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Erster Besuch für Ai Weiwei

16. Mai 2011

Seit mittlerweile sechs Wochen wird der regimekritische chinesische Künstler Ai Weiwei an einem unbekannten Ort festgehalten. Jetzt durfte seine Ehefrau ihn zum ersten Mal kurz besuchen.

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Der Künstler Ai Weiwei (Foto: AP)
Zum ersten Mal seit sechs Wochen gibt es ein Lebenszeichen von Ai WeiweiBild: dapd

Alles ging ganz schnell: Am Sonntagnachmittag erhielt Lu Qing die Aufforderung, zur Polizeistation zu kommen, wie am Montag (16.05.2011) bekannt wurde. Dort angekommen, wurde die Ehefrau des inhaftierten Künstlers Ai Weiwei in einem Fahrzeug überraschend zu einem Treffen mit ihrem Mann gefahren - irgendwo in Peking. Seit Wochen hatte Lu Qing auf diesen Moment gewartet, hatte die chinesischen Behörden immer wieder um eine Besuchserlaubnis gebeten.

Wenig konkrete Informationen, viele Vermutungen

Lu Qing, die Ehefrau Ai Weiweis (Foto: AP)
Lu Qing hatte vor dem Besuch wochenlang dafür gekämpft, ihren Mann sehen zu dürfenBild: AP

Viel Zeit blieb allerdings nicht für das Wiedersehen. Und auch thematisch gab es strikte Vorgaben – so durften Ai und seine Frau nur über persönliche Dinge sprechen. Lu Qing selbst nimmt nach Aussagen des Menschenrechtsanwalts und Ai-Vertrauten, Liu Xiaoyuan, zurzeit keine Presseanfragen entgegen. Zu den Gründen äußerte der Jurist sich nicht. Auch wo genau das Treffen zwischen den Eheleuten stattfand, ist nicht bekannt. "Der Ort, an dem Lu Qing ihren Mann gesehen hat, war kein Gefängnis. Sie sagte, dass Ai Weiwei nicht in Handschellen ankam und keine Uniform der Haftanstalt trug", berichtet Anwalt Liu nach einem Treffen mit der Ehefrau des Künstlers gegenüber der DW-China-Redaktion. Ai habe psychisch stabil gewirkt, und er gehe daher davon aus, dass der Gefangene nicht gefoltert oder misshandelt worden sei.

Gesundheitlich allerdings gehe es Ai Weiwei nicht besonders gut, sagte Liu Xiaoyuan. "Er leidet an zu hohem Blutdruck. Er sagt aber auch, dass sein Blutdruck oft gemessen werde und er Medikamente bekomme." Nach eigenen Angaben könne er auch spazieren gehen. "Daher nehme ich an, dass es sich vielleicht um eine Art überwachten Aufenthalt handeln könnte."

Flugblätter mit der Aufschrift "Free Ai Weiwei" vor der Londoner Tate Modern (Foto: DW)
"Free Ai Weiwei" - Mit dieser Flugblattaktion an der Londonder Tate Modern wollten chinesische Künstler auf das Schicksal Ai Weiweis hinweisenBild: DW/Z. Qin

"Endlich!"

Ying Gao, die Mutter des inhaftierten Künstlers, zeigte sich nach dem Besuch von dessen Ehefrau vor allem erleichtert. "Endlich hat sie ihn gesehen. Auch wenn sie kaum mit ihm reden konnte: Wir freuen uns so!" Weiter gab sie im Gespräch mit der China-Redaktion der Deutschen Welle an, Ai selbst sei bei dem Treffen sehr aufgeregt gewesen. "Vor allem um meine Gesundheit hat er sich Sorgen gemacht. Lu Qing wollte ihn beruhigen und sagte, es gehe mir gut. Aber er kennt mich und weiß, dass das gelogen ist." Unklar ist, ob Ai über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert ist oder nicht. Offiziell werden ihm "Wirtschaftsverbrechen" unterstellt.

Internationaler Aufschrei

Der international bekannte Künstler war am 3. April am Pekinger Flughafen festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht worden. Er ist das wohl prominenteste Beispiel für eine regelrechte Repressionswelle, mit der die chinesische Führung derzeit gegen kritische Intellektuelle und Künstler vorgeht. Ais Verschwinden hatte international Empörung hervorgerufen. Weltweit kam es in den Wochen danach immer wieder zu Demonstrationen für seine Freilassung.

Autorin: Esther Felden
Redaktion: Ana Lehmann