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Erschlagen vom Windrad

Brigitte Osterath / Judith Hartl3. März 2015

Nicht jeder mag sie, faszinierend sind Fledermäuse allemal. Einige Arten sind stark bedroht. Schuld daran: Die intensive Landwirtschaft und zu einem großen Teil auch Windräder, an denen die Tiere kläglich zerschellen.

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Fledermaus Tier (Foto: dpa).
Bild: Fotolia/Valeriy Kirsanov

Fledermaus-Retterin

Sie sehen friedlich und behäbig aus, die großen Flügel, die sich im Wind drehen. Aber das sind sie nicht: Für Tiere, die dort vorbeifliegen, kann die Begegnung mit einem Windrad tödlich enden.

"An der Flügelspitze bewegen sich die Rotoren mit knapp über 300 Stundenkilometern", sagt Biologe Oliver Behr von der Universität Erlangen-Nürnberg. "Insofern ist es nicht überraschend, dass Tiere davon erschlagen werden, weil sie die Gefahr nicht einschätzen können."

Wie viele sind es denn nun?

Betroffen sind vor allem Fledermäuse und Vögel. Wie viele Tiere zerschreddert werden, weiß niemand genau. Denn verlässliche Studien dazu sind sehr aufwändig oder fehlerbehaftet. Ein gelegentliches Zählen von Kadavern an Windrädern reicht nicht aus: Erschlagene Tiere fallen oft in hohes Gras und sind schwer zu finden. Außerdem wissen viele Aasfresser die frisch gestorbenen Tiere zu schätzen und schaffen die Kadaver sofort weg.

Was man weiß: Viele Fledermäuse, die in Deutschland unter Naturschutz stehen und in ihrem Bestand stark bedroht sind, kollidieren mit Windrädern: Darunter die Mopsfledermaus, die Große und Kleine Hufeisennase und der Große Abendsegler.

Forscher um Oliver Behr und um Michael Reich von der Leibniz-Universität Hannover haben versucht, eine genaue Opferzahl zu ermitteln. Sie haben in fünf Bundesländern insgesamt 78 Windkraftanlagen eingehend untersucht. Das Ergebnis: Im Schnitt kommen pro Anlage und Jahr zehn bis zwölf Fledermäuse ums Leben.

Hochgerechnet käme man bei knapp 25.000 Windkraftanlagen auf eine viertel Million tote Fledermäuse pro Jahr, sagt Behr: "Wissenschaftlich darf man das aber nicht machen, solche Zahlen sind hoch spekulativ!" Um genaue Aussagen für ganz Deutschland zu treffen, müsste man eine größere Stichprobe untersuchen.

Abschalten, um Fledermäuse zu schützen

Als Kompromiss zwischen Naturschützern und Windparkbetreiber schlagen die Forscher vor, die Anlagen einfach zu den Zeiten abzuschalten, in denen besonders viele Fledermäuse unterwegs sind. Denn das ist meist dann, wenn eh wenig Wind weht und die Anlagen daher kaum Strom produzieren.

"Die Kosten liegen nach unseren bisherigen Erfahrungen in aller Regel unter einem Prozent des Jahresertrags, wenn ich maximal zwei tote Fledermäuse pro Jahr und Anlage in Kauf nehmen will", sagt Behr.

Windkraftanlagenhersteller bieten programmierbare Steuerungen an, die zu den gewünschten Zeiten die Anlagen automatisch abschalten. Michael Reich warnt allerdings, dass das eine Prozent manchmal entscheidend sein könne. "Es gibt Standorte, die nah an der Wirtschaftlichkeitsgrenze laufen."

Technische Lösungen unbefriedigend

Es gibt auch anders konstruierte Windräder, deren Design verhindert, dass Kollisionen überhaupt geschehen. Sie haben keine drehenden Flügel, sondern Körper, die sich um sich selbst drehen. Oder die Flügel sind ständig senkrecht zum Boden angeordnet. Diese Anlagen sind aber nicht so effizient und haben sich am Markt bislang nicht durchgesetzt. Diese Designs findet man nur bei Kleinwindkraftanlagen.

In den USA forscht die Bat Conservation International außerdem daran, Fledermäuse durch für sie unangenehme Ultraschallsignale von den Rotoren zu vergrämen. "Das klingt erst mal sehr attraktiv, aber ich bin sehr skeptisch", sagt Oliver Behr. Die bisherigen Ergebnisse stimmten wenig zuversichtlich.

Manchmal machten solche Signale die Tiere erst mal neugierig und lockten sie sogar an, was die Lage noch verschlimmert, erläutert Behr. "Dabei wäre es so schön, eine einfache technische Lösung für das Problem zu haben."