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Es bleibt noch viel zu tun

11. Oktober 2002

- Lettland nach den Parlamentswahlen

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Riga, 10.-16.10, 2002, THE BALTIC TIMES, engl.

Einars Repses Wahlsieg scheint den Optimismus der Wähler wieder erweckt zu haben, wenn auch nicht in dem Maße, wie vorausgesagt worden war. In der Tat - die meisten derer, die für seine flügge gewordene Partei Neue Ära von professionellen Nicht-Politikern stimmten, taten dies, um ihrer Abneigung gegenüber der derzeitigen regierenden Elite Ausdruck zu verleihen, die sie für korrupt und selbstgefällig halten.

Wie ein kluger Beobachter meinte, tendieren die Letten dazu, gegen Personen zu stimmen und nicht für sie. Die Partei Lettlands Weg hat, nachdem sie das Land der NATO und der Europäischen Union näher gebracht hat, gelernt, wie hart der Weg sein kann, denn die Wähler haben sie schadenfroh aus dem Parlament geworfen.

Bisher hat Repse die Wähler eher ermutigt als entmutigt. Natürlich ist es noch etwas früh, und die Frage der Stabilität der Regierung Repse bereitet uns viele Sorgen. Aber sein Bestehen darauf, sämtliche Koalitionsgespräche öffentlich zu führen ist beeindruckend und lässt annehmen, dass er es mit der Transparenz der Regierung ernst meint.

Und sein Versprechen, die Richtung des Landes - hin zum Liberalismus, zu offenen Märkten, zur EU und zur NATO - ist ebenfalls willkommen, obwohl wir gespannt sind, ob er sein Versprechen halten kann, wenn er sich ganz von den Politikern abwendet, die das Land bisher geführt haben.

Und hier liegt der Haken. Repses Bestehen auf ein "nicht-traditionelles" Kabinett, in der er die Minister auswählt ohne eine formelle Koalitionsvereinbarung zwischen den Parteien scheint zumindest naiv, wenn nicht gefährlich zu sein.

Politische Parteien gibt es, um die politische Macht zu konsolidieren. Wir bezweifeln, dass damit gerechnet werden kann, dass sie unter alles, das Repse will, ihren Stempel setzen ohne dafür einen Teil der Macht versprochen zu bekommen.

Politiker-Neulinge als Minister sind o.k. und für das Aufräumen in korrupten, schlecht geführten Ministerien wie dem Justiz- und dem Innenministerium gerade richtig. Aber für das Außen- und das Verteidigungsministerium sind solche mit Erfahrung besser geeignet.

Repses Bestehen auf den Ausschluss der Volkspartei scheint eine weitere Gefahr für die Stabilität der Regierung zu sein. Obwohl ideologisch anders ausgerichtet, gewann die Partei 21 Sitze und nahezu 17 Prozent der Stimmen und ist von Repses Zahlen 26 und 24 Prozent gar nicht so weit entfernt. Ihr Anspruch auf ein Regierungsmandat ist also stark.

Sicherlich ist der Volkspartei als Regierungsveteran teilweise die Schuld am schlechten Ansehen ihrer Führung bei den Wählern zu geben. Während aber die Neulinge sich zu ihrer Aversion gegenüber Andris Skele (Vorsitzender der Volkspartei -- MD) bekennen, den sie als einen von Lettlands Oligarchen bezeichnen, scheinen sie gern mit den Grünen und der Bauernunion gemeinsame Sache zu machen, einem Bündnis, das eine zynische Anti-EU-Kampagne betrieb und Repses EU-Standpunkt widerspricht und von dem es immer wieder heißt, es sei von einem Mann gegründet worden, den viele für einen weiteren Erz-Oligarchen Lettlands halten - dem Bürgermeister von Ventspils Aivars Lembergs.

Auf diesem Wege befand sich Lettland schon einmal. Nachdem Skeles Volkspartei 1998 bei Meinungsumfragen am besten abgeschnitten hatte, wurde sie aus Rache von der Macht von einer Minderheitsregierung ferngehalten, die sich nur acht Monate halten konnte.

Die Letten haben deutlich zu verstehen gegeben, dass sie sich eine Regierung wünschen, die länger hält. (TS)