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Politik

Er ist ihr Hoffnungsträger

Andrew Purcell
20. Januar 2017

Wird Donald Trump als neuer US-Präsident den Abgehängten helfen, wird er Arbeit schaffen und neue Perspektiven? In Kleinstädten wie Ansonia in Connecticut ist man davon überzeugt. Von dort berichtet Andrew Purcell.

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Wie im 18. Jahrhundert: die Geschichtsfreunde in AnsoniaBild: DW/A. Purcell

Sonntagabend im Naugatuck-Tal im Westen Connecticuts. Im David Humphrey-Haus treffen sich die Mitglieder des Geschichtsvereins Derby, um den berühmtesten Sohn des Tals zu ehren. Humphrey war Oberst im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, George Washingtons Sekretär und Minister der ersten US-Regierung. In Kleidern, Jacken und Hüten im Stil des 18. Jahrhunderts sitzen sie beisammen und trinken Rum-Punsch nach einem Rezept aus der Kolonialzeit. Und was denken die Geschichtsfreunde über die Zukunft ihres Landes? "Donald Trump wird Amerika wieder groß machen", so die einhellige Meinung.

Sandy Mendyk, Lehrerin im Ruhestand, sagt dem Naugatuck-Tal sogar einen neuen Wirtschaftsboom voraus. Sie hat die Nachbarstadt Ansonia Ende der 1970er Jahre verlassen, als die Fabrik, in der sie arbeitete, abgebrannt war. Mendyk ging zur Armee. Während des Wahlkampfs schrieb sie Trump, dass niemand über die Alten und die Veteranen spreche. "Ich bin beides", sagt Mendyk. Sie hatte das Gefühl, Trump würde auf sie hören. "Jetzt gibt es immer noch Leute, die es nicht sein lassen können, gegen Trump zu demonstrieren. Lasst uns doch erst mal abwarten und dem Mann eine Chance geben", sagt Mendyk.

Trump als Impfstoff

David Loda, der heute Abend Geschichtsheld Humphrey verkörpert, hatte in den Vorwahlen zunächst Bernie Sanders unterstützt, den demokratischen Herausforderer Hillary Clintons. Dann wählte er Jill Stein von den Grünen, aber jetzt ist er voll Begeisterung über das, was sich durch Donald Trump ändern könnte. "Trump ist wie ein Impfstoff. Er zwingt das Immunsystem unserer Demokratie, aufzuwachen und aktiv zu werden."

Hier im Tal hat der Republikaner Trump 59 Prozent aller Stimmen erhalten. Es ist ein Landstrich, geprägt von Kleinstädten, die einmal an vorderster Stelle der Industrialisierung standen und Hochburgen der Demokratischen Partei waren. Heute ist die Industrie weg, etwa die "Ansonia Copper and Brass Company" und hier wird - anders als im Staat Connecticut insgesamt - republikanisch gewählt. In Gegenden wie dieser, in Pennsylvania, Ohio, Michigan und Wisconsin, hat Trump die Wahl gewonnen.

Der neue Ronald Reagan

Zumindest die Farrel Corporation konnte Bürgermeister David Cassetti - selbst Republikaner - noch halten. Sie stellte während des Bürgerkriegs Kanonen und Bajonette her und heute Maschinen für die Plastik- und Gummiproduktion. Doch auch wenn die öffentliche Straße zur neuen Fabrik von Farrel zwei Millionen US-Dollar gekostet hat - hier arbeiten nur noch 100 Menschen, ansonsten haben Roboter den Job der einst 10.000 Angestellten übernommen.

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Setzt seine Hoffnungen auf Trump: Bürgermeister CassettiBild: DW/A. Purcell

Bürgermeister Cassetti erhofft sich viel von der neuen Trump-Regierung. Was Ansonia nötig hätte, wären massive Staatshilfen, um verlassene, Gift-belastete Fabrikgelände zu sanieren. Dabei hofft die Stadtverwaltung auf Hilfe aus Washington, sagt Cassetti: "Er wird das machen wie Ronald Reagan, mehr Jobs zurück in die USA holen. Das hat er schon vor seinem Amtsantritt gezeigt, etwa mit Ford und Chrysler." Für deren Entscheidung, eher in den USA als in Mexiko zu investieren, sieht sich Trump verantwortlich - auch wenn die Vorstandsvorsitzenden beider Unternehmen sagen, die Entscheidung dazu sei bereits vor der Wahl getroffen worden.

Steuern runter, Ausgaben rauf?

Trump hat versprochen, die marode Infrastruktur der USA auf Vordermann zu bringen. Details seines Plans, der den Einsatz von Steuergeldern und Investitionsanreizen beinhalten soll, bleibt er bislang aber schuldig. Jede Ausgabe müsste der Kongress genehmigen. Der ist zwar auch in der Hand von Republikanern, die haben jedoch mehrheitlich versprochen, die Staatsausgaben zu senken.

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Industrielandschaft ohne Industrie: Hier wurde einst Kupfer gegossenBild: DW/A. Purcell

Wo soll das Geld also herkommen? Berechnungen des überparteilichen "Tax Policy Center" zufolge könnte Trumps Steuerplan, der massive Erleichterungen für Wohlhabende und Firmen vorsieht, innerhalb eines Jahrzehnts ein Loch von 6,2 Billionen US-Dollar in den US-Haushalt reißen.

Gutes Geld für harte Arbeit

Zurück zu den Kostümierten im Humphrey-Haus. Für Daniel Bosques, Park-Ranger in Teilzeit und Vater zweier Söhne, ist Trump trotzdem die große Chance für den kleinen Mann. Der Sohn puerto-ricanischer Einwanderer stimmte für Trump, obwohl dieser im Wahlkampf immer wieder mit rassistischen Parolen hantierte.

Seine Hoffnung sei, dass ein Geschäftsmann im Weißen Haus die US-Wirtschaft wieder ankurbelt, sagt Bosques: "Ich bin ein hart arbeitender Bürger und das ist es, was ich sehen will: bessere Jobs, eine bessere Wirtschaft, niedrigere Steuern."