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Schwieriger Start

1. April 2009

Die neue israelische Regierung hat noch nicht alle Feierlichkeiten zur Amtseinführung beendet, da hagelt es schon von allen Seiten Kritik und Ermahnungen, Netanjahu solle sich zur Zwei-Staaten-Lösung bekennen.

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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Archiv), Foto: AP
Macht sich keine Illusionen: Palästinenserpräsident Mahmud AbbasBild: AP

"Es war mir nicht vergönnt, meinen Traum von einem echten Frieden mit unseren Nachbarn zu erfüllen", sagte der scheidende israelische Ministerpräsident Ehud Olmert mit feuchten Augen und einem gehörigen Maß Wehmut bei einer Feierstunde am Mittwoch (01.04.2009). Der unter Korruptionsverdacht stehende 63-Jährige scheidet nach der Vereidigung der rechtslastigen Regierung unter Benjamin Netanjahu auch aus dem politischen Leben aus. Seinen Nachfolger forderte Olmert bei der Amtsübergabe auf, die Zügel in die Hand zu nehmen und die Verhandlungen mit den Palästinensern fortzusetzen.

Israels neuer Premierminister Benjamin Netanjahu (l.) und sein Vorgänger Ehud Olmert, Foto: ap
Netanjahu will einen anderen Kurs als Olmert einschlagenBild: AP

Denn entsprechende Ankündigungen Netanjahus, er wolle die Friedensgespräche mit den Palästinensern weiterführen und strebe einen umfassenden Frieden mit den arabischen Nachbarn an, stoßen nicht nur in Israel, sondern weltweit auf erhebliche Skepsis. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat kritisierte, Netanjahu habe sich in seiner Regierungserklärung Dienstagabend nicht klar zu einer Zwei-Staaten-Lösung verpflichtet.


Enttäuschte Palästinenser

Tatsächlich schwebt Netanjahu und seinen rechten Koalitionspartnern kein eigenständiger Palästinenserstaat vor. Er sagte zwar in seiner Antrittrede, Israel wolle "kein anderes Volk beherrschen" und fügte an: "Im Rahmen einer endgültigen Friedensregelung sollen die Palästinenser die volle Souveränität haben, ihre politischen Geschicke selbst zu lenken, außer jene, die die Existenz des Staates Israel bedrohen." Nach seiner Vorstellung soll Israel aber weiter den Luftraum über einem palästinensischen Staat beherrschen sowie die Wasserrechte behalten. Auch will er den Palästinensern das Recht absprechen, Abkommen mit Staaten zu unterzeichnen, die Israel feindlich gesinnt sind.

Hassan Asfur, ein Vertrauter des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas, schrieb am Mittwoch auf seiner Webseite: "Die politische Plattform dieser Regierung ist sehr klar: Auf Wiedersehen, Friedensprozess. Auf Wiedersehen, Frieden." Netanjahus Programm lasse "keine Hoffnung für eine politische Lösung zwischen Israel und den Palästinensern" zu. "Seine Regierung hat sich entschieden, den Friedensprozess aufzugeben und Bedingungen zu stellen, so als ob alles wieder bei Null beginnt."

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (sitzend, Mitte links), Shimon Peres (sitzend, Mitte rechts) mit dem neuen Kabinett auf dem ersten offiziellen Regierungsfoto, Foto: ap
Mit 30 Ministern und acht Vizeministern ist das Team so groß geraten, dass am alten Tisch nicht alle Mitglieder Platz finden, unken Kritiker. Netanjahu habe zu viele Posten geschaffen, um seine Koalitionspartner ins Boot zu holen.Bild: AP

Abbas ohne Illusionen

Abbas, der seit Ende 2007 mehr als 20 Mal mit Olmert zusammentraf, gibt sich eigenen Angaben zufolge keinen Illusionen für die künftigen Möglichkeiten einer Friedenslösung hin. Netanjahu glaube nicht an den Frieden, sagte Abbas der amtlichen palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA. Der neue israelische Regierungschef lehne eine Zwei-Staaten-Lösung und bereits unterzeichnete Abkommen ab. Außerdem wolle er den Siedlungsbau

nicht stoppen. Die ganze Welt müsse nun Druck ausüben und ihrer Verantwortung gerecht werden, forderte er.

In Gaza erklärte die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas, es gebe "keinen Unterschied zwischen den verschiedenen zionistischen Regierungen". Die jetzige Regierung sei allerdings "in ihrem rassistischen Programm und ihrer Weigerung, die Rechte des palästinensischen Volkes anzuerkennen, am deutlichsten".

Ermahnungen von Merkel und Blair

Auch international waren die Glückwünsche an Netanjahu zur Amtseinführung mit Ermahnungen verbunden: "Ich hoffe, dass es Ihnen gelingen wird, entscheidende Fortschritte auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung und damit zu einem umfassenden, dauerhaften und gerechten Frieden in der Region und zwischen Israelis und Palästinensern zu erreichen", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Brief an den neuen israelischen Ministerpräsidenten. Aus Sicht der Bundesregierung gebe es zu einer Zwei-Staaten-Lösung keine Alternative, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Mittwoch in Berlin. Dabei werde Deutschland die neue Regierung nach Kräften unterstützen.

Die scheidende Außenministerin Zzipi Livni bei ihrer Abschiedsrede, Foto: AP
Kündigte an, Netanjahu die Arbeit schwer zu machen: LivniBild: AP

Auch der Nahost-Sondergesandte und frühere britische Premierminister Tony Blair hat die neue israelische Regierung aufgerufen, umgehend eine Friedenslösung mit den Palästinensern anzustreben. 2009 müsse zu einem "Jahr des Fortschritts" für den Frieden werden, sagte Blair mit Blick auf den Amtsantritt Netanjahus und die neue US-Regierung. "Die nächsten sechs Monate werden darüber entscheiden, ob der Prozess vorangeht oder ob er zurückfällt." Blair vertritt das Nahost-Quartett, dem neben den USA die Europäische Union, die Vereinten Nationen und Russland angehören. (ina/mas/dpa/ap/afp)