1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Thalys-Schütze unter Terror-Verdacht

22. August 2015

Nach dem Attentat auf einen Schnellzug von Amsterdam nach Paris ermittelt die französische Staatsanwaltschaft wegen eines islamistischen Hintergrunds. Gefeiert werden die Männer, die das Attentat verhinderten.

https://p.dw.com/p/1GK05
Frankreich Angriff in Thalys Amsterdam Paris - Auszeichnung (Foto: Getty Images)
Drei der Helden: Anthony Sadler, Alek Skarlatos und Chris Norman (v.l.)Bild: Getty Images/AFP

Der Verdächtige wird inzwischen von Anti-Terror-Ermittlern in Paris befragt. Auch die belgische Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen Terrorismusverdachts ein, da der Mann am Freitagnachmittag in Brüssel zugestiegen war. Die drei US-Bürger, die durch ihr Eingreifen offenbar ein Blutbad verhinderten, wurden als Helden gefeiert. Ihrer Courage und Beherrschung habe man viel zu verdanken, sagte der französische Innenminister Bernard Cazeneuve.

Bei dem mutmaßlichen Angreifer handelt es sich nach ersten Erkenntnissen um einen 25-jährihgen Marokkaner. Den französischen und spanischen Behörden war er als radikaler Islamist bekannt. Nach Angaben der spanischen Ermittler lebte er bis 2014 in Andalusien, dann sei er über Frankreich ins Bürgerkriegsland Syrien gereist. Am 10. Mai hielt er sich nach Erkenntnissen der französischen Behörden in Berlin auf. Von hier aus sei er in die Türkei geflogen, nach seiner Rückkehr habe er dann in Belgien gewohnt.

Von US-Soldaten überwältigt

Aus französischen Polizeikreisen verlautete, der Mann habe in einer ersten Vernehmung ein terroristisches Motiv bestritten, die Ermittler aber nicht überzeugt. Die belgische Regierung kündigte am Samstag an, umgehend die französisch-belgischen Patrouillen in den Thalys-Zügen sowie in den internationalen Bahnhöfen zu verstärken.

Der Angreifer war mit einer Kalaschnikow, einer Pistole und einem Teppichmesser bewaffnet. Frankreichs Innenminister Cazeneuve sagte, als der Täter mit dem Schnellfeuergewehr über der Schulter die Zugtoilette verließ, habe zunächst ein französischer Passagier ihn aufzuhalten versucht. Der Angreifer habe dabei mehrere Schüsse abgegeben, wobei einer einen Passagier getroffen habe. Anschließend überwältigten zwei US-Soldaten und ein befreundeter Student den Angreifer.

Obama und Hollande bedanken sich

Ein 62-jähriger Brite half dabei, den Angreifer zu überwältigen. "Ich weiß nicht, wieso er nicht schoss, aber ich glaube, seine Waffe klemmte", sagte Chris Norman, der den Arm des Schützen festhielt, als dieser am Boden lag. "Ich fühle mich nicht wie ein Held. Wäre Spencer nicht gewesen, wären wir wohl alle gestorben."

Neben Stone wurde ein Mann französisch-amerikanischer Staatsbürgerschaft mit einer Schussverletzung an der Schulter in Lille behandelt. Beide schweben nicht in Lebensgefahr. Cazeneuve lobte die US-Bürger für ihre "Kaltblütigkeit". Auch US-Präsident Barack Obama dankte ihnen für ihren Mut und ihre schnelle Reaktion. "Ihre heldenhafte Tat hat möglicherweise eine viel schlimmere Tragödie verhindert." Frankreichs Präsident François Hollande will den Männern in den kommenden Tagen im Elysée-Palast persönlich danken.

Frankreich seit Monaten Ziel von Terroranschlägen

An Bord des Thalys saß auch der französische Schauspieler Jean-Hugues Anglade. Der 60-Jährige erhob schwere Vorwürfe gegen das Bahnpersonal. Mehrere Mitarbeiter hätten sich in einem speziellen Abteil verschanzt und die übrigen Passagiere ausgesperrt, sagte Anglade dem Magazin "Paris Match". "Wir haben geschrien, dass uns das Personal hineinlassen solle". Doch niemand habe reagiert. Die Thalys-Geschäftsführung wies die Anschuldigungen zurück. Der Chef der französischen Staatsbahn SNCF, Guillaume Pepy, kündigte an, er werde sich in den kommenden Tagen mit Anglade treffen, um die Vorkommnisse in Ruhe zu diskutieren.

Frankreich war in den vergangenen Monaten wiederholt Ziel von Terroranschlägen oder -plänen mit islamistischem Hintergrund. Im Januar schockierten die blutigen Attacken auf die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" und einen jüdischen Supermarkt das Land. In der Region Paris gilt die höchste Terrorwarnstufe.

gmf/ml (afp, dpa)