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Ermittlungen im Haifischbecken

21. November 2003

Die Welle der Skandale an der Wall Street ebbt nicht ab. Ins Fadenkreuz der Ermittler sind nach Fonds-Managern jetzt auch Devisenhändler geraten.

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Erläutert den Schlag gegen kriminelle Wall-Street-Banker: Staatsanwalt James ComeyBild: AP

Seit Monaten ermittelt der New Yorker Staatsanwalt Elliott Spitzer gegen US-Fonds wegen verbotener Handelspraktiken. Jetzt sind seinem Kollegen James Comey mehr als drei Dutzend New Yorker Devisenhändler ins Netz gegangen - darunter auch Mitarbeiter der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, einer US-Tochter der Allianz. Ihnen werden illegale Devisenmanipulationen zu Lasten ihrer Kunden oder Banken vorgeworfen. Allein fünf der beschuldigten Trader sollen bei solchen Transaktionen in den vergangenen Monaten einen Schaden von rund 650.000 Dollar angerichtet haben.

Verhaftungswelle á la Hollywood

Verdeckte Ermittler des FBI hatten anderthalb Jahre lang recherchiert, bevor sie in der Nacht zum Mittwoch (18.11.03) zuschlagen konnten. Der stellvertretende New Yorker FBI-Chef Pat D’Amuro berichtete, dass die meisten Verdächtigen in einer Bar im Süden Manhattans festgenommen wurden. Ironie des Schicksals: Dort hatten sich die Währungshändler zur Abschiedsparty für einen Kollegen getroffen, der in Kürze eine Haftstrafe antreten sollte. Geplant war eine rauschende Nacht im Spielerparadies Atlantic City. "Stattdessen", so der trockene Kommentar von FBI-Mann D’Amuro gegenüber US-Medien, "wurden sie von uns in ein Van verfrachtet. Sie kamen nie in Atlantic City an."

Eine andere Gruppe der kriminellen Banker wurde vor den laufenden Kameras des FBI direkt an ihren Arbeitsplätzen im 36. Stock des World Financial Centers verhaftet. Bundesstaatsanwalt James Comey wirft den Devisenhändlern und ihren Komplizen vor, bei illegalen Währungsgeschäften entweder ihren eigenen Arbeitgeber oder Kunden ihrer Banken betrogen zu haben. Einem verdeckten FBI-Ermittler gegenüber hatten sich die Beschuldigten damit gebrüstet, bereits seit mindestens 20 Jahren mit den illegalen Devisen-Deals Geld zu machen.

US-Fondgesellschaften unter Druck

Auch gegen US-Fondsgesellschaften ermittelt die New Yorker Staatsanwaltschaft seit Monaten. Ihr Vorwurf: illegale Handelspraktiken wie das sogenannte Late Trading. Dabei werden Aktien nach Börsenschluss gehandelt und kursrelevante Unternehmens- oder Konjunkturnachrichten ausgenutzt. Bekannte Fonds-Anbieter wie die Bank of America (BofA) und die Bostoner Fondsgesellschaft Putnam, sollen verschiedenen Großkunden den verbotenen Späthandel erlaubt haben und ihnen Zugang zu besseren Kursen verschafft haben als den übrigen Investoren.

Die Bank of America hat bereits im Oktober angekündigt, einen Schadenersatz-Fonds einzurichten, mit dem Anleger für finanzielle Einbußen entschädigt werden sollen, die durch illegale Handelspraktiken bei BofA-Fonds entstanden sind. Anfang November waren die Ermittlungen Spitzers auch auf die US-Sparte der Deutschen Bank ausgeweitet worden. (tko)