierung arbeite "wie eine fein justierte Maschine". Der Republikaner sagte, er habe Wahlversprechen gehalten und umgesetzt, vermutlich sei noch nie ein US-Präsident in so kurzer Zeit so erfolgreich gewesen wie er. Seine Umfragewerte seien sehr hoch, so der Präsident. In Wahrheit sind sie auf einem historischen Tiefstand.

hk/jj (dpa, afp, nyt)