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Entsetzen auch in der arabischen Welt

4. Februar 2015

Immer barbarischer, immer abstoßender zeigt sich das Terrorregime der IS-Dschihadisten. Auch Repräsentanten der islamischen Welt reagieren mit Abscheu und Empörung. Der Vater des ermordeten Jordaniers fordert Rache.

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Der Vater des entführten jordanischen Piloten Muas al-Kassasba (foto: Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/K. Mazraawi

Die bei Muslimen hoch geachtete Azhar-Universität in Kairo verurteilte die Gewaltakte der Terrorarmee des sogenannten "Islamischen Staats" (IS) mit ungewöhnlich drastischen Formulierungen. Der IS sei eine "teuflische" Organisation, die einen Krieg gegen Gott führe, erklärte Großmufti Scheich Ahmed al-Tajib. Ihre Barbarei werde von Gott nicht anerkannt. Man müsse die Terroristen auf gleiche Weise bestrafen, mit "Kreuzigungen und Verstümmelungen".

Die IS-Extremisten hatten am Dienstag im Internet ein Video veröffentlicht, das die Verbrennung des jordanischen Piloten Muas al-Kasasba bei lebendigem Leibe zeigt. Die Dschihadisten beriefen sich dabei zu Unrecht auf islamische Rechtsprechungen, es gebe keinerlei Grundlagen, die diese Art der "Strafe" rechtfertigen, sagte Al-Tajib. "Das ist ein bösartiger Akt, der von allen Religionen abgelehnt wird".

Der Imam sprach dem jordanischen König Abdullah II. und der jordanischen Bevölkerung sein Beileid aus. Al-Tajib ist Imam der Al-Azhar-Moschee, die zur Universität gehört. Die Al-Azhar ist mit ihrer Rechtsprechung für Millionen Muslime sunnitischer Glaubensrichtung wegweisend.

Ijad Madani, der Vorsitzende der Organisation für islamische Zusammenarbeit (OIC), mit 57 Staaten der größte Block muslimischer Länder, beklagte die Mordmethoden des IS als Zeichen der tiefen Krise und des politischen Zerfalls im Nahen und Mittleren Osten. Der Islam, "die große Religion der Gnade", werde immer häufiger missbraucht, so Madani in Riad.

Auch mehrere führende Politiker der Golf-Emirate verurteilten die Hinrichtungen durch die IS-Dschihadisten und bekräftigten ihre Bereitschaft, Terrorismus und Extremismus in der Region zu bekämpfen.

Vater verlangt Rachefeldzug gegen IS

Der Vater des ermordeten jordanischen Kampfpiloten rief seine Regierung auf, "scharfe Rache" an der Terrormiliz zu nehmen. Der IS sei eine "Verbrecherorganisation" und weit vom Islam entfernt, sagte Safi al-Kasasba dem arabischen Nachrichtenkanal Al-Arabija. Die Jordanier erwarteten auch von der internationalen Koalition weitere Luftschläge, um den IS zu zerstören, meinte der Vater.

Die jordanische Regierung kündigte an, ihre Anstrengungen im Kampf gegen den IS zu verstärken. "Alle Sicherheitsbehörden und das Militär arbeiten an Optionen", erklärte Regierungssprecher Mohammad al-Momani. "Die Öffentlichkeit wird zum angemessenen Zeitpunkt über Jordaniens militärische und sicherheitspolitische Antwort informiert werden."

Jordanien hatte zuvor in einer ersten Reaktion zwei zum Tode verurteilte Terroristen umgehend hingerichtet. Die beiden irakischen Gefangenen Sadschida al-Rischawi und Siad al-Karbuli seien am frühen Mittwochmorgen gehängt worden, meldete die jordanische Nachrichtenagentur Petra. Beide sollen vor einigen Jahren an Terrorakten beteiligt gewesen sein.

In dem am Dienstag veröffentlichten Video wird der von den IS-Milizionären gefangene Soldat der jordanischen Luftwaffe in einem Eisenkäfig gezeigt. Seine orangefarbene Kleidung scheint mit einer Flüssigkeit getränkt. Dann legt ein maskierter Mann Feuer an eine Art Lunte. Als die Flammen den Käfig erreichen, brennt der Mann binnen Sekunden lichterloh, schlägt um sich und bricht dann zusammen.

Verhandlungen über die Geisel nur eine Farce

Die Verhandlungen mit den Dschihadisten über eine Freilassung al-Kasabas waren offenbar eine Farce: Laut jordanischem Staatsfernsehen soll der Pilot bereits vor einem Monat umgebracht worden sein. Al-Kasasba war am 24. Dezember über dem nordsyrischen Al-Rakka abgestürzt und von den IS-Dschihadisten gefangen genommen worden. Der 26 Jahre alte Oberleutnant war der erste Soldat der von den USA angeführten Anti-IS-Allianz, der in die Hände der Extremisten gefallen war.

Jordaniens König Abdullah II. beschwor angesichts des grausigen Todes die Einheit der Nation. Abdullah traf sich mit US-Präsident Barack Obama, der den IS als "bösartige und barbarische Organisation" geißelte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel schrieb in einem Kondolenz-Telegramm an König Abdullah II.: "Mit großem Entsetzen habe ich die furchtbare Nachricht von der Ermordung des jordanischen Piloten (...) vernommen. Es ist unfassbar, dass Menschen zu einer solch grausamen Tat fähig sind".

Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich ablehnend zum Prinzip der Rache. "In der Geschichte des Rechts und in der Geschichte des Zusammenlebens der Menschen ist das Prinzip Rache und Vergeltung ersetzt worden durch andere Prinzipien. In keiner der Rechtsordnungen, die wir achten, gilt dieses Prinzip", sagte er bei einem Besuch in Sansibar. Mit Blick auf die jüngsten Hinrichtungen in Jordanien erklärte Gauck: "Man will die Fanatiker schrecken. Das kann ich menschlich verstehen, aber politisch nur ablehnen."

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, der Mord zeige, dass die terroristische Organisation keinerlei Respekt vor dem menschlichen Leben habe. Der UN-Sicherheitsrat sprach von einer "entsetzlichen und feigen Tat": "Dieses Verbrechen zeigt erneut die Brutalität des IS, der für Tausende Verbrechen und Misshandlungen gegen Menschen aller Glaubensrichtungen, Ethnien und Nationalitäten verantwortlich ist, ohne Rücksicht auf die Mindeststandards der Menschlichkeit".

SC/wl/kle (APE, afpe, dpa, DW)