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Nur noch Formsache

14. Juli 2009

Die Wahl war reine Formsache: Der konservative polnische Politiker Jerzy Buzek ist neuer Präsident des EU-Parlaments. Was ihn für das Amt perfekt macht: Buzek gilt als kompromissbereit.

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Jerzy Buzek (Foto: dpa)
Schon heute einer der wichtigsten Politiker Polens: Jerzy BuzekBild: picture-alliance/dpa
Der liberal-konservative Jerzy Buzek gilt als Mann des Ausgleichs. Der ehemalige Chemieprofessor war einer der führenden Köpfe der ersten unabhängigen Gewerkschaft des Ostblocks, der Freiheitsbewegung Solidarnosc und organisierte deren ersten Landeskongress 1981. Nach der vorläufigen Zerschlagung der Demokratie-Bewegung war er einige Jahre im Untergrund aktiv. Nach der Wende organisierte er schließlich wieder Solidarnosc-Kongresse. Bis zur Parlamentswahl 1997. Buzek wurde Premierminister. Seine von 1997 bis 2001 amtierende Regierung war die bis dahin stabilste Nach-Wende-Regierung, Buzek boxte vier große Reformen durch. Allerdings endete seine Amtszeit katastrophal: seine Partei landete unter der Fünf-Prozent-Hürde und zog nicht wieder ins Parlament ein.

Kompetent, fleißig, kompromissbereit

Lech Walesa, Solidarnosc-Chef Marian Krzaklewski und Jerzy Buzek (R) im August 2000 (Foto: dpa)
Mit Lech Walesa (l.) war Jerzy Buzek (r.) bei der Gewerkschaft Solidarnosc aktivBild: picture-alliance / dpa

Buzek ging zurück an die Hochschule. 2004 feierte er schließlich seine Rückkehr in die Politik: Mit seinem Einzug als Parlamentarier ins Europäische Parlament. Dort agierte er während der letzten Legislaturperiode eher im Hintergrund, war Mitglied im Ausschuss Industrie, Forschung und Energie. Parteiübergreifend gilt Buzek als kompetent, fleißig und kompromissbereit, sagt der CDU-Europapolitiker Elmar Brok. "Er hat sich immer um Ausgleich bemüht - und der Parlamentspräsident repräsentiert das Parlament. Er steht nicht im Zentrum der politischen Auseinandersetzung, er muss bei Staats- und Regierungschefs angesehen sein und ich glaube, das verkörpert Herr Buzek sehr gut."

In seinem Heimatland zählt der 69 Jahre alte Konservative schon jetzt zu den wichtigsten Politikern. Er wurde 1940 im Gebiet um die heutige polnisch-tschechische Grenzstadt Teschen geboren, bis heute eine lutherische Enklave. Das erklärt auch, warum Buzek im sonst überwiegend katholischen Polen der evangelischen Kirche angehört. In Gleiwitz studierte er an der Fakultät für Energiewirtschaft und durfte zu Beginn der 70er Jahre, lange bevor er zum Regimekritiker wurde, zu einem Stipendienaufenthalt nach Cambridge fahren.

Mehr als eine Personalie

Schon früh träumte er einen Traum: Irgendwann einmal wollte er Abgeordneter in einem freien Polen sein. Diesen Traum konnte er bereits in den letzten fünf Jahren verwirklichen. Jetzt kann er auch als erster Osteuropäer an der Spitze des EU-Parlaments Maßstäbe setzen. Wie, davon hat der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok schon eine klare Vorstellung: "Herr Buzek wird die neuen Mitgliedsstaaten ins Zentrum des europäischen Interesses rücken und das dient Polen, das dient aber auch den anderen neuen Mitgliedsländern." Für das Parlament sei die Entscheidung für Buzek mehr gewesen als eine gewöhnliche Personalie, sagt Brok. "Das ist ein politisches Signal, diesen neuen Mitgliedsstaaten auch im Parlament zu zeigen: ihr seid voll akzeptiert, ihr seid gleichwertig, ihr habt das Recht, den Parlamentspräsidenten zu stellen."

Zweieinhalb Jahre hat Buzek jetzt Zeit, seine europäischen Visionen zu verwirklichen. Wie schon in der Vergangenheit haben sich die Konservativen mit den Sozialdemokraten darauf geeinigt, dass ihr Kandidat nach der Hälfte der Amtszeit, zurücktritt und dann ein Sozialist zum Präsidenten gewählt wird. Als Favorit gilt derzeit der SPD-Politiker Martin Schulz.

Autorin: Anja Fähnle

Redaktion: Manfred Götzke