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Weltzukunftsrat

31. Mai 2011

Eine nachhaltige, gerechte und friedlichen Zukunft ist möglich! Das meint Jakob von Uexküll, Gründer des World Future Council, des Weltzukunftsrates.

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WFC-Gründer Jakob von Uexküll (Foto: dpa)
Der Gründer des World Future Council: Jacob von UexküllBild: picture-alliance/dpa

Jakob von Uexküll ist der unverbesserliche Weltverbesserer schlechthin. Schuf er 1980 mit seinem "Right Livelihood Award" einen Alternativen Nobelpreis für Ökologie und Zivilcourage, so rief er vor vier Jahren den Weltzukunftsrat, den World Future Council, ins Leben. "Wir vom World Future Council setzen uns für ein nachhaltiges Denken und Handeln im Interesse zukünftiger Generationen ein. Wir informieren Politiker über zukunftsfähige Gesetze und beraten sie bei der Einführung dieser 'Best Policy'. Denn für die Probleme unserer Welt gibt es Lösungen", heißt es auf der Homepage des Rates. Der Rat besteht aus bis zu 50 Mitgliedern aus allen Kontinenten - viele davon sind im Laufe der Jahre mit dem Alternativen Nobelpreis, dem Right LIvelihood Award, ausgezeichnet worden. Jakob von Uexküll ist Gründer des Rates, der als gemeinnützige Stiftung über Spenden finanziert wird.

Die Mitglieder des Weltzukunftsrates (World Future Council) 2007 während der Gründungsveranstaltung in Hamburg (Foto: dpa)
Der Weltzukunftsrat (World Future Council) entwickelt HandlungsvorschlägeBild: picture alliance/dpa

DW-WORLD.DE: Herr von Uexküll, mit dem World Future Council, dem Weltzukunftsrat, haben Sie die Vision einer nachhaltigen, gerechten und friedlichen Zukunft vor Augen, in der die Menschen respektiert werden. Ist denn so etwas wirklich möglich?

Jakob von Uexküll: Möglich ist es schon, die Frage ist natürlich nur, zu welchen Rahmenbedingungen. Wir leben in einer Welt, wo immer mehr Menschen zu glauben scheinen, dass man die Naturgesetze einfach aufheben und ändern kann, dass alles so weiter gehen kann wie bisher. Das sind ja keine rein ökonomischen Grenzen, es geht dann wirklich um Naturgrenzen: Ressourcengrenzen. Das heißt also, um ein ganz klares Beispiel zu geben: Wenn wir den Klimawandel nicht eindämmen können, und der Meeresspiegel steigt, dann müssen dieselben Arbeiter, die sonst Wohnungen und Häuser bauten für die nächste Generation, die müssen dann mit demselben Zement Schutzwälle gegen das steigende Wasser bauen. Wir müssen sagen, natürlich müssen wir gerechter leben, denn zu glauben, wir könnten einfach auf Kosten der armen Menschen einfach so weiterleben, während sie jetzt von Dürre und Naturkatastrophen mehr und mehr betroffen werden, das geht natürlich nicht. Dann werden die Zigmillionen Umweltflüchtlinge aus armen Ländern - besonders aus Afrika - uns überfluten. Wir werden diese Flüchtlinge nicht aufhalten können.

Nun haben wir ja im Moment eine globale Wirtschaftsordnung, die offensichtlich auf dem Prinzip "Survival of the fittest" basiert...

David Suzuki (l.) erhält den Honorary Right Livelihood Award, bekannt als 'Alternativer Nobelpreis', aus Händen von Jakob von Uexküll (Foto: dpa)
Jakob von Uexküll überreicht den Alternativen Nobelpreis an den Umweltaktivisten David SuzukiBild: picture-alliance/dpa

Wir haben jetzt ein paar Jahrzehnte lang Regeln, die den Egoismus fördern. Regeln, die also das Gegenteil von Gemeinschaft und Gerechtigkeit fördern. Die sagen, erst kommt der Profit, erst kommt das Wirtschaftswachstum, erst kommt der Egoismus und das war immer möglich, weil man sagte, das Wachstum wird dafür sorgen, dass in Zukunft alle so leben können wie wir. Jetzt wissen wir, dass das nicht der Fall ist. Jetzt kommt das, was die Engländer "Global Peak Everything" nennen. Das wird nicht erst unsere Enkel betreffen, das wird uns betreffen. Das Pentagon sagt, die globale Energiekrise kommt schon in den nächsten fünf Jahren und da werden wir gezwungen sein, uns anzupassen. Da werden wir gezwungen sein, gerechter zu leben und mitmenschlicher mit anderen Menschen umzugehen. Also wir haben gar keine Wahl, als die Menschenrechte zu respektieren.

Kann man sagen, dass eine gesunde Gesellschaft bestimmte Werte hat?

Es heißt ja oft, es gibt diese westlichen und östlichen Werte und linke und grüne und konservative Werte. Aber es gibt einen Wert, der alle Menschen eint. Wenn man Menschen in vielen Ländern fragt, dann werden sie alle sagen, sie möchten ihren Kindern eine bessere Welt übergeben, wenigstens keine in schlechterem Zustand. Also, das ist etwas, was uns vereint.

Es gibt sicherlich auch andere Werte, aber dieser Wert ist der, auf den meine Arbeit baut. Jetzt kann man natürlich trotzdem sagen, wie Werte interpretiert werden ist in verschiedenen Gesellschaften unterschiedlich. Wir wollen ja keine homogene Welt, in der alles gleichgemacht wird. Aber dieses Grundpostulat, dass wir kein Recht haben, die Welt, die Zukunft, für unsere eigene Bequemlichkeit zu opfern, das ist für alle Menschen da.

Die Menschenrechte müssten auch für alle gelten?

Deswegen müssen wir natürlich sehen: Was heißt denn Menschenrecht, was heißt denn Gerechtigkeit? Was brauchen wir denn zum Leben? Ohne Wasser können wir, das wissen wir genau, keinen Tag überleben und das Wasser wird immer knapper. Deshalb müssen wir natürlich dafür sorgen, dass es ein Recht auf Wasser gibt, ein Grundrecht auf Wasser. Es muss ein Grundrecht auf Nahrung geben und da kommt es oft auf die richtigen Rahmenbedingungen an. Ich hab ja beim Weltzukunftsrat auch einen Preis gegründet, den 'Future Policy Award', einen Preis für die besten Gesetze. Wir haben in der brasilianischen Stadt Belo Horizonte ein Paketbündel von Gesetzen gefunden, die dafür sorgen, dass dort jeder Mensch jeden Tag das Recht auf eine gesunde Mahlzeit hat. Das kostet zwei Prozent des städtischen Haushalts. Seit der Einführung dieses Gesetzes hat sich dort die Kindersterblichkeit um 60 Prozent reduziert! Da muss man sich nicht überlegen, wie viele Hilfsprogramme man bräuchte, um so einen Erfolg zu haben. Also ich glaube, dieser Kampf für menschengerechte Rahmenbedingungen ist jetzt das Allerwichtigste.

Interview: Christine Harjes
Redaktion: Helle Jeppesen