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Es ändert sich nichts

26. April 2004

- Parteipolitische Spiele um das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Polen

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Warschau, 25.4.2004, TYGODNIK POWSZECHNY, poln.

Der Rücktritt des Vorsitzenden des Polnischen Fernsehens (TVP) Robert Kwiatkowski sollte die Zeit des kommerziellen und politisch tendenziösen öffentlich-rechtlichen Fernsehens beenden. Die Ernennung von Jan Dworak zum neuen Vorsitzenden hingegen sollte das öffentlich-rechtliche Fernsehen in ein objektives und intellektuelles Medium umwandeln, das sogar Unterhaltung mit Klasse präsentieren sollte.

Alles sollte doch so schön werden, aber vieles deutet darauf hin, dass es auch diesmal nicht gelingen wird. (...)

Unter den Mitgliedern des neuen Vorstandes des Polnischen Fernsehens kann man ausschließlich solche Personen finden, die schon frührer mit dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbunden waren. Drei von den insgesamt fünf neugewählten Mitgliedern des Vorstandes gehörten schon zu den Prominenten des Fernsehens unter der Leitung von Robert Kwiatkowski. Aus diesem Kreis stammt auch Ryszard Paclawski, der jetzt für das Programm des Fernsehens verantwortlich ist, d.h. zum Programmdirektor ernannt wurde, und früher der Leiter des Dritten Programms des TVP war. Zu seinen besten Sendungen gehörte die direkte Übertragung der Sejmdebatten. (...)

Jan Dworak wollte diesen Kandidaten, der vorher mit ihm um seinen eigenen Posten konkurrierten, zwar nicht im Vorstand haben, aber es war völlig klar, dass die Linken nach der überraschenden Wahl von Jan Dworak, der ein Mitglied der oppositionellen Partei Bürgerplattform (PO) ist, nicht bereit sind, den Posten des Programmdirektors an die Rechten abzugeben. (...)

Die von der linken Partei Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) stammende Vorsitzende des Aufsichtsrates des Polnischen Fernsehens, Danuta Waniek, sagte direkt nach der Abstimmung: "Solch eine Zusammensetzung des Vorstandes entsprach von Anfang an meinen Wünschen". Die Ergebnisse dieser Abstimmung kommentierte jedoch am besten ein ehemaliges Mitglied dieses Gremiums, Andrzej Zarebski, der sagte: "Die Ernennung von Jan Dworak hat sich zwar dem politischen Kalkül entzogen, aber bei der Zusammensetzung des Vorstandes wurde der alte "Parteischlüssel" angewandt".

Wenn man die Änderungen beim TVP dem Prinzip unterzuordnen versuchte: Das Fernsehen dem Einflussbereich der Linken zu entziehen und ihn dann keiner anderen Partei zuzuordnen, würde sich herausstellen, dass das zweite Ziel eine völlige Utopie ist. Aber vielleicht sollte man zumindest versuchen, das erste Ziel zu erreichen.

Der Einfluss vieler Parteien in dem Aufsichtsrat des Fernsehens wurde bereits sowohl von den Linken als auch von den Rechten akzeptiert. (...) Die Parteien haben dann die Mitgliedskandidaten für weitere Gremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten vorgeschlagen. Eine Meldung der Polnischen Presseagentur PAP vor einigen Tagen lautete: "Jan Dworak schließt einen öffentlichen Wettbewerb um die Führungsposten innerhalb des Fernsehens nicht aus". Er schließt nicht aus, anstatt dies anzukündigen?

Aus den Aussagen des Vorsitzenden konnte man dann ableiten, dass er selbst ein Befürworter des offenen Wettbewerbs sei, aber er wisse nicht, ob auch die Regierung dieselbe Auffassung vertritt.

Daraus lässt sich also schließen, dass der Vorsitzende des Polnischen Fernsehens zwar das erste, aber im Endeffekt doch nur ein Mitglied unter anderen gleichgestellten Mitgliedern des Vorstandes ist. (...)

Auf diese Weise werden wir im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, anstatt einer völlig apolitischen eine partei-pluralistische Medienanstalt haben, in der jedoch die alte Partei-Konstellation überwiegt. Anstatt eines Fernsehens mit zwei "linken Schuhen" werden wir jetzt ein Fernsehen mit einem linken und einem rechten Schuh haben, die aber nicht zueinander passen.

Was wird aber der Zuschauer von alldem haben? Einen Sprecher der Zuschauerrechte, ein neu gegründetes Amt! Aus den Informationen des Pressesprechers des Polnischen Fernsehens geht hervor, dass der neu ernannte Sprecher der Zuschauerrechte schon bald die Interessen der Zuschauer vertreten wird. (...) (sta)