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Erneuerbare Energien für das Reich der Mitte

10. August 2010

China ist nicht nur Exportweltmeister. Produziert wird auch jede Menge CO2 – mehr als in jedem anderen Land der Welt. Aber: China verfolgt seit einigen Jahren auch ehrgeizige Pläne im Bereich der erneuerbaren Energien.

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Chinesische Arbeiter vor einem Windenergiepark in der Provinz Gansu (Foto:ap)
Chinesische Arbeiter vor einem Windenergiepark in der Provinz GansuBild: AP

Der Tag ist noch jung in Baoding, einer Zehn-Millionen-Stadt rund 150 Kilometer südwestlich von Peking. Die 6.000 Mitarbeiter der Yingli Solar machen sich mit Morgengymnastik fit für den Tag – und werden zugleich eingeschworen auf die Revolution – die Energierevolution: "Grüne Energie - großer Fortschritt" rufen sie im Chor.

Eingeholter Pionier

Yingli-Bandenwerbung während der Fußball-WM (Foto:ap)
Prominent machte Yingli während der Fußball-WM in Südafrika auf sich aufmerksamBild: AP

Fußballfans kennen den Namen Yingli vielleicht noch von der FIFA-Fußball-WM in Südafrika. Da tauchte der Namen von Chinas zweitgrößtem Hersteller von Solarmodulen in der Bandenwerbung auf. Keine andere chinesische Firma hatte je zuvor auf diese Weise geworben. Gegründet wurde Yingli 1992 vom heutigen Vorstandschef Miao Liansheng. Sein Leitgedanke ist noch immer derselbe: "Erneuerbare Energien sind immer vorhanden, aber die Vorräte an fossilen Brennstoffen sind nahezu erschöpft. Wir müssen unseren Kindern einige Ressourcen übrig lassen!", sagt der Pionier von einst, der inzwischen vom Mainstream eingeholt wurde. Nach drei Jahrzehnten einer beispiellosen wirtschaftlichen Aufholjagd ohne Rücksicht auf die Umwelt setzt China vermehrt auf erneuerbare Energien.

Verdoppelte Windkraft - verdoppelte Investitionen

Das unterstreicht auch Ma Xuelu: "Chinas Industrie im Bereich der erneuerbaren Energien entwickelt sich sehr schnell", sagt der Direktor von Chinas Gesellschaft für erneuerbare Energien. Allein die Kapazitäten zur Erzeugung von Windenergie verdoppelten sich jedes Jahr. "Zurzeit sind in China Windkraftanlagen mit einer Kapazität von 20 Gigawatt installiert. Nirgendwo sonst wurde im Jahr 2009 mehr Windkraft installiert als in China."

Die weltweit größten Hersteller von Solarmodulen kommen aus China (Foto:DW)
Auch die weltweit größten Hersteller von Solarmodulen kommen aus ChinaBild: DW

Mit 35 Milliarden US-Dollar hat China im vergangenen Jahr fast doppelt so viel in erneuerbare Energien investiert wie die USA. Die Gründe für Chinas Engagement sind einfach: China will die Abhängigkeit von ausländischen Gas- und Öllieferungen verringern. China sieht die Chance, bei einer Zukunftstechnologie von Anfang an eine führende Stellung einzunehmen. Und China erkennt die Grenzen der Nutzung der Kohle.

"Kohle ist Chinas wichtigste Energiequelle. Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas basiert auf Kohle", erklärt Zheng Fangneng vom Technologieministerium. "Im Jahr 2008 hat Kohle 69 Prozent von Chinas Energieverbrauch abgedeckt. Und Chinas Kohleverbrauch macht 38 Prozent des globalen Verbrauchs aus." Mit verheerenden Folgen für die Umwelt. China hat mittlerweile den Spitzenplatz beim Kohlendioxid-Ausstoß inne. 16 der 20 Städte mit der schlechtesten Luft weltweit liegen in China.

Windkraft, Sonne - und Atomstrom

Chinesisches Atomkraftwerk in Shenzhen (Foto:ap)
Erneuerbare Energie? Chinesisches Atomkraftwerk in ShenzhenBild: AP

Die Umweltkatastrophe ist auch im Bewusstsein der Pekinger Führung angekommen. Auf dem 17. Parteitag der Kommunistischen Partei im Oktober 2007 war umweltverträgliches Wirtschaftswachstum eines der fünf Schwerpunktthemen. Und die Regierung hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt, erklärt Ma Xuelu. 2020 solle der Anteil der erneuerbaren Energien 15 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausmachen. Einen kleinen haken hat die Sache aber doch: China zählt auch die Kernenergie zu den erneuerbaren Energien. Und so wird auch hier kräftig investiert. Elf Reaktoren sind bereits in Betrieb, zwölf weitere im Bau. Eine öffentliche Diskussion über Fragen der Sicherheit und der Endlagerung findet jedoch nicht statt.

Autor: Matthias von Hein
Redaktion: Thomas Latschan