1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Flüchtlingslager in Calais

21. September 2009

Frankreich kämpft schon seit langem gegen die illegalen Lager der Flüchtlinge in Calais. Doch die Räumungen scheinen keine Lösung für das Problem zu sein.

https://p.dw.com/p/JljL
Unterkünfte von Flüchtlingen zwischen Abfallbehältern (Foto: Bettina Kaps)
Am Hafen von Calais haben sich Flüchtlinge mit Paletten und Decken Unterschlüpfe gebautBild: DW

Dorniges Gestrüpp, ein sandiger Trampelpfad, der Boden ist mit Abfall übersät. Hier ist der erste Unterschlupf: Auf der Erde liegen Paletten, darüber sind Planen gespannt. Vor dieser Hütte kauern fünf Männer um ein Feuer. "Wir kommen aus Afghanistan und wollen nach England. Ich habe schon oft versucht, mich in einem Laster zu verstecken, aber es hat nicht geklappt. Es gibt zu viele Checkpoints, wo sie uns rausholen", sagt einer von ihnen.

Wenige Kilometer vom Ziel entfernt

Fähre auf dem Ärmelkanal (Foto: AP)
Die meisten Flüchtlinge hoffen auf der anderen Seite des Ärmelkanals auf ArbeitBild: AP

Der 24-Jährige will dem Krieg und Terror in seinem Land entkommen. Für die Flucht musste er sich 15.000 Euro borgen. Dass er ausgerechnet in Calais, nur 30 Kilometer von seinem Ziel entfernt, so elendig leben muss, hat er nicht geahnt. "Die Polizei kommt zwei oder dreimal pro Woche hierher, nimmt Flüchtlinge mit oder versprüht Tränengas. Aber wir müssen in Calais bleiben, weil wir noch diese letzte Grenze überwinden müssen. Es gibt kein Zurück für uns, wir müssen weiter", sagt er.

Vor sieben Jahren hat Nicolas Sarkozy, damals noch Innenminister, das Rot-Kreuz-Lager Sangatte bei Calais geschlossen. Nun leben die Flüchtlinge unter besonders erbärmlichen Bedingungen: Rund 800 Afghanen und Iraker kampieren auf den Grünstreifen. Flüchtlinge aus Eritrea, Somalia, Sudan und Äthiopien haben leer stehende Häuser besetzt. Weil es für die Illegalen weder Duschen noch Toiletten gibt, ist in diesem Sommer die Krätze ausgebrochen.

Lager räumen ist keine Lösung

Ein Mann im Porträt (Foto: dpa)
Frankreichs Einwanderungsminister Eric BessonBild: picture alliance / dpa

Das alles soll jetzt anders werden. Einwanderungsminister Eric Besson hat angekündigt, dass diese Lager aufgelöst und beseitigt werden sollen. Außerdem solle damit Schluss sein, dass Flüchtlinge mit Hilfe von Schleusern illegal nach Großbritannien übersetzen. Die illegalen Einwanderer haben laut Besson nun zwei Möglichkeiten: Sie können freiwillig und mit finanzieller Unterstützung in ihre Heimat zurückkehren oder einen Antrag auf Asyl stellen. Andernfalls droht die Zwangsausweisung. Ausnahmen würden für diejenigen gemacht, in deren Heimat die Lage zu unsicher sei.

Die Hilfsvereine, die den Migranten in Calais Mahlzeiten austeilen, glauben nicht, dass das Flüchtlingsproblem durch Räumungsaktionen gelöst werden kann. Schon seit Jahren werden regelmäßig solche Lager geschlossen, die Zahl der Illegalen bleibt trotzdem gleich. "Die Flüchtlinge werden sich außerhalb von Calais verstecken, und in ein paar Wochen sind sie wieder da und bilden ein neues Lager", sagt Abbé Jean-Pierre Boutoille, Mitglied des Hilfkollektivs C-Sur.

Unter der Brücke statt im Asylbewerberheim

Flüchtlinge bekommen Essen (Foto: Bettina Kaps)
Eine inoffizielle EssensausgabeBild: DW

Auch im Park Villemin haben viele Flüchtlinge die Nächte verbracht. Bislang wurden sie geduldet, doch nun wird der Park überwacht. "Das ändert die Lage allerdings nicht grundsätzlich. Ich achte darauf, dass sich die Situation der Exilanten nicht gravierend verschlimmert. Vor allem aber erwarten wir, dass der Staat seine Verantwortung wahrnimmt", rechtfertigt Dominique Bordin, der im Pariser Rathaus die Aktionen für Obdachlose leitet, die Entscheidung.

Die 400 Migranten müssen jetzt unter Kanal- und Metrobrücken kampieren. Auch die 70 Asylbewerber, die – solange ihr Antrag bearbeitet wird - rechtmäßig in Frankreich leben. Doch in den Asylbewerberheimen ist nicht genügend Platz und so müssen auch sie zusehen, wo sie bleiben.


Autorin: Bettina Kaps
Redaktion: Julia Kuckelkorn

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen