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Politik

Ermittlungen gegen türkischen Geheimdienst

28. März 2017

Der Fall gewinnt stündlich an Brisanz: Die Auslandsspionage der Türkei bespitzelt angebliche Anhänger des Predigers Gülen in der Bundesrepublik. Nun nahm die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Ermittlungen auf.

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Symbolbild Deutschland - Türkei Flaggen
Bild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Im Zusammenhang mit den Vorwürfen gegen den türkischen Geheimdienst MIT, in Deutschland Anhänger der Gülen-Bewegung ausspioniert zu haben, hat die Bundesanwaltschaft Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen. Der Ermittlungserfolg werde davon abhängen, was die deutschen Abwehrbehörden mitteilten, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. 

Minister schlagen Alarm  

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel forderte eine gründliche Untersuchung. Würden sich die Vorwürfe gegen die Türkei bestätigen, "wäre es in der Tat ein schwerwiegender Vorgang", sagte der SPD-Politiker. Bundesinnenminister Thomas de Maizière warnte die Türkei ausdrücklich vor weiteren Ausforschungen von Gegnern des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan: "Spionageaktivitäten auf deutschem Boden sind strafbar und werden von uns nicht geduldet", sagte der CDU-Politiker. Deutschland habe dies der Türkei schon "mehrfach gesagt".

Auch die deutschen Verfassungsschutzbehörden gehen den Berichten nach, dass der MIT in weit größerem Umfang als vermutet Gülen-Sympathisanten in Deutschland ausspioniert. Eine Liste mit Namen angeblicher Anhänger des islamischen Predigers, die der MIT im Februar dem Bundesnachrichtendienst (BND) überreicht hatte, wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur an Sicherheitsbehörden in allen Bundesländern weitergegeben. Dort gehen nun in der Regel die Polizeibehörden auf die in der Liste erwähnten Personen und Institutionen zu, um sie über die möglichen Bespitzelungen zu informieren.

Mit Unterstützung des BND gerechnet

Der Chef der türkischen Auslandsspionage, Hakan Fidan, hatte BND-Chef Bruno Kahl die Liste am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz übergeben. Sie enthält Namen von mehr als 300 in Deutschland lebenden angeblichen Gefolgsleuten der Bewegung Fethullah Gülens, der in den USA im Exil lebt. In dem Papier sollen neben Einzelpersonen auch mehr als 200 angeblich der Gülen-Bewegung zuzuordnende Vereine, Schulen und andere Institutionen benannt werden.

Liste des MIT wird zum Beweismittel

Der deutsche Auslandsgeheimdienst erklärte auf Anfrage: "Zu angeblichen Terminen seines Präsidenten und zu Einzelheiten internationaler Kontakte äußert sich der BND grundsätzlich nicht öffentlich." Das Recherchenetzwerk von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR hatte berichtet, die an Kahl überreichte MIT-Liste enthalte Meldeadressen, Handy- und Festnetznummern sowie viele Fotos von Betroffenen. Eine Auswertung habe ergeben, dass etliche Fotos offenbar heimlich etwa durch Überwachungskameras aufgenommen worden seien.

Auf der Liste stehen laut Düsseldorfer Landeskriminalamt auch die Namen von rund 140 Personen aus Nordrhein-Westfalen. 

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius zu Abschiebungen
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD)Bild: picture alliance/dpa/P. Steffen

Nach Angaben des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius hat der türkische Geheimdienst zum Beispiel zwei Firmen und eine Schule der Gülen-Bewegung ausspioniert. In diesem Einzelfall seien bis zu 15 Personen betroffen gewesen. Dieses Vorgehen sei "ganz und gar unerträglich und nicht akzeptabel", sagte der SPD-Politiker in Hannover.

Es herrsche in Ankara offensichtlich "eine fast schon paranoid zu nennende Verschwörungsangst" vor. Der Wunsch Ankaras sei es gewesen, "von den deutschen Behörden Unterstützung bei der Beobachtung und Ausforschung dieser Menschen hier zu bekommen", bestätigte der Landesinnenminister. Er nannte es "bemerkenswert, mit welcher Intensität und Rücksichtslosigkeit auch auf fremden Staatsgebiet lebende Menschen ausgeforscht werden". 

Auch Imame als Agenten aktiv?

Bereits seit einiger Zeit ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen mutmaßlicher Spionageaktivitäten im bundesweiten Dachverband der türkischen Moscheegemeinden (Ditib). Imame des Verbands sollen im Auftrag der türkischen Religionsbehörde Diyanet Informationen über Gülen-Anhänger nach Ankara übermittelt haben.

SC/jj (afp, dpa, SZ)