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Frühwarnsysteme

Ingo Wagner24. November 2007

Frühwarnsysteme sind teuer. Risikogebiete für Erdrutsche in Asien und Lateinamerika können sich herkömmliche Systeme aus Europa nicht leisten. Bis jetzt. Ein deutscher Forscher hat einen günstigen Sensor entwickelt.

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Erdrutsch nach sintflutartigen Regenfällen in Brasilien (Foto: AP Photo)
Schlammlawinen nach sintflutartigen RegenfällenBild: AP

Stolz hält Rafig Azzam, Professor am Lehrstuhl für Ingenieurgeologie und Hydrogeologie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, einen kleinen goldfarbenen Gegenstand hoch. Der Sensor mit Antenne ist nicht groß. Er passt bequem in die Handfläche des 55 Jahre alten Wissenschaftlers. Dieser kleine Sensor ist die Grundlage eines ganz neuen Frühwarnsystems für Erdrutsche, das einmal die Bewohner von Städten in Asien und Lateinamerika schützen könnte.

150 statt 200.000 Euro

Natürlich könnte man dort die heute üblichen Frühwarnsysteme für Erdrutsche einsetzen. Doch die sind sehr kostspielig, sagt Azzam: "Wenn Sie heutzutage ein System mit der entsprechenden Technik wie Radarscanner oder Laserscanner installieren, dann kostet es etwa 180-200.000 Euro."

Kosten, die den Behörden immer wieder zu hoch erscheinen. Der Sensor, den Professor Azzam benutzt, kostet etwa 150 Euro. Der dürfte auch in ärmeren Ländern Asiens und Lateinamerikas erschwinglich sein. Er ist deshalb so preiswert, weil die Aachener Forscher auf ihrer Suche nach einem kostengünstigen Messgerät bereits vorhandene Technologie für sich entdeckten.

Stärke und Geschwindigkeit

Die Wissenschaftler griffen einfach auf Industriesensoren aus der Automobilindustrie zurück. Einstmals in Fahrsicherheitssysteme integriert, werden diese Sensoren dann zum Beispiel in Rohre eingebaut, die an gefährlichen Abhängen in die Erde gesetzt werden. Geraten die Erdmassen in Bewegung, werden die Rohre verschoben und die Sensoren zeigen die Stärke und Geschwindigkeit der Erdbewegung an. Diese Überwachung ist offenbar wesentlich effektiver als bei den bisher üblichen Warnsystemen. Denn dank der geringen Kosten der Messgeräte können die Wissenschaftler deutlich mehr Sensoren einsetzen.

Erdrutsch nach heftigen Regenfällen in Indien (Foto: AP Photo)
Bild: AP

Das neue System, das die Aachener Wissenschaftler verwenden, hat noch andere Vorteile. Die heute häufig eingesetzten Frühwarnsysteme für Erdrutsche stützen sich meist auf wenige Messergebnisse einzelner Sensoren. Darunter leidet ihre Zuverlässigkeit, sagt Professor Rafig Azzam: "Wenn ich ein System alleine verwende und dann landet meinetwegen ein Vogel auf diesem System, dann habe ich einen Fehlalarm, weil ich nur einen Messwert habe.“

Schutz in drei Jahren

Das kann den Aachener Forschern nicht so schnell passieren. Fallen einzelne ihrer Sensoren aus oder zeigen ungewöhnliche Werte an, brauchen sie nur die Ergebnisse der anderen zu betrachten und stellen dann sehr schnell fest, ob es sich um einen Fehlalarm handelt oder nicht. Damit soll dieses Frühwarnsystem für Erdrutsche nicht nur eine besonders gründliche und kostengünstige Überwachung, sondern auch ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit gewährleisten. Doch bis damit Städte und Dörfer geschützt werden können, werden die Wissenschaftler noch einige Zeit brauchen. An der RWTH Aachen wird mit dem Abschluss der Entwicklungsarbeit frühestens in etwa drei Jahren gerechnet.