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Erinnerung an Chris Howland

Alfried Schmitz3. Dezember 2013

Im Alter von 85 Jahren verstarb der Schauspieler, Schlagersänger und Radiomacher Chris Howland. Wie kein anderer prägte der Brite seinem humorigen Stil die Radiolandschaft im Nachkriegsdeutschland.

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Chris Howland blickt mit angezogenen Schultern in die Kamera (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Seinen Spitznamen Mister Pumpernickel verdankte er einer spontanen Eingebung. Es war in den frühen 1950er Jahren. Chris Howland war damals Radiomoderator beim NWDR. Ein Mann der ersten Stunde in der Hörfunklandschaft im Nachkriegs-Deutschland. Er sollte mit seiner schnoddrigen Art und seinem modernen Musikgeschmack frischen Wind ins Programm bringen. Doch die lässige Art des britischen Radiomannes missfiel dem Tontechniker, der die Sendungen betreuen musste. Mit griesgrämigem Gesicht saß er Chris Howland im Studio gegenüber. Aus einer spontanen Laune heraus, wollte Howland sein Gegenüber aufheitern und verabschiedete sich von den Hörern mit den Worten: "Bis zum nächsten Mal, Ihr Heinrich Pumpernickel!". Dem griesgrämigen Tontechniker zauberte diese unorthodoxe Verabschiedung kein Lächeln aufs Gesicht, aber den Hörern gefiel sie umso besser. Aus Chris Howland war Heinrich Pumpernickel geworden. Eine Radiolegende war geboren.

Moderator aus Berufung

Zum Radio hatte der am 30. Juli 1928 geborene Chris Howland schon von Kindesbeinen an eine enge Beziehung. Sein Vater war Moderator bei der BBC. Als Howland nach dem Krieg zum Militärdienst eingezogen wurde, sich aber vor dem harten Drill auf dem Kasernenhof drücken wollte, sah er beim britischen Militärrundfunk seine Chance. Er bewarb sich beim BFN (British Forces Network), wurde tatsächlich angenommen und moderierte fortan aus Hamburg Musiksendungen für die britischen Besatzungssoldaten in Deutschland. Die Programme des Soldatensenders erfreuten sich auch bei vielen deutschen Radiohörern großer Beliebtheit. Besonders einen der Moderatoren liebten sie - wegen seiner humorvollen Art: Chris Howland. 1952 bewarb sich der Radiomann dann beim NWDR und kam ganz groß raus. Für 20 Mark pro Sendung wurde er zum Radiostar.

Im selben Jahr noch schaffte es Chris Howland auf die Titelseite des "Spiegel". Das Nachrichten-Magazin sah ihn als Phänomen einer neuen jungen Generation. Allerdings durfte sich das Radio-Phänomen nicht Diskjockey, sondern musste sich Schallplattenjockey nennen. Darauf bestand sein Arbeitgeber, der NWDR. Über diese Berufsbezeichnung machte sich Howland in einer seiner Sendungen lustig. Er ließ von Band das Wiehern und Hufgetrappel eines Pferdes einspielen. Kleine Einlagen, die seinen Ruf als einmaligen und außergewöhnlichen Radiomoderator noch steigerten. Vor dem Hintergrund der biederen Radioprogramme von damals, kann man ihn fast einen Revolutionär nennen.

Chris, das Multitalent

1954 wechselte Howland innerhalb des NWDR von Hamburg nach Köln. "Spielereien mit Schallplatten" wurde seine neue Radioshow. Seine Popularität nutzte der geschäftstüchtige Howland, um seine Fühler auch in andere Richtungen auszustrecken. Er übernahm Rollen in Karl-May- und Edgar-Wallace-Verfilmungen und mimte dabei den komischen Briten. Auch als Schlagersänger waren es nicht die Liebesballaden voller Schmerz und Herzeleid, sondern die heiteren Schmonzetten, mit denen er Erfolg hatte. "Fräulein", "Das hab ich in Paris gelernt" oder die "Hämmerchen Polka" wurden zu Hits. Ihm wurde die Chance geboten, parallel zur gut laufenden deutschen, auch eine Karriere in seiner Heimat Großbritannien aufzubauen. Doch nach einigen Sendungen als Talkmaster, entschied er sich 1961 für eine Laufbahn in Deutschland. Die Doppelbelastung war zu groß für ihn.

Chris Howland sitzt an seiner Heimorgel (Foto: picture-alliance/dpa)
Vollblut-Musiker bis ins hohe AlterBild: picture-alliance/dpa
Chris Howland sitzt 1942 in einem Radiostudio (Foto: picture alliance/rtn - radio tele nord)
Diskjockey der ersten StundeBild: picture alliance/rtn - radio tele nord

Vorsicht Kamera!

Ein guter Entschluss, denn in seiner Wahlheimat bot man ihm die große Chance, eine seiner Radiosendungen fürs Fernsehen zu adaptieren. "Musik aus Studio B" wurde zu einem TV-Spektakel in schwarz-weiß. Millionen Zuschauer schalteten ein, wenn Mister Pumpernickel Stars aus der internationalen Musikszene zu Gast hatte. Darunter Größen wie die Bee Gees oder Petula Clark.

Nach einem internen Streit mit der verantwortlichen NDR-Redaktion, wurde die Sendung 1969 eingestellt. Auch einer anderen beliebten TV-Sendung von Howland war bereits 1962 der Hahn abgedreht worden. "Vorsicht Kamera"" war die erste Sendung auf deutschen Bildschirmen, bei der Menschen vor laufender Kamera Streiche gespielt wurden. Dem damaligen Vize-Kanzler Erich Mende behagte dieses Format überhaupt nicht. Die Privatrechte der Gefilmten würden dabei aufs Gröbste verletzt, wetterte der FDP-Politiker. Jahre später entschuldigte sich Mende bei Howland. Der TV-Mann sei seiner Zeit einfach nur um ein paar Jahre voraus gewesen.

Rückzug, Tiefpunkt und Comeback

1970 zog sich Chris Howland zurück. Enttäuscht von der Absetzung seiner Lieblingssendung "Musik aus Studio B", wollte er etwas Neues wagen. Auf Mallorca baute er ein Hotel, wurde zum Partylöwen, trank viel zu oft zu viel und erlebte seinen absoluten Tiefpunkt. Nach fünf Jahren kehrte er wieder nach Deutschland zurück und versuchte einen Neuanfang. Doch der ehemalige Star und Großverdiener musste kleine Brötchen backen.

Erst 2004 schaffte er ein wirkliches Comeback und kehrte mit seinem alten Radioformat "Spielereien mit Schallplatten" in das populäre Programm von WDR 4 zurück. Bis kurz vor seinem Tod hatte er diese Sendung noch mit Leib und Seele und seinem markanten britischen Akzent moderiert. Am Montag wurde bekannt, dass die Radiolegende in der Nacht zum Samstag, am 30.November, im Alter von 85 Jahren verstorben ist. Kein Herzinfarkt, keine Schmerzen – er sei ruhig in seinem Haus bei Köln entschlafen, hieß es. Bye, Bye Mister Pumpernickel!

Chris Howland und seine Frau Monika freuen sich über Glückwünsche zum Geburtstag (Foto: picture-alliance/dpa)
Chris und Monika HowlandBild: picture-alliance/dpa
Chris Howland mit einer Kamera (Foto: picture alliance /Ursula Düren)
Streiche mit der FilmkameraBild: picture alliance/Ursula Düren